Im Zeitalter der Informationsüberflutung befinden wir uns auf der ständigen Suche nach neuen Strategien, die es uns ermöglichen, zielgerichtete Werbung im Kopf der Konsumenten zu verankern. Wir wollen es schaffen, in den hart umkämpften Märkten aus der Masse hervorzustechen und unsere Zielgruppe mit unseren Produkten und Dienstleistungen zu begeistern. Ein ehrgeiziges Ziel vor dem Hintergrund der Zahlen, die uns Studien und Erkenntnisse der letzten Jahre liefern. Hier ein kleiner Auszug:
- 26.000 Produkte kommen jährlich auf den Markt,
- über 50.000 Marken werden allein in Deutschland aktiv beworben,
- um die 10.000 Produkte warten im nächsten Supermarkt geduldig auf einen Käufer,
- und mehr als 500 Millionen Websites wollen tagtäglich an Aufmerksamkeit und Relevanz gewinnen.
Ganz zu schweigen von den unzähligen Influencern und Bloggern, die sich in der Social-Media-Welt tummeln und regelrecht um die Hingabe der User buhlen. Da stellt sich natürlich die Frage, wie wir unsere Zielgruppen künftig hinsichtlich des gewaltigen Information Overload für unser Business gewinnen sollen.
Im Grunde haben wir genau zwei Möglichkeiten:
Die erste Möglichkeit ist, viel Geld in die Hand zu nehmen, um neue Ideen und kreative Maßnahmen aus aufgesetzten Marktforschungen und Studien abzuleiten. Dann testen wir diese und hoffen auf messbare Erfolge.
Die Alternative dazu bieten alte, bewährte Verfahren, die individuell an jedes Unternehmensziel angepasst werden können. Ganz richtig – ich spreche hier von psychologischen Effekten, die heute noch genauso gut wirken wie damals.
Psychologie – die Grundlage des Marketings
Marketing macht es sich zum Ziel, alle Unternehmensaktivitäten an den Bedürfnissen der Konsumenten und deren Nachfrage am Markt auszurichten. Kurz gesagt: Marketing ist Kommunikation mit Menschen und liegt somit der Psychologie zugrunde.
Die Disziplin der Sozial-, Konsumenten- und Werbepsychologie baut auf der Grundmotivation eines jeden Menschen auf. Jeder Mensch ist geprägt von Motiven, Sehnsüchten und Bedürfnissen, die er gerne befriedigt wissen möchte. Diese individuellen Bedürfnisse und Motive machen das Themengebiet der Psychologie im Marketing so komplex.
Um wirksame und zielgruppenrelevante Inhalte zu erstellen, solltest Du Dir immer die Frage stellen, warum Deine Zielgruppe welche Art von Entscheidung trifft. Wenn Du das herausgefunden hast, wird es Dir leichter fallen, Maßnahmen zu gestalten, die die jeweiligen Bedürfnisse Deiner Konsumentengruppe ansprechen und bedienen können.
Du musst folglich nicht das Rad neu erfinden, sondern Dich ein Stück weit mehr mit den Bedürfnissen und Motiven Deiner Wunschkunden auseinandersetzen. Dazu brauchst Du etwas Know-how auf dem Gebiet der psychologischen Wirksamkeit von Kommunikation und Marketing, um Deine Kampagnen und Strategien gezielt auszurichten.
OMT-Podcast mit Vanessa Stelz, Mario Jung
Webpsychologie im Content Marketing – psychologische Erkenntnisse wirksam nutzen – OMT-Podcast Folge #019
Content Marketing ist ohne psychologische Vorgehensweise wertlos
Content Marketing beschreibt die Gestaltung kommunikativer Inhalte mit der Absicht, den User zu informieren, zu unterhalten oder zu beraten. Deshalb bietet die immer beliebter werdende Disziplin des Online Marketings Raum für psychologische Wirkung und erfolgsversprechende Effekte.
Wahllos erstellter Content, der ziellos über verschiedene Kanäle und Plattformen an eine Vielzahl an Usern ausgespielt wird, ist im Prinzip nichts anderes als Spam und sorgt schlussendlich nur für noch mehr überschüssige Informationen in der Online-Welt.
Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, dass Du Deine Zielgruppe richtig analysiert und wirklich verstehst, welche Sehnsüchte und Bedürfnisse in ihnen schlummern. Nur so kannst Du Inhalte verbreiten, die Deinem User den passenden Nutzen und somit auch einen wertvollen Mehrwert verschaffen.
Die Psychologin Nathalie Nahai prägte den Begriff „Web Psychology“ und bringt die Wichtigkeit von psychologischen Kenntnissen im Content Marketing auf den Punkt: „Wenn wir versuchen, entweder Wissen zu vermitteln oder Menschen zu ermutigen, etwas zu tun, hilft es wirklich zu verstehen, warum und wie Menschen Entscheidungen treffen. Nicht damit wir sie manipulieren können, sondern damit wir herausfinden können, wer die Leute sind, die unseren Content wirklich wollen und was der beste Weg ist, sich mit diesen Leuten zu verbinden.“
Die 4 Bedeutungsträger in der Kommunikation
Wenn Du weißt, wie Deine Zielgruppe tickt, auf welcher Basis sie Entscheidungen trifft und von welchen Sehnsüchten und Motiven sie geprägt sind, solltest Du Dich im nächsten Schritt mit den Bedeutungsträgern der Kommunikation auseinandersetzen. Denn diese vermitteln die Bedeutung Deiner Inhalte und Botschaften.
In der Psychologie wird oft von der expliziten und impliziten Wahrnehmung gesprochen. Explizit ist all das, was wir bewusst wahrnehmen können. Implizite Botschaften werden hingegen unterbewusst aufgefasst. Sie nehmen also keinen direkt erkennbaren Einfluss auf unser Denken und Empfinden. Laut Christian Schreier und Dirk Held wird die Bedeutung von Botschaften im Kommunikationsprozess über vier Bedeutungsträger überliefert. Hier geht es um Sprache, Geschichte, Symbole und Sensorik, die neben der expliziten Wahrnehmung auch implizite Wirkungen erzielen.
Die Sprache
Das gesprochene und geschriebene Wort nehmen wir im ersten Moment explizit wahr, indem wir zuhören oder lesen. Dabei sind wir uns keiner impliziten Wirkung bewusst. Allerdings wirken auch Worte implizit auf uns. Wir verbinden beispielsweise einzelne Worte mit schönen oder schlechten Gefühlen. Zudem haben auch Buchstaben einen impliziten Einfluss auf unsere Wahrnehmung.
Mit dieser Erkenntnis beschäftigt sich sogar eine eigene Wissenschaft – die Phonetik. Diese hat mit den Jahren herausgefunden, dass bestimmte Buchstaben oder „Laute“ unterschiedliche Bedeutung transportieren. Beispielsweise werden Laute wie „K“ oder „T“ als hart empfunden, wohingegen Buchstaben „M“ und „L“ sanft und weich klingen. Die implizite Bedeutung der Sprache liegt also im Wortklang.
Ein prädestiniertes Beispiel bietet hier „McDonalds“. Die Buchstaben der Fastfoodkette implizieren einen sanften Klang. Betrachtet man nun die Kampagnen und Kommunikationsstrategie der Marke, wird der Kern schnell deutlich: McDonalds will das Gefühl von Harmonie, Familie und Geborgenheit vermitteln. Das ist nur ein Beispiel, wie die Erkenntnisse der Phonetik implizit auf eine Marke oder das gesamte Marketing übertragen werden können.
Die Geschichte
Geschichten lehren, prägen, unterhalten und informieren. Aber auch Geschichten übertragen eine implizite, also nicht direkt erkennbare Botschaft an die Zuhörer. Das tolle an Geschichten ist, dass wir sie uns besser merken und weitergeben können als reine faktische Informationen. Laut Neuromarketern gibt es in unserem Gehirn sogar eigene „neuronale Netzwerke“, die für das Speichern und Abrufen von Geschichten verantwortlich sind.
Dass Geschichten auch heute noch eine so enorme Wirkung auf uns haben, liegt vermutlich in unserer Natur. Schon vor mehreren Jahrtausenden kommunizierten Menschen mehr oder weniger über einheitliche Buchstaben und Wörter. Damals wurden Geschichten genutzt, um Erfahrungen, Erlebnisse oder Kulturwissen untereinander zu teilen.
Der Bedeutungsträger Geschichte hat sich seit Jahren gut im Bereich Marketing etabliert und ist heute stärker unter dem Begriff Storytelling bekannt. So erfreut sich Storytelling im Marketing an großer Beliebtheit. Denn neben den lehreichen Erkenntnissen und kulturellen Informationen, erzeugen gute Geschichten Neugier – und die Neugier der User ist viel wert, wenn es darum geht, auf ein Unternehmen oder ein Produkt aufmerksam zu machen.
Traditionsmarken wie Maggi und Barilla bieten hier anschauliche Beispiele. Während Barilla für Qualität und traditionelle, echte italienische Pasta steht, war Maggi über mehrere Jahrzehnte hinweg das Lieblingsprodukt pflichtbewusster Hausfrauen und Mütter.
Die Symbole
Auch Symbole haben bestimmte und vor allem implizite Wirkungen auf uns. Während wir beispielsweise das Nike-Zeichen explizit als Marke erkennen und zuordnen können, fühlen wir implizit oft Emotionen wie beispielsweise die Motivation zum Sport machen oder auch „Coolness“.
Ähnlich wie beim Bedeutungsträger der Geschichte lässt sich die Wirkung von Symbolen bis zur Zeit der Höhlenmalereien zurückverfolgen. Damals kommunizierten Menschen über Symbole, um Erkenntnisse weiterzugeben und Erfahrungen zu teilen.
Auch heute transportieren Symbole eine implizite und in der Regel gelernte Bedeutung. Ein gutes Beispiel ist das große rote Prozentzeichen an den Schaufenstern der Einkaufsläden. Jeder weiß, dass der Schlussverkauf angekündigt wird oder zumindest reduzierte Ware im Laden zu finden ist. Mehr noch wird sich aufgrund dieses Zeichens ein Gefühl der Freude oder Euphorie einstellen und uns antreiben in den Laden zu gehen, um nachzusehen, ob wir hier ein Schnäppchen finden. Explizit sehen wir dabei einfach nur ein „%“-Zeichen in roter Farbe – nicht mehr nicht weniger.
Symbole sind in unserem Alltag nicht mehr wegzudenken und helfen uns, bestimmte Entscheidungen zu treffen. Sie erleichtern dabei den Entscheidungsprozess oft um ein Vielfaches, da wir gelernt haben, welche Bedeutung ein Symbol trägt.
Die Sensorik
Der vierte Bedeutungsträger der Kommunikation sollte vor dem Hintergrund des Content Marketings differenziert betrachtet werden. Im Allgemeinen beschreibt die Sensorik das, was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen: Gerüche, Temperatur, Lichtverhältnisse, Haptik, Formen, Materialien, Bildsprache, Farben und Geräusche sowie die Tonalität und den Ausdruck.
Während sensuelle Bedeutungsträger wie Haptik, Geruch und Material im Online Marketing eine geringe Bedeutung zukommt, spielt die Sensorik im Bereich Bildsprache, Farben und Formen eine deutlich größere Rolle.
Sinnvoll erweist sich dieser Bedeutungsträger beispielsweise bei der Erstellung eines Beitrags. Wird über ein positives, leichtes Thema geschrieben, sollte nicht nur auf eine positive Tonalität geachtet werden. Auch warme, helle und freundliche Bilder mit offener oder positiver Bildsprache unterstützen die gewünschte Emotion und Empfindung Deiner Zielgruppe.
Aber auch die Farbwahl von Unternehmenslogos und deren Corporate Identity vermitteln implizite Wirkungen auf unser Unterbewusstsein. Ein relativ bekanntes Beispiel biete die Farbe Blau. Blau steht gemeinhin für Ruhe und Vertrauen. Nicht verwunderlich also, dass sich vor allem Banken und Versicherungen gerne dieser Farbe bedienen, um unterbewusst für ein angenehmes Gefühl zu sorgen und so das Vertrauen der Kunden zu gewinnen.
Andere Unternehmen nutzen eine außergewöhnliche Farbe wiederum als möglichen Widererkennungswert. Die besten Beispiele bieten hier wohl das Telekom-Magenta, Milka-Lila, das Coca-Cola-Rot und die Blau-Rot-Gelb-Grün-Kombination der Google-Schrift.
Kein Content ist auch keine Lösung!
Zurück zum Information Overload – dieser ist heute nicht mehr rückgängig zu machen. Darum geht es aber auch gar nicht. Konsumenten sind dank des Informationsüberflusses jedoch schlauer als vor einigen Jahren und behaupten für gewöhnlich, dass Marketing keinen Einfluss auf sie habe. Dass diese Aussage nicht zutreffend ist, bestätigen Neurowissenschaftler mit ihren Experimenten und Studien.
Ganz im Gegenteil: Wir brauchen Marketing und Werbung, um nach außen hin zu kommunizieren, uns bekannt zu machen und unseren Standpunkt zu vertreten. Denn wer nicht drüber spricht, wird auch nicht gehört.
Außerdem wollen User Content zu bestimmten Thematiken. Sie wollen Beratung, Informationen, Unterhaltung und Wissen erfahren. Also hör nicht auf damit, guten Content zu produzieren. Gib Deinen Usern wonach Sie verlangen, indem Du es ihnen leicht machst, den Nutzen Deiner Inhalte zu erkennen und ihre Bedürfnisse mit guten und passenden Content befriedigst.
Ethischer Umgang – überzeugen und gewinnen,
statt manipulieren und erzwingen
Wer psychologische Effekte nutzt, um selbst einen Profit daraus zu schlagen, wandert auf einem schmalen Grat zwischen gekonnter Überzeugung und vorsätzlicher Manipulation. Natürlich gibt es keinen Kaufknopf im Gehirn des Konsumenten, der mithilfe neuronaler Erkenntnisse im Marketing betätigt werden kann. Jeder Konsument entscheidet selbst, ob und wann er etwas kaufen möchte.
Aber es gibt dennoch Wege und Mittel, psychologische Trigger gezielt manipulativ einzusetzen, um eine Leistung oder ein Produkt zu verkaufen. Diese unmoralische Herangehensweise ist nicht nur ethisch verwerflich, sondern schädigt auf lange Sicht auch Markt, Konsumentenvertrauen und der eigenen Marke. Deshalb sollte hiervon dringend abgesehen werden.
Nutze psychologische Effekte stattdessen sinnvoll und ehrlich, dann werden sie Dir die gewünschte Aufmerksamkeit für Dein Unternehmen einbringen. Denn es geht bei alldem nicht nur darum, schlussendlich mehr Einnahmen zu generieren. Vielmehr sollte Dein oberstes Unternehmensziel die absolute Kundenzufriedenheit und langfristige Loyalität sein.
Wer also im Werbe-Dschungel die Aufmerksamkeit seiner Zielgruppe generieren will, sollte in erster Linie auf das zurückgreifen, was schon immer funktioniert hat – die Psychologie des Menschen.
Buchempfehlungen
Bücher zum Thema, die ich wärmstens empfehlen kann:
- Wie wirkt Werbung – Christian Scheier, Dirk Held (2012)
- Buyologie – Martin Lindstrom (2009)
- Tell Me! – Thomas Pyczak (2017)
- Webs of Influence – Nathalie Nahai (2017)
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