Gute Texte braucht das Netz. Aber woher nehmen und nicht duplizieren? In diesem Artikel teile ich meinen Ansatz, wie ich Texte (in Zusammenarbeit mit meinen Ansprechpartnern) vorbereite, um Produkte zu vermarkten sowie redaktionelle Inhalte zu schreiben.
Gehen wir dafür zunächst andersherum vor und sehen wir uns zunächst mal schlechte Texte an. Wenn wir über schlechte Texte sprechen, dann sprechen wir von einem Mosaik aus vielen verschiedenen Ansichten, was sie denn ausmacht.
Die einen denken zuerst an Inhalte, die Phrase an Phrase reihen. Also so etwas wie „kompetente Partner“ für „maßgeschneiderte Lösungen“ nach den „Wünschen und Anforderungen des Kunden“. Mehrwertlos eben.
Die anderen haben ikonische Old-School-SEO-Texte mit Keywords en Masse im Kopf. Solche Texte, denen man einfach anmerkt, dass sie für die Suchmaschine verfasst wurden und deren Autor mit Keywords alles andere als sparsam war.
Wieder andere nehmen vor allem Schachtelsätze, Fachtermini sowie die Grammatik ins Visier. Da ist vor allem von Texten die Rede, die durch ihren Satzbau und schlicht unverständliche Textstellen nur schwer lesbar sind.
Und die Vierten nennen Texte, deren Autoren sich weder den Benefit-Ansatz („Was hat mein Kunde oder Leser davon?“) noch das „Warum?“ vornahmen. Das sind Texte, die scheinbar ohne jeden Grund und ohne jede Motivation verfasst wurden.
Bei all diesen Texten stecken wir im Herzenskonflikt:
- Was fühlt man, wenn man die Inhalte liest? Wahrscheinlich nicht.
- Möchte man die wertvolle Zeit investieren, um sich mit ihnen auseinanderzusetzen? Wahrscheinlich auch nicht.
Bedenklich ist, dass sehr viele Texte für alle Kritiker etwas parat haben. Sie beinhalten mehrwertlose Phrasen, sind handwerklich wie auch werbekommunikativ unzureichend verfasst und warten dann auch noch mit dutzenden Keywords auf, weil man versucht hat, sie zu „SEO-optimieren“.
Es ist leer. Es ist kalt. Bounce!
Und warum? Ich sehe den Grund darin, dass man oft nicht ausreichend strukturiert ansetzt, wenn man den Content vorbereitet und erstellt. Weil man nicht ausreichend Zeit investiert und sich nicht wirklich ernsthaft mit dem Content auseinandersetzt.
Das ist zumindest, was ich immer wieder feststelle, wenn ich mich mit Kunden an einen Text setze und der Grund für den Text allein das Suchvolumen und der potenzielle Traffic zu sein scheint. Bitte nicht falsch verstehen: Ich arbeite viel mit SEOs zusammen und ich verstehe, dass Suchvolumen und Traffic deren Business sind. Aber sie sind niemals ein alleinstehender Grund, einen Text zu schreiben.
Wie kann ein strukturierter Ansatz aussehen?
Wir möchten uns deutlich von den Mitbewerbern abheben.
Mit viel Traffic und mit vielen Klicks.
Wir möchten eine hohe Verweildauer mit absoluter Aufmerksamkeit erzielen.
Mit mehr Conversions bei maximiertem Gewinn.
Oder zumindest möchten wir etwas, das damit zu tun hat.
Dafür braucht es starken Content. Und um den zu erstellen, müssen wir uns im ersten Schritt intensiv und vor allem selbstkritisch mit dem auseinandersetzen, was wir oder unsere Kunden machen und damit erreichen wollen. Das kann stellenweise wehtun (wenn man auch mal über die Schwächen nachdenken muss, die das Unternehmen hat), aber das soll es auch. Umso ausbalancierter werden die Texte.
Starte immer mit dem „Warum?“.
Wir Experten wissen, dass allzu viele Unternehmen ihre Websites missbrauchen, um sich selbst zu beweihräuchern. Und wir wollen dann den Kundenfokus verbessern, das Unternehmen so emotionaler und erinnerbarer machen. Aber zuerst müssen wir das Unternehmen dafür sensibilisieren. Das funktioniert unter anderem mit dem „Warum?“-Ansatz des amerikanischen Unternehmensberaters Simon Sinek.
Nach Sinek soll ein Unternehmen seine Produkte und Services „von innen nach außen verkaufen“. Sinek entwarf ein sehr einfaches, aus drei Kreisebenen bestehendes Modell namens „Golden Circle“. Dieses erläuterte er übersetzt so, dass Menschen nicht das kaufen, was man tut, sondern warum man es tut. „People don’t buy what you do but why you do it.“ Man soll sie verführen, berühren, inspirieren und animieren.
Klicken, verweilen und kaufen – das wäre ideal. Aber wie funktioniert es?
What? How? Why?
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Mehr InformationenDrei Kreise. Außen „What?“, in der mittleren Ebene „How?“ und innen „Why?“.
Das ist das Sinek’sche Modell und eines der „Geheimnisse“ für mehr Conversions. Nun, es ist nicht mehr wirklich ein Geheimnis, aber doch noch ein hilfreiches und unterschätztes Instrument.
- What? Beschreibe, was das Unternehmen macht.
- How? Beschreibe, wie das Unternehmen das macht.
- Why? Beschreibe, warum das Unternehmen das macht, warum es existiert. Warum Du aufstehst. Warum es Deine Leidenschaft ist.
Sinek erklärt das mit Unternehmen. Wie sieht es bei Texten aus?
Bei neuen (redaktionellen) Texten müssen wir nicht alle drei Ebenen beantworten – das „Warum?“ reicht. Hier stehen Motivationen, Philosophien und Visionen im Fokus.
Jedes Kind entdeckt mit dem „Warum?“ die Welt. Wir entdecken den Sinn in bestimmten Prozessen und bevorstehenden Aktionen. Warum verfassen wir diesen Text? Was ist der Sinn dahinter? Was wollen wir erreichen? Und die Antwort sollte nicht „damit wir für Keyword X und Y ranken“ sein. Auch „Geld verdienen“ ist kein Grund.
Das beantwortete „Warum?“ ist die Basis für alles Weitere und quasi schon ein Conversion-entscheidender Faktor. Besonders spannend wird es, wenn wir das „Warum?“ einfach mehrfach hintereinander beantworten. So tauchen wir tief in die bevorstehenden Texte ein und können wunderbar priorisieren. Das ist vor allem für kleine Content-Teams und im Falle knapper Zeitressourcen relevant. Effizienteres Arbeiten.
Ein „Warum?“-Beispiel aus der Finanzwelt:
Als Texter arbeite ich die meiste Zeit für Unternehmen aus der Finanzbranche. In diesem Beispiel arbeitete ich an einem Text zum Thema Rürup-Rente und Steuern. Das sind zwei überaus trockene Themen. Und man könnte nun einfach die Fakten recherchieren und einen zehnten Text schreiben, der so wie alle anderen ist.
Mit dem „Warum?“ waren wir aber sofort auf einer anderen Schiene:
- Bei den Deutschen herrscht das Credo, dass man „über Geld nicht spricht“. Noch dazu bleibt das Finanzthema in den Schulen eher aus. Warum schreiben wir den Text? Um aufzuklären, um insbesondere bei den Steuern ein „Aha!“-Erlebnis herzuleiten und relevantes Finanzwissen zu verbreiten.
- Viele Leute haben ein schlechtes Bild sowohl von Riester als auch von Rürup. Warum schreiben wir den Text? Um mit Halbwahrheiten aufzuräumen und klarzumachen, dass beides definitiv keine schlechten und sinnlosen Produkte sind.
- Viele Leute tun nichts fürs Alter. Warum schreiben wir den Text? Um sie auf die Rürup-Rente als in vielen Fällen sinnvolle Maßnahme aufmerksam zu machen.
- Der Steuervorteil ist einer der wesentlichen Vorteile der Rürup-Rente. Warum schreiben wir den Text? Um die Rürup-Rente als Produkt des Kunden hinsichtlich Sales zu pushen.
Quasi automatisch setzten wir uns kunden- und leserorientiert mit dem Text auseinander. Es fiel kein Wort mehr zu reiner Reichweite und reinem Traffic als Ziel des Textes. Durch diese Antworten wurde klar, wohin die Reise mit dem Text führt. Nämlich zu transparenter Information + Conversion.
Noch ein Beispiel aus der Freizeitparkwelt:
Ich liebe Freizeitparks, der ein oder die andere weiß das.
Und auch hier fand ich ein cooles Beispiel in Form einer neuen Achterbahn mit mehreren Katapultstarts, die 2016 im Phantasialand in Brühl bei Köln eröffnet wurde. „Taron“, so der Name. Die Baukosten beliefen sich auf mehr als 25 Millionen Euro.
Warum baute man diese Achterbahn? Warum entwickelte man fast alle Komponenten der Bahn wie etwa die Sitze und die LSM-Antriebstechnik mit Linearmotoren neu? Warum brach man vier Weltrekorde und bettete die Bahn – es ist immer noch nur eine Achterbahn – in eine erstaunlich detaillierte Themenwelt mit individuellem und epischen Soundtrack ein?
Tatsächlich nicht, um Geld zu verdienen.
Das Phantasialand reißt seit Jahren alte Attraktionen ab und baut neue, die die alten um Welten übertreffen. Und zwar, weil der Platz sehr knapp ist. Im Norden und Osten befinden sich direkt die Wohnviertel von Brühl. Im Süden befindet sich die Autobahn. Und im Westen steht ein Wald unter Naturschutz. Man muss sich auf kleinstem Raum Attraktionen ausdenken, die auch beim vierten und fünften Mal nicht öde sind. Das „Warum?“ des Phantasialands könnte also sein: „Wir streben nach dem Maximum und wollen unseren Gästen ein absolut immersives Erlebnis schenken.“
So hat der Park nicht nur mit der Achterbahn Taron ein Meisterwerk erschaffen. Sondern auch mit vielen anderen Attraktionen sowie den beiden Hotels mit vielen asiatischen und afrikanischen Details.
Zeit, darauf aufzubauen – was sind die Brief-Basics?
Nach dem „Warum?“ braucht es nur noch ein paar inhaltliche und Grundsatzdetails.
Ich nenne sie die „Brief-Basics“, also die Punkte, die man vor dem Schreiben immer festhalten sollte. Entweder, um einen externen Texter zu briefen oder eben für sich selbst, wenn kein externer Texter vorhanden ist. Hier konzentriere ich mich zunächst auf redaktionelle Inhalte. Meist ist das produktnaher Content.
Hinweis: Da ich weiß, dass die Zeit knapp ist, ist die Liste stark reduziert.
1. Wer liest den Text nachher und was ist dessen Situation oder Problem?
2. Was ist vorher passiert, dass es zum Problem oder zur Situation kam?
3. Wie lässt sich das Problem lösen oder die Situation schlichten? Was ist also die inhaltliche Essenz und die Botschaft des Textes?
4. Aus welchen Perspektiven schauen die Kunden und Leser auf das Thema?
5. Was ist, wenn die Kunden und Leser das Problem nicht lösen? Wie entwickelt sich ihr Problem oder ihre Situation dann?
6. Gibt es eine Leitidee, also ein Motiv, das sich durch den Text zieht?
7. Gibt es Statistiken oder aktuelle News rund um das Thema?
8. Was können wir besser machen und kommunizieren als unsere Mitbewerber?
9. Wie sieht es mit der Tonalität aus?
10. Welchen Standpunkt vertreten wir zu dem Thema? Warum dieser?
Es zählt das S***-in-S***-out-Prinzip. Unzureichende Antworten an dieser Stelle wirken sich direkt auf den Schreibprozess sowie das Resultat und dessen Performance aus.
Dann ist es wie bei der Titanic. Man unterschätzt das Thema „Content“, das ebenso das nordatlantische Eismeer sein könnte. Und dann stößt man mit dem Eis oder dem Thema zusammen und versinkt im Ozean der Irrelevanz. Die Kunden und Leser, die sich einem anvertraut haben, reißt man mit sich.
Nehmt euch Zeit. Gute Texte lassen sich nicht wie das Ass aus dem Ärmel schütteln – auch nicht von professionellen Textern. Sie sind ein Prozess, der mit mehr als nur Kreativität zu tun hat und damit, „schreiben zu können“.
Wer denkt, dass er den Prozess einmal durchlaufen hat, wird feststellen, dass man ihn immer wieder von vorne durchlaufen muss. Und alleine für den Erstentwurf eines 1.500 Wort-Textes kann es auch mal 9 Stunden Zeit brauchen.
Ich habe hier den idealen Content-Prozess visualisiert. Daran ist erkennbar: Die Mammut-Zeitanteile entfallen nicht etwa aufs Schreiben, sondern darauf, die Analysen, Recherchen und vorbereitenden Maßnahmen durchzuführen sowie den Erstentwurf nachher zu monitoren und kontinuierlich zu verbessern.
Wer nicht bereit ist, die Zeit zu investieren, sollte auch den Text nicht schreiben oder schreiben lassen. Generell: Schreibe nur die Texte, die Du wirklich brauchst.
Was ist, wenn Produkte* ins Spiel kommen?
* oder Services
In diesem Fall erweitern wir die obenstehende Liste ein bisschen:
11. Was ist das Produkt und was sind seine Features?
12. Welche Schwächen hat das Produkt vielleicht? Natürlich redet nachher niemand über die Schwächen des Produkts, aber die Antwort hilft dabei, einzuschätzen, was man wie formulieren sollte.
13. Wie funktioniert das Produkt?
14. Was hat der Kunde davon – was sind seine konkreten Vorteile?
15. Warum will der Kunde es kaufen? Was sind die USPs?
Bitte wirkliche USPs definieren, die wirklich kein anderes Unternehmen / Produkt so hat. „30 Jahre erfahren in der Branche“ sind kein USP.
16. Gibt es Kundenrezensionen und wo?
17. Wie soll das Produkt am Markt positioniert werden?
Diese Punkte 1 bis 17 beinhalten alles Material und allen Input, um exzellente Texte zu erarbeiten. Um sich nicht mit Phrasen behelfen zu müssen. Um automatisch an mehr als nur Keywords zu denken. Kurz: Um schlechte Texte zu vermeiden. Und was das Handwerkliche betrifft – dazu schreibe ich an anderer Stelle auch noch etwas.
Noch ein paar Tool-Tipps zum Abschluss:
„Hey Eike, was für Tools nutzt Du so?“
Nun, zum theoretischen Vorbereiten meiner Texte nutze ich eher keine Tools, sondern tausche mich einfach intensiv mit meinen Kunden aus. Ich versuche, bis in die tiefen Details nachzuhaken und immer wieder das „Warum?“ zu beantworten. Erst wenn ich den Text strukturiere und schreibe, nutze ich Tools.
Hier arbeite ich insbesondere mit karlsCORE. Zunächst nutze ich das Fragen-Tool. Dort kann ich auf Basis meines Fokus-Keywords die relevanten Fragen der Leser analysieren und diese dann ins inhaltliche Konzept meines Textes einbauen. Außerdem nutze ich hin und wieder Answerthepublic.com. Hinsichtlich von Keywords sind ahrefs und termlabs.io super.
Eine weitere sehr simple Sache: Ich schaue mir die ersten paar Seiten in der Suchmaschine an, um zu sehen, was die so machen und was ich an Informationen sowie zu verbessernden Punkten mitnehmen kann. Recherche + Sammeln von späteren USPs in einem.
Beim Schreiben nutze ich in erster Linie das Content-Tool von karlsCORE. Hier kann ich einerseits die Lesbarkeit des Textes optimieren und mir andererseits das Thema WDF*IDF vornehmen. Mittlerweile kann ich mehrere Keywords in einem optimieren. Für Grammatik empfehle ich languagetool.org sowie die Wortliga-Textanalyse.
Auch hier noch eine weitere simple Sache: Eine Nacht drüber schlafen und dann noch einmal mit wachem Verstand auf den Text schauen und ihn überarbeiten. Das ist bei diesem Artikel mehrfach passiert, bevor ich ihn an Mario schickte. Ich habe ihn mehrfach überarbeitet, verändert und erweitert. Wenn man nach dem Aufstehen noch einmal auf den Text schaut, fallen einem meist noch Fehlerchen oder unschön zu lesende Stellen auf, die man direkt nochmal anfasst. Oder es fallen einem Inhalte ein, die noch rein müssen.
Festhalten kann man an dieser Stelle durchaus: Das ist alles kein Hexenwerk.
Ob nun für einen externen Texter oder fürs interne Erstellen von Content – investiert man die Zeit und fokussiert man sich auf die wesentlichen Texte, dann stehen die Zeichen auf „exzellente Texte“. Zumindest, was den theoretischen Aspekt betrifft. Natürlich kommt es dann noch auf das handwerkliche Umsetzen an.
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Sehr interessanter Artikel. Da ich derzeit in einem Projekt arbeite, in dem es ausschließlich um Ratgebertexte zu den unterschiedlichsten Themen geht, wäre interessant für mich zu wissen, wo Sie Unterschiede sehen zu Texten, die Unternehmen positiv darstellen sollen.
Dankeschön für das Lob 🙂 Nun, bei redaktionellen Texten reduziert sich die oben stehende Liste nur etwas. Da braucht man primär nur die Ziele des Textes, die Zielgruppe, deren Problem / Bedürfnis (weshalb sie sich zu einem Thema informieren möchten) und schließlich sämtliche Perspektiven und Antworten, die für das Thema denkbar sind. Sie würden sich also auch bei Ratgebertexten durch die entsprechenden Punkte dieses Artikels arbeiten. Wesentlich ist dann nur noch – was aber alle Texte betrifft –, dass man sie dann nicht online stellt und nie wieder anfasst, sondern dass man sie kontinuierlich verbessert und immer wieder neue Sichtweisen… Weiterlesen »