E-Mails wie diese erhalten wir mehrmals die Woche. Die Management-Entscheidung liegt nahe: Werden unzureichend Produkte über den Shop verkauft, muss mehr Werbung dafür gemacht werden! Also schnell mal die Agentur kontaktieren.
Der intuitiv erste Schritt wäre vermutlich ein intensives Kampagnen-Brainstorming. Strategen, Strateginnen und Kreative schließen sich ein, nutzen ,,fancy‘‘ Brainstorming-Methoden und erarbeiten ein Kommunikations-Konzept, das die Ad-Klickraten durch die Decke schießen lässt.
Das ist aber nur selten die beste Lösung. Bevor meine Kollegschaft und ich ins Kampagnen-Brainstorming gehen, ist der erste Schritt bei Neukunden ein intensiver Check der Website und des Shops.
Kampagnen können noch so kreativ und gut durchdacht sein, wenn die User:innen am Ende im Shop nicht das Erlebnis und die Informationen finden, die sie erwarten, springen sie schneller ab als Du „Bounce-Rate“ buchstabieren kannst. Einen Kauf tätigen sie entweder gar nicht oder – noch schlimmer – im Shop der Konkurrenz!
Dieses Problem beobachte ich immer wieder. Für die Generierung von Traffic nehmen Unternehmen eine Menge Geld in die Hand. Was mit dem Traffic nach dem Klick auf eine Anzeige passiert, interessiert im Kampagnenrausch oft niemanden. Die Fehler werden dann im Werbemittel oder dem Targeting der Kampagne gesucht.
Daher ist es neben der Generierung von Traffic enorm wichtig, an der Basis zu arbeiten und dafür zu sorgen, dass ein möglichst hoher Anteil der Seitenaufrufe die gewünschten Aktionen durchführt.
Conversion Optimierung ist das Stichwort! Nicht das eigene Bauchgefühl ist die Voraussetzung für Anpassungen, sondern signifikante Testergebnisse.
In diesem spannenden Feld des digitalen Marketings an der Schnittstelle zwischen Webanalyse und User:innen Experience formulieren wir Test-Hypothesen und versuchen diese mit Experimenten zu validieren bzw. falsifizieren. Welche Testart dafür die richtige ist, hängt vom gesetzten Ziel ab. Eine Möglichkeit sind A/B-Tests.
Diese werden mit Tools umgesetzt, die den Seiten-Traffic – im Idealfall gleichmäßig – auf die Originalseite sowie eine oder mehrere zu testende Varianten verteilen. Anhand der Ergebnisse finden wir heraus, welche Testvariante bei den User:innen am besten abschneidet. Gängige Tools hierfür sind etwa Google Optimize oder Optimizely. Ersteres stelle ich im Folgenden vor.
Was ist Google Optimize?
Google Optimize ist ein kostenloses Tool von Google, das dazu verwendet wird, A/B-Tests auf Websites durchzuführen, um die Performance von Landingpages, Websites und Onlineshops zu verbessern.
Mithilfe von Google Optimize können ganz einfach mehrere optimierte Versionen einer Website an alle User:innen, oder an ausgesuchte Zielgruppen ausgespielt werden. Am Ende wird die Performance der einzelnen Varianten verglichen. Dadurch schafft man eine quantitative Entscheidungsgrundlage zur Gestaltung von Websites. Und es wird noch besser: Programmierkenntnisse sind nicht notwendig! Grundvoraussetzung ist lediglich analytisches Denken.
Welches A/B-Testing Tool soll ich nutzen? Warum ist Google Optimize die erste Wahl?
Das ausschlaggebende Argument für die Wahl von Google Optimize als Testing-Tool sind die Kosten. Da Google Optimize kostenlos ist, entstehen keine teuren Gebühren für Tools- oder Software-Lizenzen.
Alternative Lösungen bieten zwar oft Gratisversionen an, diese bieten aber oft nur eingeschränkte Testfunktionen. Mindestens genauso wichtig wie der preisliche Vorteil ist die gute Zusammenarbeit von Google Optimize mit anderen Google Diensten wie Google Analytics und Google Ads.
So können beispielsweise vorhandene Zielvorhaben aus Google Analytics in Google Optimize als Optimierungsziel verwendet werden oder A/B-Tests nur den Websitebesucher:innen angezeigt werden, die über eine bestimmte Google Ads Kampagne ihren Weg auf die Seite gefunden haben.
Google Optimize ist damit ein mächtiges Tool, mit dem die Performance einer Website und damit letztendlich der Umsatz eines Shops oder die Menge an eingehenden Leads mit kleinen Änderungen signifikant verbessert wird. Bei einem unserer Kunden konnten wir allein durch die Reduzierung der Schnelleinstieg-Verlinkungen auf der Startseite (von 9 auf die besten 4) die Absprungrate um einen zweistelligen Prozentsatz verringern.
Gleichzeitig können Optimierungen der Website einen hohen Einfluss auf den ROAS von Performance Kampagnen darstellen. Denn wenn User:innen nach dem Klick auf eine Werbeanzeige nicht die gewünschten Informationen finden, springen sie schnell ab.
Wie so oft – insbesondere bei kostenlosen Tools – gibt es aber einige Punkte, bei denen genaueres Hinsehen empfehlenswert ist.
Die folgenden fünf Tipps sollten beherzigt werden, damit Deine Conversion Optimierung mit Google Optimize ein voller Erfolg wird.
1. Implementierung: Vermeide das „Snippet gegen Seitenflackern“ von Google
Bei der Implementierung von Google Optimize über den Google Tag Manager kann es bei bestimmten Test-Set-ups zu sogenanntem „Flackern“ kommen. Das Tool legt über die bereits geladene Seite die Variante aus Google Optimize.
Bei Tests im oberen Seitenbereich kann es passieren, dass sich nach dem Laden der Seite noch Elemente verschieben oder neu laden. Dies kann User verwirren und zu einer negativen User:innen Experience führen.
Als Lösung dieses Problems bietet Google in der Optimize Hilfe das sogenannte „Snippet gegen Seitenflackern“ an. Das Skript wird ebenfalls im <head> Bereich des Quellcodes eingebunden und vermeidet das Flackern, indem eine weiße Fläche über den Content der Seite gelegt wird, bis die Testvariante von Google Optimize geladen wurde.
Dadurch wird das Flackern zwar nicht mehr wahrgenommen, die gefühlte Ladezeit der Seiten kann sich dadurch aber verlängern, da den User:innen teilweise mehrere Sekunden lang statt des Website-Contents eine weiße Fläche angezeigt wird – genug Zeit, um die Seite wieder zu verlassen.
Zudem kann durch die künstliche Verlängerung der Seitenladezeit ein negativer Einfluss auf die Core Web Vitals nicht ausgeschlossen werden. Dies gilt im Übrigen nicht nur für die Seiten, auf welchen ein A/B-Test durchgeführt wird, sondern auch für alle anderen Seiten Website – unabhängig davon ob momentan ein Test stattfindet oder nicht.
Aus diesen Gründen empfiehlt es sich dringend, Google Optimize nicht über den Google Tag Manager, sondern direkt in den Quellcode der Website zu integrieren.
Auf diese Weise kann das Flackern vermieden werden und ein negativer Einfluss durch das reine Set-Up von Google Analytics verhindert werden.
2. Planung: Benutze Behavior Patterns zur Formulierung von Test-Hypothesen
Dieser Tipp ist zwar eher unabhängig von der Verwendung von Google Optimize, jedoch ist es unabdingbar Behavior Patterns bei der Planung und Auswertung von Tests zu berücksichtigen.
Auf der Suche nach möglichen Test-Hypothesen ist es ratsam, sich an sogenannten Behavior Patterns zu orientieren. Dabei handelt es sich um Erkenntnisse aus dem Neuromarketing, die unterbewusste Handlungsmuster von Usern beschreiben. Der Kollege Bert Winterfeld hat in einem Artikel bereits einige Behavior Patterns erläutert, die für die Inspiration neuer Test-Ideen Gold wert sein können.
Einige davon sind nicht direkt mit aufwendigen Veränderungen der User-Führung oder der Website-Umgestaltung verbunden. Das „Zero-Risk-Bias“ beispielsweise lässt sich mithilfe des „Visuellen Editors“ in Google Optimize mit nur sehr wenig Aufwand testen. Babbel setzt dafür zum Beispiel lediglich einen kurzen Hinweis über die Anmeldung zum Newsletter. Der oder die User:in wird eindeutig darauf hingewiesen, dass durch die Anmeldung zum Newsletter keine Kosten entstehen.
Das Modelabel UNIQLO setzt dieses Prinzip folgendermaßen in seinem Shop um: Durch die Angabe von Körperdaten (Größe, Gewicht, Körperbau) errechnet ein Tool die Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte Größe passt. Dies vermittelt dem oder der User:in Sicherheit.
Gleichzeitig werden auf diese Weise Retourenquoten reduziert und zusätzliche Userdaten gesammelt. Umgesetzt wird das Feature über ein Drittanbieter-Tool. In einem Google Optimize Test-Set-up könnte dies einfach in den Code der Variante integriert werden.
Durch die Berücksichtigung der Faktoren wird die Test-Frequenz deutlich erhöht. Zeitgleich wird der Implementierungsaufwand reduziert – und das auch noch bei höherer Effektivität.
3. Implementierung: Nutze den visuellen Editor sparsam und erst nach sorgfältiger Planung
Wie bereits angedeutet, kann der Implementierungsaufwand durch den „visuellen Editor” in Google Optimize bei einfachen Tests deutlich reduziert werden. Mithilfe der intuitiven Datenansicht können Texte direkt auf der Seite editiert werden.
Zudem lassen sich Farben, Schriftgrößen und Styles von Elementen verändern. Bei der Verwendung des „Visuellen Editors“ ist allerdings Vorsicht geboten. Der Editor übersetzt die Eingaben im Tool in entsprechende Code-Snippets oder JavaSkript, was oft nicht ideal umgesetzt wird.
Insbesondere durch das „Ausprobieren“ im visuellen Editor können Probleme entstehen. Ein Beispiel: Die Größe eines Buttons wird auf 200 Pixel geändert. Bei der Betrachtung wird deutlich, dass eine Vergrößerung auf 100 Pixel reicht. Durch das erneute Editieren erstellt der visuelle Editor zwei Befehle.
Statt „Größe auf 100 Pixel erhöhen“ lautet der Befehl im Code dann: „Größe auf 200 Pixel verändern“ und zusätzlich „Größe auf 100 Pixel verändern“. Dadurch wird der Code der Seite unnötig verlängert. Die Performance der Seite verschlechtert sich und der Code wird unleserlich. Auch steigt die Gefahr von Darstellungsfehlern.
Daher sollten Änderungen, präzise geplant werden, um sie anschließend ohne Umwege im Editor umzusetzen. Besser ist die selbstständige Programmierung der Testvarianten und die direkte Einbindung in den Code per CSS-Code oder JavaSkript.
4. Zielsetzung: Setze auch sekundäre Ziele ein
Ein großer Vorteil von Google Optimize ist die gute Kommunikation zwischen dem Tool und Google Analytics. Bei der Erstellung von Tests können, die in Google Analytics definierten, Zielvorhben bequem in Google Optimize importiert werden. Es ist daher wichtig, dass im Idealfall bereits vor technischer Umsetzung des A/B-Tests die entsprechenden Zielvorhaben in Analytics erstellt und getestet sind. Unnötige Verzögerungen werden so vermieden.
Eine gern übersehene Funktion ist die Möglichkeit zur Auswahl mehrerer Zielvorhaben je Test. Google Optimize erlaubt neben einer primären Conversion bis zu zwei weitere sekundäre Zielvorhaben für den Test zu definieren – für Google Optimize 360-Kunden sogar mehr als drei!
Hier lassen sich Soft-Conversions oder bestimmte Nutzungsmetriken wie Interaktionen oder Scrolltiefe einsetzen. Letztere ist zum Beispiel bei Tests Below-The-Fold (im unteren Website Bereich) interessant: So erkennt man auf einen Blick, ob die User:innen weit genug gescrollt haben, um die Testvariante zu sehen.
Ist dies nicht der Fall, hat die Veränderung der Metriken möglicherweise gar nichts mit dem Test zu tun. Falsche Schlussfolgerungen werden vermieden und umfassendere Erkenntnisse generiert, ohne die detaillierte Analyse von Google Analytics heranzuziehen.
5. Auswertung: Verlasse Dich nicht auf die Zahlen in Google Optimize
Beim Auswerten der Ergebnisse sollte auf die detaillierte Analyse in Google Analytics auf keinen Fall verzichtet werden. Die in Google Optimize angezeigten Metriken helfen zwar für einen ersten Überblick, sind jedoch nicht besonders sinnvoll gewählt und teilweise auch nicht nachvollziehbar.
So beziehen sich die angezeigten Daten auf einzelne Testsitzungen. Aus diesen berechnet sich auch die Conversion Rate. Sinnvoller ist es, sich die Conversion Rate auf Basis von Nutzer:innen anstatt auf Basis von Sitzungen anzusehen. Wenn ein:e User:in die Seite vor der Conversion mehrmals besucht (was recht wahrscheinlich ist), ergibt sich so eine geringere Conversion Rate, als dies eigentlich der Fall wäre. Der Grund ist, dass durch eine:n User:in drei Sitzungen ausgelöst wurden. Diese Metrik lässt sich lediglich in Google Analytics auslesen.
Was Du in Google Optimize sinnvoll ablesen kannst, ist neben der Gesamtanzahl an Ziel-Ereignissen, ob die Testvarianten einigermaßen gleichmäßig an die User:innen ausgespielt wurden oder ob hier eine Differenz besteht, die bei der Bewertung des Testergebnisses berücksichtigt werden sollte.
Noch gefährlicher wird es im hinteren Bereich der „Optimize Analyse“. Hier präsentiert Google Optimize neben der „geschätzten Absprungrate” und der „geschätzten Verbesserung“ die Wahrscheinlichkeit, zu der die entsprechende Variante die bessere Variante zu sein scheint.
Bei all diesen Metriken fehlt eine plausible Erklärung von Google, wie sich diese Werte genau zusammensetzen. Ohne Verständnis über die Hintergründe der Zahlen, sind diese Metriken nur schwer für eine valide Test-Auswertung nutzbar und daher mit großer Vorsicht zu genießen.
Zudem können die bis zu drei in Google Optimize definierten Zielvorhaben später nicht mehr geändert werden. Wenn zusätzliche Testanalysen gewünscht sind, wie zum Beispiel der Einfluss auf Soft-Conversions oder weitere Metriken wie Absprungrate, Sitzungsdauer oder Time-On-Site, muss auf Google Analytics zurückgegriffen werden.
Es macht definitiv Sinn, bei der Auswertung des Tests alle möglichen Einflüsse zu untersuchen, um einen maximal, hohen Erkenntnisgewinn zu generieren. Dafür eignen sich weitere Website Analysetools wie Mouseflow oder Hotjar. Auf diese Weise wird das Userverhalten auch qualitativ durch die Aufzeichnung von User-Sessions und Heatmaps ausgewertet.
6. Hygiene: Archiviere abgelaufene Tests regelmäßig
Mit der Implementierung von Google Optimize wird eine Datei erstellt, die auf der Website abgelegt wird: die optimize.js-Datei. Diese beinhaltet neben der nötigen Konfiguration des Tools auch alle Informationen zu den angelegten Tests und deren Varianten. Neben den laufenden Tests werden allerdings auch alle Tests gespeichert, die sich im Entwurf-Zustand befinden.
Auch beendete Tests sind hinterlegt. Dadurch wird die Datei mit steigender Menge an durchgeführten Tests immer größer. Das frisst Speicherplatz und kann im schlimmsten Fall einen negativen Einfluss auf die Ladezeiten der Seite haben.
Es ist daher sinnvoll, beendete Tests spätestens nach der Ergebnisanalyse zu archivieren. Diese sind dann immer noch über die Filterfunktion im oberen Bereich der Test-Übersicht aufrufbar, befinden sich aber nicht mehr direkt im Code Deiner Seite.
Fazit
Google Optimize ist ein wichtiges Tool für die Umsetzung von A/B-Tests auf Websites. Durch das Tool werden mit verhältnismäßig wenig Aufwand mächtige Tests durchgeführt und signifikante Veränderungen im Verhalten der Nutzer erreicht.
Das reine A/B-Testing ist aber längst kein Garant für positive Veränderungen des Nutzerverhaltens. Durch einen an der Zielgruppe vorbei geplanten, oder schlecht umgesetzten A/B-Test können Website Besucher.innen schnell abspringen und Deine Conversion Rate nachhaltig negativ beeinflussen.
Es ist daher enorm wichtig, A/B-Testing nicht als einzelne Maßnahme, sondern als einen Schritt von vielen in der Conversion Optimierung zu betrachten. Letztendlich sollte viel Zeit in die Formulierung sinnvoller Test-Hypothesen, die Test-Planung und die Auswertung von Tests gesteckt werden.
Gehe sorgfältig und datenbasiert vor, um mit Google Optimize tolle Ergebnisse zu erzielen. Durch den Einsatz des kostenlosen Tools kannst Du das eingesparte Budget direkt in die Umsetzung neuer Testings investieren.
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