Hast Du als Shopbetreiber:in das Gefühl, dass Dein Unternehmen von nur wenigen “wertvollen” Kunden getragen wird – und die restlichen Kunden Dich eher in den Keller ziehen?
Um es auf den Punkt zu bringen: Weißt Du, welche Kunden Dich mehr kosten, als sie es wert sind?
Diese Frage müssen sich Betreiber:innen von Onlineshops nicht nur stellen, sondern auch beantworten und daraus bewusste Handlungsschritte ableiten. Nur dann kannst Du Dir der Effizienz Deines Vertriebs und Marketings sicher sein.
Die Antwort findet sich in der sogenannten LTV:CAC-Ratio, also dem Verhältnis zwischen dem “Lifetime Value” (LTV), sprich dem Lebenszeitwert, eines Kunden und den “Customer Acquisition Costs” (CAC), also den Kosten der Kundenkquise.
Diese Ratio gibt ein Signal für die Profitabilität Deiner Kunden sowie für die Effizienz Deines Marketings und Vertriebs – letztendlich also für den Kundenwert.
Wie genau, erkläre ich in diesem Beitrag. Lies weiter, um zu erfahren, wie Du aus bestehenden Kunden mehr Marge und Gewinn herausholst und sie langfristig in wertvolle Kunden wandelst.
Was ist die LTV:CAC-Ratio?
Um diese Frage zu beantworten, müssen wir erst die einzelnen Komponenten verstehen: den Lebenszeitwert (LTV) und die Kosten der Kundenakquise (CAC).
Keine Angst, das macht sogar Spaß.
Lebenszeitwert (LTV) eines Kunden verstehen
Eigentlich ist es ganz einfach: Der LTV, also der Lebenszeitwert eines Kunden, ist das, was wir als “Deckungsbeitrag 1” verstehen, also die Differenz zwischen dem Umsatz und den variablen Kosten für diese Umsatzleistung. Das heißt, der Kunde macht diesen Deckungsbeitrag 1 über seine gesamte Lebensdauer in einem Shop.
Es ist der Betrag, der übrig bleibt für…
- Fixkosten (Mieten, Technik, Personal, Unternehmerlohn, etc.)
- Marketing und
- das Auszahlen von Gewinn, Rücklagen und Steuern.
Deckungsbeitrag 1 (LTV) = Umsatz – variable Kosten
Dabei gelten als “variable Kosten”:
- Einkaufskosten des Produkts
- Lagerung
- Verpackung
- Handling und Versand
- (Onboarding, falls nötig)
- Kosten für Retouren
Kundenakquisekosten (CAC) verstehen
Die Kosten für die Akquise eines Kunden (CAC) sind alle Kosten des Neukunden-Marketings geteilt durch die Anzahl der Neukunden:
CAC = Kosten Neukunden-Marketing / Anzahl Neukunden
Mein Tipp lautet hier, für diese Berechnung ausschließlich die Neukunden einzubeziehen. Denn Marketing für Stammkunden ist günstiger, als für Neukunden. Mit den Stammkunden zu rechnen, würde die Werte schönen und zu verzerrten Ergebnissen und Rückschlüssen führen.
Aber ja, auch die Kosten für die Reaktivierung von Kunden und der daraus folgende Ertrag ist eine spannende Ratio zweier Kennzahlen. Aber darum geht es hier und diesmal nicht.
Generell gilt also für die beiden Kennzahlen einzeln betrachtet:
- CAC zeigt, wie viel Geld Du zur Generierung eines (Neu-) Kunden ausgeben musst.
- LTV sagt aus, wie viel Deckungsbeitrag 1 dieser eine Kunde leistet.
Lebenszeitwert in Relation zu Kundenakquisekosten (LTV:CAC) – Was sagen sie aus?
Jetzt geht’s ans Eingemachte: Lebenszeitwert und Kundenakquisekosten in Relation zueinander. Ich zeige Dir, wie Du diese Ratio lesen, interpretieren und welche Erkenntnisse für den Kundenwert Du daraus ziehen kannst.
Eine niedrige LTV:CAC-Ratio (generell kleiner als 1) zeigt, dass Du eine ineffiziente Generierung von hochwertigen Kunden hast. Du gibst für Dein Marketing mehr Geld aus, als LTV, also Deckungsbeitrag 1, generiert wird. Du könntest Dir dieses Marketing auch sparen.
Eine “gute”, also hohe LTV:CAC-Ratio (Daumenwert: größer als 3) zeigt, dass Du zur Gewinnung und Bindung von Kunden effiziente Methoden einsetzt. Mit jedem Verkauf verdienst Du genug, um die Kosten zu decken für…
- das Produkt,
- dessen Handling und Logistik,
- Kundenservice,
- Vermarktung,
- Allgemeine, operative Kosten des Unternehmens, sowie
- noch Geld für Investionen und Gewinnausschüttungen übrig hast.
Mit der LTV:CAC-Ratio kannst Du verschiedene Berechnungen für das Gesamtunternehmen anstellen, aber auch pro Kunde, Produktebene oder Produktkategorie.
Der Daumenwert leitet sich aber von durchschnittlichen Margen von Shops ab. Gut fürs Gewissen, aber für Dich zählt eigentlich nur: Möglichst gute Ratio möglichst schnell erreichen.
Wie lange brauchst Du, um eine “gute” LTV:CAC-Ratio zu erreichen?
Als Shopbetreiber:in strebst Du den hohen Lebenszeitwert an – logisch. Du musst dabei aber auch ein Auge auf die Zeit haben: Wie viel Lebenszeitwert hat ein Neukunde in den ersten 30 Tagen generiert? Wie viel in 60 Tagen? Im ersten Jahr? In drei Jahren?
Ein Kunde sollte idealerweise so schnell wie möglich den größten Teil seines Lebenszeitwertes generieren. Dauert es zu lange, bis er seine Marketingkosten wieder reingeholt hat, kann es für Deinen Shop vielleicht schon zu spät sein. Du musst diese “Durststrecke” schließlich überbrücken können, notfalls mit einer Finanzierung. Je früher Du also anfängst, den Lebenszeitwert, also Deckungsbeitrag 1 über Zeit, zu optimieren, desto besser.
Wir nutzen als E-Commerce Agentur für Genussmarken für unsere Kunden zwei Faustregeln für den Zeitraum, die wir je nach vermarktetem Angebot und dessen Margenstruktur sowie der Bedarfsgruppe anpassen.
Faustregel 1: LTV nach 60 Tagen
Der Lebenszeitwert je Kunde sollte 60 Tage nach deren Erstkauf um 30 Prozent gestiegen sein. Das bedeutet, dass im Durchschnitt jeder dritte Kunde in diesen 60 Tagen mindestens ein weiteres Mal in Deinem Shop eingekauft haben sollte.
Berechne den Lebenszeitwert nach 60 Tagen folgendermaßen:
LTV (60d) = (Umsatz 60d – variable Kosten 60d) / Anzahl Kunden 60d
Hinweis: Die 60 Tage sind eine Faustregel. Je nach Branche kann es sein, dass Du variieren musst, um diese 30 Prozent Steigerung des Lebenszeitwertes zu erreichen. Möbelverkäufer:innen sollten von mehr Zeit ausgehen als etwa Shops von Kosmetik, Klamotten oder Getränken.
Aber auch innerhalb dieser Branchen können die Zeiten variieren. Du musst austesten, was für Deine Branche und Deine Produkte der passende Zeitraum ist. Wenn Deine Kunden bereit für den nächsten Kauf sind, musst Du parat stehen und diesen einfach machen. Gleiches gilt für den nächsten Zeitraum.
Faustregel 2: LTV nach 365 Tagen
Nach 365 Tagen sollte der Lebenszeitwert um 100 Prozent gestiegen sein. Durchschnittlich sollte also jeder Kunde mindestens ein weiteres Mal bei Dir gekauft haben.
Erreichst Du diese beiden Werte, so bist Du bei der Kundenreaktivierung besser als 80 Prozent Deiner Konkurrenz. Es bedeutet, dass Du stärker in die Kundengenerierung oder Innovation im Unternehmen investieren kannst – und somit einen weiteren Wettbewerbsvorteil hast.
Benchmarks der LTV:CAC-Ratio
Zum besseren Verständnis wollen wir ein paar aussagekräftige Benchmarks erläutern:
- Im Konsumgüterbereich, wie beispielsweise (alkoholische) Getränke, ist eine LTV:CAC-Ratio von 3 eine “gute” Benchmark.
- In der Modebranche reicht schon eine Ratio von 1 bis 2, um vergleichsweise “gut” dazustehen.
- Und bei Produkten mit besonders hohen Margen (60 bis 80 %) solltest Du eine Ratio von 5 anstreben.
Drei LTV-Ausprägungen in der Praxis
Nehmen wir den Faktor Zeit in die Betrachtung mit auf, so kann der Lebenszeitwert eines Kunden verschiedene Formen annehmen:
- Linear steigend: Bestellt der Kunde regelmäßig Ware nach, so wird jeden Monat die gleiche Menge Lebenszeitwert, also Deckungsbeitrag 1, hinzugefügt. Das kann beispielsweise bei Shops von Verbrauchsgütern wie Olivenöl, Kaffee oder Wein der Fall sein.
- Expandierend: Hier bestellt der Kunde nicht nur regelmäßig die gleiche oder ähnliche Ware nach, sondern kauft immer mehr, zusätzliche und/oder margenstärkere Produkte einer Marke. Das kann bei Verbrauchsgütern wie Kosmetika oder Getränken der Fall sein.
- Fallend: Der große Invest findet beim Erstkauf statt. Danach fällt der Lebenszeitwert nur ab, beispielsweise bei Fahrrädern plus Zubehör.
Im Folgenden greifen wir das Beispiel des Shops von alkoholischen Getränken heraus, um zu zeigen, welche Strategien der Shop zur Optimierung eines expandierenden LTV fahren könnte.
Expandierender LTV Beispiel: Onlineshop für alkoholische Getränke
Um einen expandierenden LTV zu erreichen, muss ein Shop vor allem eines: Vertrauen in seinen Kunden aufbauen. Nur dann kaufen sie weitere Produkte aus dem Sortiment.
Mehr und profitablere Ware mit jeder Bestellung
Wer von der ersten Flasche Whiskey beeindruckt ist, kauft sich zum Probieren mit Freunden im nächsten Zug vielleicht ein Tastingset mit unterschiedlichen alkoholischen Getränken – und mit viel höherer Marge.
Aus dem Tastingset werden ein Rum und ein Cognac als extra lecker auserkoren und jeweils eine Flasche davon, inklusive der passenden Gläser, bestellt. Die Begeisterung ist auch hier wieder groß, also wird gleich das nächste Tastingset gekauft, um die nächsten flüssigen Schätze für im immer volleren Wohnzimmer zu entdecken.
Und schon steigt der Lebenszeitwert dieses Kunden exponenziell an, da er mit jeder Bestellung mehr und profitablere Ware kauft. Klar, irgendwann ist eine Sättigung erreicht. Aber bis dahin:
Dieser Effekt kann nur über längere Zeiträume eintreten, weshalb eine Betrachtung über Monate oder gar Jahre hinweg notwendig ist: Was ist der Unterschied im LTV nach 90 Tagen zum LTV nach 365 Tagen? Wie ändert sich der Lebenszeitwert vom ersten zum zweiten Jahr?
Welche Produkte verleiten zum Wiederkauf – und dabei zu einer höheren Investition?
Der Knackpunkt, den Du als Shopbetreiber:in erkennen musst: Welche meiner Produkte und Produktkombinationen sind für den größten Teil des expandierenden LTV verantwortlich?
Oder auch: Mit welchen Produkten oder Produktkombinationen erhöht sich die Kundenbindung und verbessert Deine Kundenbeziehung? Die Erfahrung des Kunden mit seinem ersten gekauften Produkt hat große Auswirkung auf seinen Lebenszeitwert.
Erstkäufer:innen eines Tastingsets könnten nach 365 Tagen einen höheren Lebenszeitwert aufweisen als Käufer:innen, die als Erstes eine einzelne Flasche Whiskey gekauft haben, auch wenn die Marketingkosten für das Tastingset höher sind.
Das Verhältnis der Marketingkosten zum Deckungsbeitrag für das Tastingset mag zwar in den ersten 30 Tagen schlechter ausfallen. Im Tastingset steckt aber mehr Potenzial, um den Kunden von Deiner Ware und Deinem Shop zu begeistern und einen Wiedererkennungswert zu schaffen.
Und ihn letzendlich von Deinen Produkten zu überzeugen und ihn ein zweites, drittes, viertes Mal zum Kauf zu animieren. Das führt, über 90 Tage, 365 Tage und zwei Jahre hinweg betrachtet, zu einem höheren Deckungsbeitrag 1, wie in Bild 2 dargestellt.
Wie holst Du jetzt aber das Meiste aus einem expandierenden LTV heraus? Beziehungsweise, je nachdem, wo Dein Shop sich in Bezug auf den Lebenszeitwert Deiner Kunden befindet: Wie stößt Du einen expandierenden LTV überhaupt an?
Finde die Stellhebel mit der größten Wirkung auf den Lebenszeitwert
Du kannst Dein Marketing auf verschiedene Stellhebel fokussieren wie etwa unterschiedliche
- Produkte und Produktsets,
- im Kunden ausgelöste Interessen und Sehnsüchte,
- Angebotsvariationen und -kombinationen,
- Ereignis-/Bedarfsgruppenkombinationen und/oder
- unterschiedliche Suchsysteme.
Teste diese Stellhebel aus, um herauszufinden, welcher davon langfristig zum höchsten Lebenszeitwert, also Deckungsbeitrag 1, führt.
Sinnvoll ist es, mit Produkten und Angebotsvariationen anzufangen:
- Sind Tastingsets letztendlich wirklich erfolgreicher als einzelne Produkte?
- Welches Tastingset führt zum höchsten Lebenszeitwert?
- Ist das auch der Fall, wenn wir es zusätzlich bei Facebook bewerben, statt nur bei Google?
- Welcher meiner “Starter” Whiskeys erzeugt den höchsten Lebenszeitwert in einem Jahr?
- Was, wenn ich ihn mit meinem besten Rum in einem Zweier-Set kombiniere?
- Oder mit einem Whiskey-Glas-Set?
Solche Fragen zu beantworten, geht natürlich nicht von heute auf morgen. Für aussagekräftige Ergebnisse muss man die längeren Zeiträume betrachten. Und das bedeutet: Arbeiten mit Prognosedaten.
Aktiv prognostizieren statt abwarten und Tee trinken
Um den höchstmöglichen Deckungsbeitrag 1 zu erreichen, ist es nicht genug, heute mit dem Testen anzufangen, um dann in ein paar Jahren zu prüfen, was das beste Ergebnis abwirft. Die Prognosedaten müssen laufend geprüft und angepasst werden.
Bleiben wir bei unserem Beispiel des Shops für alkoholische Getränke. Der Shop könnte beispielsweise heute versuchen zu prognostizieren, welches seiner Produkte im Erstkauf nach 90 Tagen zum höchsten Lebenszeitwert geführt hat.
Prognose 1: Ist es der Jamaican Rum, der sowieso schon ein Bestseller und Kassenschlager ist? Oder das Rum-Tastingset, das den Jamaican Rum neben anderen Getränken beinhaltet?
Prognose 2: Liegt die Krux überhaupt in den Produkten oder eher in der Wiederkaufsqualifizierung? Vielleicht löst ja die persönliche Notiz im Paket mehr Wiederkäufe aus, als der kostenfreie Versand für den Warenkorb ab 80 Euro.
Genial ist natürlich, wenn die Prognosen sich nach den 90 Tagen bewahrheiten – weiter so. Vielleicht erkennt man dabei aber auch, dass sich ein Produkt ganz anders entwickelt als erwartet.
Ursprünglich wurden Jamaican Rum und das Rum-Tastingset miteinander verglichen, weil sich der Lebenszeitwert ähnlich zu entwickeln schien. Nach 90 Tagen zeigt sich aber, dass der Lebenszeitwert des Tastingsets abstürzt, während die Käufer:innen des Jamaican Rum allein regelrecht die virtuelle Tür einrennen für die nächste Flasche.
Ein Shop darf sich also nicht auf immer und ewig auf die einmal gesetzte Prognose verlassen. Um regelmäßiges Prüfen, Analysieren und Optimieren kommt man im Marketing einfach nicht herum, egal, worum es geht. In unserem Beispielsfall heißt es jetzt für das Rum-Tastingset: Strategie anpassen und Marketingaktivitäten optimieren. Und für den Jamaican Rum natürlich: Weiter so.
Wie wertvoll sind Deine Kunden?
Fassen wir zusammen: Wenn ein Kunde mehrmals und vor allem regelmäßig in Deinem Shop einkauft, erhöht sich sein Lebenszeitwert (LTV), also sein Deckungbseitrag 1, über Zeit. Je niedriger die Kosten zur Akquise (CAC) dieses Kunden, desto “wertvoller” ist er für Deinen Shop. Logisch.
Die LTV:CAC-Ratio gibt daher ein gutes Signal sowohl für die Profitabilität Deiner Kunden als auch für die Effizienz Deines Marketings und Vertriebs. Und der effizienteste Weg den Lebenszeitwert zu steigern ist, Neukunden nach ihrem Erstkauf in Stammkunden zu wandeln. Ist Deine Marketingstrategie darauf ausgelegt?
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