Seit Ankündigung und Einführung der DSGVO im Jahr 2018 ist klar: Mit der weitestgehenden Abschaffung des Trackings über Third Party Cookies steht das altbekannte datengetriebene Marketing vor dem Aus.
Ohne Third Party Cookies ist für viele Unternehmen eine präzise User-Ansprache im Netz nicht mehr möglich; digitales Verkaufen, wie wir es bisher kannten, kann nicht mehr funktionieren.
Die Zukunft gehört den Unternehmen, die die Evolution von datengetriebenem zu beziehungsorientiertem Marketing schaffen und verstanden haben, dass nicht mehr Märkte Kunden, sondern Kunden Märkte prägen. Für den digitalen Handel heißt das: Aus „E-Commerce“, typischerweise gekennzeichnet durch das Hauptziel des Abverkaufs, wird „R-Commerce“.
R-Commerce steht für Relationship Commerce und bezeichnet eine neue Ära der digitalen Kundenansprache. Sie fokussiert Menschen und ihre Bedürfnisse, um eine starke Kundenbeziehung aufzubauen.
Denn das prägende Merkmal dieser Zeit ist nicht mehr das „E“ (weil sowieso alles „electronic“ ist), sondern die Notwendigkeit, Beziehungen aufzubauen („R“ für „Relationship“).
Was zunächst verdächtig nach der altbekannten Kundenzentrierung klingt, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als eine grundlegende Veränderung fast aller Business-Prozesse, die auf Kunden ausgerichtet sind.
R-Commerce ist das Denkmodell für das Digital Business, das auf Beziehung und Dialog setzt, um das Dilemma aus Datenknappheit, Wettbewerbsdruck und steigenden Anforderungen an das Nutzungserlebnis aufzulösen. Vertrauen zurückgewinnen, Menschen verstehen und datenbasiert in Echtzeit kommunizieren sind die Erfolgsfaktoren der Nutzeransprache im R-Commerce.
Die strengeren gesetzlichen Rahmenbedingungen, neue technologische Entwicklungen und vor allem ein verändertes Kundenverhalten machen eine neue Marketing- und Vertriebsphilosophie nötig, die die drei Disziplinen Datenstrategie, Marketing-Technologie und Psychologie verbindet.
Was diese ausmacht:
- Rückgewinnung der Datenhoheit durch die werbetreibenden Unternehmen selbst,
- skalierbare Technologien,
- Echtzeit-Verfügbarkeit von Informationen,
- stringente Ausrichtung aller Kontaktpunkte an realen Kundenbedürfnissen.
Im Relationship Commerce gilt es, Daten methodisch und systematisch für den Aufbau von Kundenintelligenz zu nutzen. Dadurch können Kunden über alle Kanäle und Touchpoints personalisiert angesprochen und starke Kundenerlebnisse geschaffen werden. So eine Veränderung ist tiefgreifend, ihre Implementierung ein intensiver und langfristiger Prozess für eine Organisation.
Warum Marketing eine neue Kundenansprache braucht: Datenknappheit und Kundenzentrierung
Wenn auch Google Chrome 2024 Third Party Cookies abschaltet, verbleibt kaum noch Datenmaterial, das für Advertising und Marketing aktiviert und herangezogen werden kann. Werben mit Trackingdaten wird ähnlich präzise wie Plakatwerbung an der Litfaßsäule. Schon heute sind nur noch 30 bis 40 Prozent aller möglichen Daten aktivierbar.
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Heute werden Kunden als Bausteine von Umsatzzahlen gesehen und mehr oder minder regelmäßig mit Kampagnen konfrontiert, die anhand ihrer Conversion-Rate bewertet werden. Dieser Umsatz-getriebene Ansatz ist veraltet. Die Zukunft verlangt eine beziehungsorientierte Perspektive, gekennzeichnet durch uneingeschränkten Respekt für Nutzerdaten, das Verständnis von realen Bedürfnissen, das Denken in Kundennutzendimensionen und eine Langfristigkeit der Beziehung.
Die wichtigste Änderung und Neuerung im respektvollen Umgang mit Daten kennen wir alle: den Consent Layer, der uns ermächtigt, selbst zu entscheiden und zu konfigurieren, in welchem Umfang wir getrackt und wie mit den Daten umgegangen werden darf. Für einen Relationship Commerce gilt Zustimmung als selbstverständlich.
Die Voraussetzung für das Datensammeln lautet ganz klar: Transparenz und Fairness im Umgang mit den erhobenen beziehungsweise gespeicherten Daten. Die DSGVO bringt Unternehmen dazu, nun wirklich kundenzentrierter zu denken und sich transparenter im Umgang mit Daten aufzustellen.
Hier zeigt sich der Paradigmenwechsel, den wir betonen wollen: Unternehmen müssen ihren Kunden glaubwürdige Argumente an die Hand geben, warum diese ihre privaten Daten teilen sollten.
Mit dem Richtungswechsel im datenbasierten Marketing von Third- zu First-Party-Daten geht auch eine Veränderung in den technischen Grundvoraussetzungen einher. Customer Data Platforms (CDPs) stellen heute den Dreh- und Angelpunkt der Systemarchitektur dar.
Ihr Vorteil: Um sie herum kann ein umfassendes Kundenverständnis aufgebaut werden. Eine CDP ist ein Aggregator, der die Datenbestände eines Unternehmens aus unterschiedlichen Quellen zusammenführt, bereinigt, normalisiert und unifiziert.
So lassen sich eindeutige Nutzerprofile zuweisen, man spricht vom Identity Resolution Management – datenschutzkonform mit 360°-Kundenverständnis.
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Das Aus der Cookies von Drittanbietern bedeutet mitnichten das Ende des digitalen Marketings – im Gegenteil: Ein neuer Ansatz bei der Datenstrategie ist eine echte Chance.
Daten-Streaming in Echtzeit und ein verbessertes Customer-Experience-Management ermöglichen es, Kunden und ihre Bedürfnisse wirklich ins Zentrum unternehmerischer Überlegungen zu stellen, Digital-First-Prozesse anzupassen und letztlich starke Kundenbeziehungen aufzubauen.
Im Grunde sind DSGVO und Cookiecalypse nur eine Reaktion auf die gewandelten Anforderungen der Kunden. Im E-Commerce blieben KPIs wie Conversion Rates und Quartalsabsatzzahlen zentral. Die Kunden selbst verlor man dabei schnell aus dem Blick, während diese sich jedoch zusehends von den Märkten emanzipierten.
Für Unternehmen bedeutet dies jetzt: Nur eine echte Fokussierung auf reale Bedürfnisse von Bestandskunden oder Prospects kann ein Bestehen in einer Digital-Welt voller Reizüberflutung, Ablenkung, Lautstärke und Entscheidungen ermöglichen. Nicht Produkt oder Vertrieb, sondern die Beziehung zu den Kunden muss strategischer Fokus sein.
Emanzipierte Nutzer:innen kennen den Wert ihrer Daten, die sie nicht mehr länger freizügig teilen. Gleichzeitig sind die Erwartungen der Nutzer:innen hinsichtlich passgenauer Werbung eindeutig gestiegen. Sie erwarten eine perfekte, bedürfnisorientierte User Experience, die auch mal überrascht.
Ein Dilemma: User:innen erwarten tolle Kundenerlebnisse, geben dafür nötige Daten jedoch nicht preis. Ohne einen neuen, effektiven (und idealerweise effizienten) Weg, mit den Kunden in den Dialog zu treten, steuern Unternehmen durch die rechtlichen Regelungen auf eine Zeit der eklatanten Datenknappheit zu.
Der Drahtseilakt zwischen Datenknappheit und gestiegenen Ansprüchen an maßgeschneiderte Infotainment-Werbung ist die Herausforderung für Marketer:innen dieser Epoche, aktivierbare Daten werden sonst zur Mangelware.
Aktivierbare Daten zu gewinnen, setzt heute First Party Cookies sowie User-Consent und -Log-in voraus. Consent und Log-in sind durch Kundenvertrauen in den Anbieter bedingt, somit ist Vertrauen eine entscheidende Größe im Beziehungsaufbau.
Wie wir auf Datenknappheit und Kundenzentrierung reagieren können: Eine neue Businessphilosophie entsteht
Relationship Commerce bedeutet, User:innen bei allen Handlungen und auf allen Ebenen tatsächlich in den Mittelpunkt zu stellen. Unternehmen müssen eine neue Perspektive auf Kunden einnehmen – als mündige Partner:innen in freundschaftlichen Beziehungen.
Der Geschäftserfolg wird in Zukunft davon abhängen, wie gut und erfolgreich Unternehmen neue Kunden gewinnen und bestehende Kunden halten können. Es geht um eine andere Ansprache der Kunden auf einer neuen, kontinuierlichen Basis, für langfristige Beziehungen zwischen Kund:innen und Unternehmen, die auf Vertrauen basieren.
Relationship Commerce bedeutet, Vertrieb ganz anders als im absatzgesteuerten E-Commerce zu begreifen. Relevante Fragen sind hierbei zum Beispiel, welche Werte Kunden haben und was ihnen wichtig ist. Im Detail gilt es, sich zu überlegen: Was ist das Bedürfnis der Kunden, wenn sie auf den Sales-Kanälen eines Unternehmens vorbeikommen?
Es ist wichtig, die Kunden zu verstehen. Das heißt, ihnen – immer wieder und in verschiedenen Momenten – das zu verkaufen, was sie wirklich brauchen. Wer immer wieder meinen Bedürfnissen entspricht und mir gute Kundenerlebnisse bietet, dem bleibe ich treu. Wegen passgenauer Angebote werden Kunden wiederkommen und weitere Daten hinterlassen und in eine Beziehung zum Unternehmen treten.
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Nun tatsächlich die Kunden in den Mittelpunkt aller Unternehmensaktivitäten zu stellen, erfüllt sich nicht in einem Vakuum. Viele schon bestehende Faktoren spielen hier mit hinein. Im Kern sind es fünf Leitprinzipien, deren Umsetzung ausschlaggebend sind, um als R-Commerce-Unternehmen erfolgreich in die Zukunft zu starten.
Fünf Leitprinzipien im Relationship Commerce
1. Privacy first
2. Kundenzentriert
3. Datenbasiert
4. Momentgetrieben
5. Nachhaltig
Privacy first
Es reicht nicht, dass Unternehmen ihre Website und Social-Media-Kanäle streng DSGVO-konform betreiben, sie müssen auch den tieferen Sinn dahinter leben. Wer nun tatsächlich „Privacy first“ lebt, kann das Misstrauen der User:innen abbauen.
Höchste Priorität für Unternehmen: Sie müssen ihren Nutzer:innen glaubhaft machen, dass sie die erhobenen Daten zum Wohl der User:innen nutzen – für eine effiziente Kommunikation, die Interessen und Bedürfnisse der Kund:innen trifft.
Jetzt geht es darum, auf Basis von „Privacy first“ Vertrauen aufzubauen. Kunden misstrauen werbetreibenden Unternehmen (vgl. „Consumer Privacy Survey“ (Integral Ad Science 2020)). Diese müssen daher das schlechte Gefühl, das User:innen beim Umgang mit ihren Daten haben, auflösen, indem sie transparent offenlegen, welchen Wert Daten für sie, aber zugleich auch für die User:innen haben.
Denn grundsätzlich kann man nicht sagen, dass Kunden ihre Daten mit Unternehmen nicht teilen – Voraussetzung ist ein Vertrauensverhältnis. Laut BCG (Boston Consulting Group) (Rodenhausen et al. 2022) wollen rund 65 Prozent der Konsumenten und Konsumentinnen personalisiert angesprochen werden.
Doch nur wenn Unternehmen um Erlaubnis für die Datennutzung bitten und mit diesen Daten den Nerv beziehungsweise das momentane Interesse der User treffen, schafft dies das nötige Vertrauen.
Kundenzentriert
In Zukunft werden die Entscheidungen der Kunden maßgeblich über den Erfolg von Unternehmen bestimmen. Und das bedeutet, dass Unternehmen verstehen müssen, wie ihre Kunden als Menschen (intuitiv) Entscheidungen treffen. „Kundenzentrierung“ im R-Commerce hat entsprechend eine Kernaufgabe: Beziehungsaufbau – als datenzentrierte Strategie mit allerhöchster Business-Relevanz.
Wie im Privaten gilt: Eine Beziehung ist nicht von jetzt auf gleich aufgebaut, Unternehmen müssen User:innen kennenlernen, die Bedürfnisse verstehen, um sie dann entsprechend der aktuellen Stimmung ansprechen zu können. Ultimatives Ziel: Sie etablieren eine Marke, der User:innen vertrauen und der gegenüber sie sich öffnen.
Neben den klassischen KPIs werden CPIs (Customer Perfomance Indicators) immer wichtiger, die aufzeigen, was für die Kunden relevant ist. Metriken über die Customer Experience und Performance einzelner Kunden und Zielgruppen ergänzen das bestehende KPI-Framework, neben reinen Webtracking-Daten werden Reports, Dashboards und in Echtzeit aggregiertes Wissen aus mehreren Datenquellen relevant, insbesondere Analytics (Bewegungsdaten) und CRM-Daten.
KPIs und CPIs im Vergleich
KPIs | CPIs |
Kunden-Akquisitionskosten (CAC) | Customer Lifetime Value (CLV) |
Umsatzziel | Net Promoter Score, Anzahl positive Produktbewertungen |
Markenbekanntheitsgrad | Customer Engagementscore |
Anzahl der Follower:innen auf Social Media | Likes, Shares |
Marketingkosten pro Kundenkontakt oder Lead | Anzahl Empfehlungen („tell-a-friend“) |
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Ein Erfolgsfaktor für Unternehmen ist künftig, dass Kunden wiederkehren und zu Fürsprecher:innen des Unternehmens werden, die auch im privaten Umfeld für weiteres Interesse und somit weiteren Umsatz sorgen. Für die Unternehmensstrategie bedeutet das: Retention wird wichtiger als Conversion, der Customer Lifetime Value wird zum entscheidenden CPI.
Datenbasiert
Mit Blick auf die Kundenbindung lässt sich die Kundenzentrierung im Relationship Commerce konzeptionell nicht mehr von datenbasiertem Handeln trennen. Das bedeutet, dass über Daten ein möglichst genaues Nutzerprofil erstellt wird, das als Grundlage für eine zielgerichtete Kommunikation und Ansprache dient.
Es würde die Customer Journey aller Segmente im Detail kennen. In der Realität erfüllt bisher kaum ein Unternehmen diesen Anspruch – Daten werden nicht vereinheitlicht und normalisiert. Dabei versetzt erst die Datenexpertise Unternehmen in die Lage, Kund:innen ernsthaft in den Mittelpunkt all ihrer Strategien zu stellen. Datenbasiert werden Bedürfnisse identifiziert und passende Lösungen entwickelt.
Momentgetrieben
Im R-Commerce gibt es keine vorgefertigten Customer Journeys mehr, diese sind dynamisch und Touchpoint-spezifisch angelegt. Um überzeugende Kundenerlebnisse zu bieten, sollten die richtigen Infos im richtigen Moment ausgeliefert werden – in Abhängigkeit der Interessen des Users beziehungsweise der Userin an einem bestimmten Tag, zu einer bestimmten Stunde.
Hilfestellung leistet eine Kombination aus verhaltensbasiertem Marketing und Echtzeit-Datenanalyse. Voraussetzung ist wieder eine ausreichende Datenlage. Das zentrale Element ist der Moment, seiner Natur nach flüchtig. Doch mithilfe von Daten zahlreicher User:innen lassen sich die Rahmenbedingungen für die „Momente“ definieren.
Sie verlangen also ein Micro Targeting, um die richtigen User:innen anzusprechen, und fordern von Marken, dass sie jederzeit und an jedem Kontaktpunkt bereit sein müssen, dem User beziehungsweise der Userin hyperrelevante Inhalte bereitzustellen – abhängig vom Kontext, in dem sich der User beziehungsweise die Userin befindet.
Marken brauchen die Technologie, um den Kundenkontext zu verstehen und Entscheidungen darüber zu treffen, wie sie sich im Moment engagieren sollen. Dazu müssen Unternehmen diese Daten sammeln und sich bei jedem Schritt der Customer Journey mit ihren User:innen verbinden.
Voraussetzung dafür wiederum ist, dass Unternehmen die Daten zunächst einmal intelligent analysieren und dann in Interaktionen umwandeln.
Die Kunst, die Motivationen, Vorlieben und Verhaltensweisen der Kunden besser zu kennen, indem ihre Daten entschlüsselt und diese Erkenntnisse für ein besseres Marketing genutzt werden, wird als Moment Driven Marketing bezeichnet.
Ziel ist es, Kundenerlebnisse an bestimmten Hotspots zu personalisieren und zu verbessern. Es geht darum, die richtigen Momente zu identifizieren, in denen ein Kunde beziehungsweise eine Kundin sehr empfänglich für ein personalisiertes Erlebnis ist.
Nachhaltig
In Zeiten steigender Marketingkosten sind nachhaltige Kundenbeziehungen ein Effizienzgarant – und daher ein weiteres Leitprinzip im R-Commerce. Doch was bedeutet Nachhaltigkeit in Bezug auf Kunden?
Eine Marke hat Zukunftspotenzial, wenn sie es schafft, sich in die Kunden hineinzuversetzen und herauszufinden, was die individuellen Präferenzen der Kunden sind, was sie in der Vergangenheit bestellt haben, wo sie gerade stehen und was sie in diesem Moment benötigen.
Aktuelle Studien zeigen: Personalisierung ist der Schlüssel zum Kundenvertrauen. Accenture (2018) hat herausgefunden, dass mehr als 75 Prozent der Konsumenten und Konsumentinnen Händler:innen bevorzugen, die ihren Namen und Bestellverlauf kennen und auf dieser Basis personalisierte Botschaften senden.
52 Prozent kehren eher Marken den Rücken, die nicht personalisiert kommunizieren. Wer hier richtig agiert und passende Maßnahmen ergreift, wird mit nachhaltigen Kundenbeziehungen und wirtschaftlichem Erfolg belohnt.
Die Leitprinzipien gehen dabei Hand in Hand: Wenn sich alle Bemühungen um die Kunden drehen sollen, geht das nur mithilfe von Daten, die vertrauensvoll behandelt und zum Aufbau eines besseren, momentgetriebenen Marketings genutzt werden. Daraus resultieren nachhaltige Kundenbindung, von denen Unternehmen und Kunden profitieren.
Voraussetzungen für erfolgreichen R-Commerce
Nachdem deutlich geworden ist, welche Vorteile R-Commerce auf welchen Ebenen bringt, können sich Unternehmen natürlich die Frage stellen, wie gut sie bereits gerüstet sind. Sollte es bei der Analyse der Daten einen starken Überhang bei den Third- im Vergleich zu den First-Party-Daten geben, so steht der Effektivität und dem Kundenerlebnis ein großer Einbruch bevor. Diese Unternehmen benötigen eine R-Commerce-Strategie, für deren Erfolg vier Aspekte besonders wichtig sind:
1. Skalierbare Technologien
2. Echtzeit-Daten
3. Agile Organisation
4. Kultur und Mindset
Skalierbare Technologien
Will ein Unternehmen wachsen, so muss dieses Wachstum durch die Technologie unterstützt werden, das heißt: Zur Skalierung der Organisation gehört auch die Skalierung eines Tech-Stacks. Um Daten zu verknüpfen und im Sinne der Kundenzentriertheit zusammenzuführen, müssen Systeme untereinander durchlässig und nicht in Silos abgekapselt sein.
Gefordert sind eine zentrale Datenhaltung und eine Datenhoheit für intelligente Datenmodellierung. Gerade Letztere wird im Hinblick auf Künstliche Intelligenz und Machine Learning immer wichtiger. Die Auswertung von Daten macht in Zukunft den Unterschied.
Echtzeit-Daten
Skalierbar allein reicht nicht aus. Im „moment-driven R-Commerce“ muss das Tech-Stack auch echtzeitfähig hinsichtlich Datenverfügbarkeit, Profilbildung und Daten-Aktivierung sein. Das Ziel muss sein, dass eine echtzeitfähige Systemlandschaft „on entry“ eines Users beziehungsweise einer Userin bestimmte Modelle rechnen und damit alle Nutzer:innen nach Kaufwahrscheinlichkeit, Absprungrate etc. einordnen kann, um in Echtzeit passenden Content auf der Webseite zu präsentieren.
Agile Organisation
Wichtig ist, dass alle Teams im Unternehmen Hand in Hand zusammenarbeiten, um ein nahtloses, einheitliches Erlebnis für die Kunden zu schaffen. Die Customer Experience basiert auf einer wertschätzenden und ganzheitlichen Beziehung zu den Kunden.
So kann im R-Commerce auch der Erfolg gemessen werden: Was die Kunden von einer Marke halten, wirkt sich unmittelbar auf Kundenbeziehung und -bindung, Customer Engagement, Kundenertragswert und Markentreue aus. CPIs (Customer Performance Indicators) messen entlang der Customer Journey somit, ob sich die Kunden wie geplant verhalten.
User:innen erleben ihre Beziehung zu einem Unternehmen als einen fortlaufenden Kontakt, der in Erinnerung bleibt – positiv wie negativ. Organisatorisch muss sich ein Unternehmen entlang des Full Funnels aufstellen.
Es darf keine Silo-Betrachtung des Funnels geben, wo der Service nicht weiß, was das Marketing versprochen hat und Sales die aktuellen Werbekampagnen nicht kennt. Die Themen, Daten und Kund:innen müssen im Organigramm prominent durch explizite Rollen im Management verankert werden. Um all das umzusetzen, bedarf es einer zentralen Daten-Architektur.
Kultur und Mindset
R-Commerce funktioniert nur mit Teams, die entlang der Customer Journey organisiert sind, so lösen Unternehmen ihre Silos auf. Zentral ist, an jedem Touchpoint der Customer Journey die Nutzerbedürfnisse zu verstehen, idealerweise sogar schon zu antizipieren und auf jeden Fall personalisiert darauf zu reagieren.
Dies kann nur gelingen, wenn Organisationen den Mitarbeitenden ermöglichen, ihre Datenkompetenz zu erhöhen und mit Self-Service-Analysetools zu arbeiten. Mit diesen Tools können die Anwender:innen ohne vertieftes IT-/Entwickler-Know-how Zugriff auf die relevanten Datenquellen erhalten.
Nur wenn traditionelle Silos aufgebrochen werden, wird der freie Fluss von Daten gefördert. Um diese Kultur zu fördern, müssen Unternehmen groß denken, aber klein anfangen. Oberstes Ziel ist, das Vertrauen zu Daten herzustellen, die Daten in allen Abteilungen verfügbar zu machen und die Kunden dabei stets im Fokus zu haben und nicht nur Produkt oder Vertrieb.
Zusammenfassung
Fast alle Unternehmen stehen aktuell vor der Herausforderung, eine R-Commerce-Strategie zu entwickeln. Doch kann diese nicht im luftleeren Raum entstehen. Wesentliche Einflussfaktoren auf diese Strategie sind das Kundenverhalten plus rechtliche und technologische Veränderungen – und diese Aspekte sind gerade massiv in Bewegung!
Fassen wir zusammen: Ein R-Commerce-Unternehmen kennt die äußeren Einflussfaktoren und reagiert dynamisch darauf.
Eine erfolgreiche Strategie wird getragen von:
- einer stringenten Data-First-Philosophie: Alle Aktivitäten werden datenbasiert abgeleitet, Messbarkeit und Datengewinnung sind Kernanforderungen jeder Aktivität.
- einem skalierbaren Tech-Stack: IT-Systeme sind die Enabler der datenbasierten Kundenzentrierung. Ein zeitgemäßes Tech-Stack ist vorhanden, wenn Daten im großen Umfang und in Echtzeit erfasst, aus verschiedenen Systemen zusammengeführt, aufbereitet, verarbeitet und aktiviert werden können.
- einer befähigten Organisation: Alle Teams haben ein daten- und kundenbedürfniszentriertes Mindset und sind in der Lage, effektiv relevante Erkenntnisse aus Daten zu extrahieren.
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Das Fachbuch „R-Commerce. Wie die digitalen Champions von morgen mit neuen Datenstrategien echte Kundenbeziehungen aufbauen“ erscheint im Oktober 2023 beim SpringerGabler Verlag. Autoren sind Joachim Stalph (Fokus Daten), Dr. Philipp Spreer (Fokus Psychologie) und Dimitrios Haratsis (Fokus Technologie).
Quellen des gesamten Artikels:
- 3. May 2018: Widening Gap Between Consumer Expectations and Reality in Personalization Signals Warning for Brands, Accenture Interactive Research Finds. (Link: newsroom.accenture.com)
- Integral Ad Science. 4. Juni 2020. IAS (Integral Ad Science) Studie: Data Privacy & Contextual Advertising. (Link: integralads.com)
- Rodenhausen, Derek. 21. Januar 2022. Consumers Want Privacy. Marketers Can Deliver. (Link: bcg.com)
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