Growth Hacking ist seit einiger Zeit ein bekannter Begriff in der Marketing Welt und steht für Marketing-Techniken, die möglichst effizient exponentielles Wachstum für Unternehmen bringen. Der Begriff wurde erstmals 2010 von Sean Ellis erwähnt. Sean Ellis ist damals für das gigantische Wachstum bei Dropbox verantwortlich gewesen und gilt seitdem als eine der prägenden Figuren des Growth-Hackings. Gerade Tech-Unternehmen zeigen immer wieder, dass durch exponentielles Wachstum kleine Unternehmen zu einem globalen Unternehmen heranwachsen können, und das in möglichst kurzer Zeit. Beispiele hierfür sind Unternehmen wie Facebook, Snapchat und WhatsApp.
Es stellt sich die berechtigte Frage, warum Growth Hacking für Tech-Unternehmen so wichtig ist und was Growth Hacking von traditionellen Marketing-Methoden unterscheidet. Auch Unternehmen wie McDonalds, die offline an den Start gegangen sind, haben Growth-Hacks genutzt, um zu wachsen. Und das unabhängig von traditionellem Marketing.
Traditionelle Marketing Methoden allein reichen nicht mehr aus
Durch die Globalisierung ist es für etablierte Unternehmen und Startups nicht mehr so einfach wie früher, Wachstum zu generieren. Immer mehr Unternehmen drängen auf den globalen Markt und haben globale Infrastrukturen aufgebaut. Durch ein Umfeld mit vielen Marktteilnehmern aus aller Welt verteilen sich die Marktanteile über viele Unternehmen hinweg. Gerade kleinere Unternehmen haben es durch mangelndes Kapital und Ressourcen daher schwieriger, Marktanteile zu gewinnen und Wachstum zu generieren, da traditionelles Marketing meistens mit hohen Kosten verbunden ist.
Es braucht also innovative Ansätze, exponentielles Wachstum zu generieren. Growth Hacking beschäftigt sich mit solchen Ansätzen und fokussiert sich ausschließlich auf Unternehmenswachstum. Beim Growth Hacking handelt es sich außerdem um einen datengetriebenen Ansatz, der auf KPIs und Experimenten entlang der gesamten Customer Journey basiert. Einer der bekanntesten Growth Hacks ist das Referral-Programm von Dropbox, mit dem Dropbox zwischen 2008 und 2010 ein Wachstum von 3900% in 15 Monaten erzielte (Quelle: Hacker Noon). Ein aktuelleres Beispiel ist das Social Network Clubhouse, das mit seiner Invite-Only Strategie eine riesige Welle an neuen Nutzern ausgelöst hat und derzeit die höchsten Downloadzahlen im App-Store verzeichnet (Quelle: Apple App Store, Stand 21. Januar 2021).
Der Growth Hack hierbei ist denkbar einfach. Die App lässt sich nur auf Einladung nutzen, woraus eine künstliche Verknappung entsteht. Dadurch entsteht eine besondere Attraktivität für Nutzer, ein Teil der Community zu werden. Mit relativ wenig Marketingbudget lässt sich hier mit Gewissheit sagen, dass es sich um einen Growth Hack handelt.
Was hat Clubhouse konkret gemacht?
- Am Anfang wurden einige prominente Menschen in die App eingeladen, die die App promoted haben, indem sie dort exklusiven Content bereitstellten.
- Dadurch wollten immer mehr Nutzer dazu gehören.
- Clubhouse macht das Ganze exklusiv, denn je schwieriger es ist, dazu zu gehören, desto wertvoller ist eine Mitgliedschaft.
- Leute laden unter Verknappung (zwei Einladungen pro Nutzer) weitere Nutzer ein und sehen in Clubhouse, bei welchen Freunden die Einladung am meisten Sinn macht. Gemessen wird dies daran, wie viel andere Personen auf Clubhouse die einzuladende Person im Kontaktbuch eingespeichert haben.
Auch wir vom OMT sind auf den Clubhouse-Zug aufgesprungen!
Durch Growth Hacking ist es also möglich, mit unkonventionellen Methoden exponentielles Wachstum zu generieren. Das Besondere am Growth Hacking im Vergleich zu traditionellem Marketing ist die Betrachtung des gesamten Sales Funnels und der gesamten Customer Journey.
Growth Hacking Funnel im Vergleich zum traditionellen Funnel
Growth Hacking ersetzt traditionelle Marketing Methoden nicht, sondern ergänzt und erweitert sie, mit dem einzigen Ziel, mehr Wachstum zu generieren.
Das AIDA-Modell im AAARRR-Framework
Der älteste und bekannteste Trichter ist das sogenannte AIDA-Modell, das schon Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt wurde. Rufen wir uns noch einmal das AIDA-Modell in Erinnerung:
- Attention: Die Aufmerksamkeit der Zielgruppe gewinnen.
- Interest: Interesse für das Produkt wecken.
- Desire: Verlangen nach dem Produkt wecken.
- Action bzw. Activation: Den Interessenten zum Kauf überzeugen.
Sowohl das AIDA Modell als auch das AAARRR-Framework sind wie ein Trichter. Anfangs sprichst Du mit Deinen Marketingmaßnahmen viele potentielle Kunden an, wobei am Ende nur wenige zum Kunden werden.
Das AAARRR-Framework (auch Pirate Funnel genannt) ist ein spezielles Framework für Growth Hacking und basiert unter anderem auf dem AIDA-Modell und erweitert Dieses.
Das AAARRR-Framework besteht aus 6 Schritten:
- Wahrnehmung (Awareness): Die Zielgruppe nimmt das Produkt wahr.
- Akquisition (Acquisition): Die Zielgruppe auf die Webseite bringen.
- Aktivierung (Activation): Interessen beschäftigen sich mit dem Produkt und registrieren sich.
- Bindung (Retention): Nutzer nutzen das Produkt regelmäßig und werden aktiv.
- Weiterempfehlung (Referral): Nutzer empfehlen das Produkt weiter, woraus sich Skaleneffekte ergeben.
- Monetarisierung (Revenue): Aktive User zum Kauf überreden.
Diese 6 Schritte im Funnel bezeichnet man als das AAARRR-Framework. Oft ist zu lesen, dass das Framework nur aus fünf Buchstaben besteht – nämlich AARRR. Bei dieser Variante wird das erste A für die Awareness weggelassen. Wie zu Beginn gesagt erweitert Growth Hacking bestehende Marketing-Methoden. Im AAARRR-Framework steckt nämlich das bekannte AIDA Modell. Das erste A (Awareness) und das dritte A (Activation) sind daraus entnommen worden.
Nordstern-Metrik ausfindig machen
Die Nordstern-Metrik ist die wichtigste und oberste KPI im Growth Hacking. Nach ihr sollten sich alle Experimente richten. Sie misst den Kundennutzen durch Dein Produkt in einem bestimmten Zeitraum und dient als Wachstumsindikator.
Beispiel:
Bei WhatsApp zum Beispiel besteht der Aha-Moment beziehungsweise Kundennutzen darin, dass Nutzer die Möglichkeit haben, unbegrenzt Nachrichten an Freunde und Familie zu senden, ganz egal von wo und wann und das kostenlos. Daher ist für WhatsApp die wichtigste Kennzahl (Nordstern-Metrik) die Anzahl der Nachrichten, die von den Usern pro Tag gesendet werden und nicht beispielsweise die Anzahl der aktiven User.
Das ist zwar auch wichtig, aber was nützt es, wenn ein User zwar jeden Tag aktiv ist, aber nur eine einzige Nachricht über WhatsApp sendet?
Das würde nämlich bedeuten, dass WhatsApp wahrscheinlich nicht sein bevorzugtes Kommunikationsmedium ist.
Stelle Dir also die Frage, welche Kennzahl den Kern Deines Produktes am besten repräsentiert und richte Deine Bemühungen darauf aus, diese Kennzahl zu verbessern, indem Du entlang der Customer Journey die User Experience optimierst.
Growth Hacking Strategien entlang des Funnels
Awareness und Akquisition
In diesem Teil des Funnels ist es wichtig, Brand Awareness und Traffic zu generieren. Deine Zielgruppe muss Dein Produkt wahrnehmen und Interessenten müssen auf Deine Webseite kommen.
Tipps, um hier Skaleneffekte zu erzeugen:
- Facebook Ads und Retargeting
- Kooperation mit YouTubern und Influencern aus Deiner Branche (zum Beispiel durch Tausch gegen einen Lifetime-Access)
- Producthunt Launch
- AppSumo: Deal um Awareness zu erzeugen und erste Nutzer zu gewinnen
Aktivierung
In der Aktivierungsphase ist es für Tech-Unternehmen wichtig, User zu aktivieren und möglichst einfach und automatisiert zu onboarden.
Tipps, um User erfolgreich zu aktivieren:
- Optimiere Deinen Onboarding Prozess. Mit Tools wie Hotjar oder Mouseflow kannst Du sehen, wo User nicht zurechtkommen und somit Deinen Onboarding Prozess ausbessern
- Halte Deinen Onboarding-Prozess so simpel wie möglich
- Sorge dafür, dass der Nutzer den Aha-Moment so schnell wie möglich erlebt und den Nutzen Deines Tools versteht. Durch Produkt-Touren kannst Du beispielsweise dem Nutzer eine Einführung geben, um Dein Produkt verständlich und automatisiert Schritt für Schritt zu erklären.
Bindung
Wenn Du Deine Nutzer erfolgreich aktiviert hast, musst Du sie an dein Produkt binden und das Engagement steigern.
Tipps, um User erfolgreich zu binden:
- Erinnere Deine Nutzer daran, mit Deinem Produkt zu interagieren (Push-Benachrichtigungen, E-Mail-Benachrichtigungen)
- Befrage Deine Nutzer und entwickle Dein Produkt auf Basis von Kundenwünschen weiter
- Baue ein großartiges Produkt, ohne das Nutzer aufgeschmissen wären
Referral / Weiterempfehlung
Nutze aktive User zur Generierung von neuen Kunden. Wenn Deine Kunden Dein Produkt lieben, kannst Du sie als Markensprecher nutzen.
Tipps, um Nutzer zu Empfehlern zu machen:
- User Experience steigern und User glücklich machen
- Ein großartiges Referral-Programm aufbauen (siehe Dropbox)
- Nutzer für die Einladung weiterer User belohnen
- Den Mehrwert durch das Einladen von weiteren Nutzern / Freunden steigern (Nicht für jedes Produkt möglich, aber gerade bei Social Networks sehr effektiv)
Monetarisierung
In dieser Stage geht es darum, Deine Umsätze zu erhöhen. Das ist es, worum es beim Growth Hacking am Ende des Tages geht.
Tipps, um Deine Umsätze zu erhöhen:
- Optimiere Deinen Sales Funnel und Deine Conversion Rates
- Finde die richtige Zielgruppe für Dein Produkt
- Optimiere den Customer Lifetime Value und reduziere Deine Customer Acquisition Costs
- Nutze Upselling und Cross-Selling, sodass User auf höhere Pläne upgraden oder zusätzliche Features von Deinem Produkt kaufen, beispielsweise durch E-Mail-Marketing oder Software Benachrichtigungen
Growth Hacking Prozess starten
Zum Abschluss möchte ich Dir einige Tipps an die Hand geben, wie Du Deinen Growth Hacking Prozess starten kannst.
1. Sammle Daten
Growth Hacking ist ein datengetriebener Ansatz. Beim Growth Hacking wird nicht nach Gefühlslage entschieden, sondern auf der Grundlage von Daten und Fakten. Stelle daher sicher, dass Du genug Daten über Dein Produkt erheben kannst und besorge Dir Industrie-Benchmarks, Research-Paper und ähnliche Daten, um Deine Dienstleistung und Dein Marktumfeld beurteilen zu können.
2. Brainstorme Ideen und analysiere Wachstumspotential
Fange mit einem strukturierten Brainstorming über potentielle Growth Möglichkeiten an. Es ist wichtig, dass Du beim Growth Hacking Deine Gedanken vorher auf Papier bringst, ansonsten entsteht keine klare Struktur und Vorgehensweise. Erstelle daher Hypothesen und schreibe die zu erwartenden Ergebnisse Deines Experiments auf. Beim Growth Hacking geht es darum, zu experimentieren und herauszufinden, was für Dich zum Wachsen funktioniert und was nicht.
Priorisiere Deine Ideen nach dem PIE-Score. Im Kern geht es beim PIE-Score darum, die drei Aspekte Potential, Bedeutung und Einfachheit auf einer 10-Punkte-Skala zu bewerten und das Experiment mit der höchsten Bewertung anzugehen.
Anfangs willst Du Dich wahrscheinlich auf jeden Bereich Deines Funnels stürzen und diesen verbessern. Es ist wahrscheinlich richtig, dass Du jeden Bereich verbessern kannst, jedoch solltest Du anfangs extrem fokussiert auf einen oder zwei Bereiche sein, in denen Du das meiste Potential siehst. Hierbei ist es wichtig, die Entscheidung auf Basis einer Datenanalyse zu treffen. Wenn Du Dich beispielsweise dazu entscheidest, den Bereich Akquisition für Dein Unternehmen zu verbessern, sollte das konkrete Gründe haben und anhand von Daten belegbar sein. Es könnte beispielsweise sein, dass die Akquisition eigentlich ganz gut läuft, aber Du nicht genug Kunden binden und überzeugen kannst, wodurch Du trotzdem nicht wächst.
3. Führe Experimente durch
Führe Dein Experiment durch. Nur so kannst Du Deine Idee validieren. Sorge dafür, dass Du in möglichst kurzer Zeit zu einem Ergebnis kommst, da es beim Growth Hacking darum geht, möglichst schnell sichtbare Ergebnisse zu erzielen.
4. Bewerte die Ergebnisse und Auswirkungen auf die KPIs
Jedes Experiment muss nach seinem Erfolg und den dem Experiment zugeordneten wichtigsten KPIs bewertet werden. Betrachte also, welche Auswirkungen das Experiment auf die von Dir ausgewählten KPIs hatte.
5. Lerne von Deinem Experiment und wiederhole den Prozess
Nicht immer fällt ein Growth Hacking Experiment erfolgreich aus. Doch im Growth Hacking gibt es keine Failures, sondern nur Learnings. Verinnerliche, was beim letzten Experiment schiefgelaufen ist und vermeide dieselben Fehler beim nächsten Experiment.
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