Das Lead Scoring ist eine strukturierte Möglichkeit Deine Leads zu sortieren und zu bewerten. Mit einem solchen Modell kannst Du schnell diejenigen Leads identifizieren, die für eine weitere Interaktion in Frage kommen und Dein Marketing auf die nächste Stufe heben.
Ein Lead Scoring Modell zu entwickeln, kann einige Zeit in Anspruch nehmen, bis es wirklich funktioniert und die einlaufenden Leads automatisch bewertet. Aber wenn es einmal läuft, ist es ein wahrer digitaler Zeitmacher.
Gerade in der Wachstumsphase eines Unternehmens, in der immer mehr Leads in das CRM einlaufen und die manuelle Bearbeitung nicht mehr gewährleistet werden kann oder zu viel Zeit in Anspruch nimmt, hilft ein Lead Scoring System mit einer vorher festgelegten Punktezahl dabei, eine klare Trennung und Einsortierung vorzunehmen.
Eines aber vorneweg: Jedes Unternehmen ist unterschiedlich und benötigt daher auch eine individuelle Betrachtung sowie ein Scoring System für seine Leads. Es gibt kein Patentrezept für ein Bewertungssystem. Zur Berechnung eines Scoring Systems und für die Vergabe der Punkte kann zu Beginn ein einfaches Excel Sheet helfen, um Szenarien zu identifizieren und zu beschreiben.
Einige Anbieter, wie zum Beispiel Hubspot, bieten kostenfreie Vorlagen zum Download an. Du kannst die Szenarien aber auch ohne Vorlage und ohne viel Aufwand erarbeiten und mit einem Punktesystem versehen. Am besten gehst Du dabei die Customer Journey Deiner Kunden einmal selbst durch. So bekommst Du ein gutes Gespür dafür, welche Handlungen für Deine Kunden relevant sind und wie oft er mit der Website oder Deiner Brand in Berührung kommt.
Ein Lead Scoring ist deshalb so wichtig, weil es uns hilft, datenbasierte und belastbare Entscheidungen zu treffen und so unsere Aufmerksamkeit denjenigen Kunden bzw. Interessenten zu widmen, die sich nicht nur für unser Produkt oder unsere Dienstleistung interessieren, sondern auch die nötigen Kriterien zum Kauf erfüllen. Stichpunkt: Ideal Customer Profile.
Also wann brauche ich ein Lead Scoring?
Ein Scoring System ist dann sinnvoll, wenn:
- Du so viele Leads hast, dass die Sales Abteilung die Menge an Leads nicht mehr manuell abarbeiten und bewerten kann.
- Du nicht so genau weißt, wie Du die Menge an Leads objektiv priorisieren kannst.
- Dein Unternehmen sehr komplexe Vertriebsprozesse hat
- Du einen besseren Überblick und bessere Planbarkeit für Dein Marketingbudget haben möchtest
Wenn eines oder mehrere der Kriterien auf Dich zu treffen, dann lohnt es sich für Dich, dir ein Scoring einmal anzusehen. Aber nichts geht natürlich ohne Daten. Die Grundvoraussetzung, um Deine Leads hinsichtlich Reife und Relevanz zu bewerten, ist das Sammeln und Pflegen von Informationen.
Ein Lead Nurturing – sprich das Erheben und Abfragen ebenjener Daten ist die Grundlage für ein späteres Scoring.
Es gilt also: Die Basis für ein Scoring ist das Erheben, Speichern und die Nutzung von personenbezogenen Daten. Ohne die entsprechenden Daten gibt es kein Scoring, auch nicht mit pseudonymisierten Nutzerdaten.
Marketing und Vertrieb müssen an einem Strang ziehen
Abteilungsübergreifende Zusammenarbeit und regelmäßiger Austausch ist in jedem Unternehmen das A und O. Bei Sales und Marketing allerdings muss ein besonderes Augenmerk auf einen reibungslosen Ablauf gelegt werden, denn die Übergabe von Marketing an Sales entscheidet oft über den Verkaufserfolg.
Im Idealfall bereitet das Marketing den Lead so weit vor, dass die Sales Abteilung später nur noch die sehr kundenspezifischen Fragen klären muss. Ein guter Prozess erhöht die Verkaufschancen enorm. Deshalb müssen alle Kollegen und Mitarbeiter in diesen Prozess miteinbezogen werden.
Daher ist eine offene und stetige Kommunikation gefragt. Beim Lead Scoring müssen Sales und Marketing in regelmäßigen Abständen die eingehenden Leads und deren Aktivitäten überprüfen und auf Basis der Ergebnisse der Leads das Scoring kontinuierlich anpassen. Leadgenerierung ist das Kernthema beider Abteilungen.
OMT-Podcast mit Benjamin Gregor Zaczek, Mario Jung
Vertrieb 2.0 – 5 Tipps zur Leadgenerierung und Neukundenakquise – OMT-Podcast Folge #063
Sprich Deine Kollegen aus dem Vertrieb regelmäßig auf die Qualität der Leads an und sammle Feedback ein. Der Vertrieb ist die Schnittstelle zum Kunden und wenn eine Abteilung wirklich weiß, wie es um die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden steht, dann ist es diese.
Auch neue Marketingaktionen und vertriebsunterstützende Maßnahmen solltest Du bei Deinem Lead Scoring nicht vergessen. Die Marketingwelt ist schnelllebig und die Gefahr groß, dass neue Seiten oder Aktionen vergessen und nicht im Scoring berücksichtigt werden.
Den richtigen Schwellenwert für Dein Lead Scoring festlegen
Ein Schwellenwert für Dein Lead Scoring ist der Orientierungswert, den Du verwendest, damit ein Kontakt zu einem Marketing Qualified Lead konvertiert. Dabei ist es entscheidend, den richtigen Wert zu ermitteln. Ist der Wert zu niedrig angesetzt, werden Leads vorzeitig qualifiziert, ist der Wert zu hoch angesetzt, ist die Gefahr groß, dass der Lead zu lange nicht gesehen und richtig einsortiert wird und somit hat die Konkurrenz mehr Zeit, diesen Kunden mit Kaufabsicht für sich zu gewinnen.
Nehmen wir einmal den Schwellenwert von 100 Punkten als Beispiel, Dein Unternehmen ist ein Softwareunternehmen und Dein wichtigstes Ziel ist es, so viele Demoanfragen wie möglich zu generieren. So musst Du sicherstellen, dass relevante Handlungen für die Leadgenerierung, wie zum Beispiel das Ausfüllen einer Demoanfrage genügend Punkte zugewiesen bekommen.
Sobald Du den Schwellenwert festgelegt hast, kannst Du dein CRM-System so einrichten, dass Du oder die Sales Abteilung eine Benachrichtigung oder eine Aufgabe zugewiesen bekommen. Dieser Prozess lässt sich auch im nächsten Step auf das Lead Nurturing ausweiten. Jeder weitere Schritt kann mit einer Punktezahl versehen und dem Kontakt zugewiesen werden.
Implizite Scoringfaktoren
Implizite Scoringfaktoren beziehen sich auf Aspekte, die Du einem Lead auf Basis seines Verhaltens zuweisen möchtest.
Das können zum Beispiel folgende Punkte sein:
- Die Anmeldung zum Newsletter
- Das Ausfüllen eines Kontaktformulars
- Content Download
- Das Öffnen oder Anklicken einer E-Mail
- Interaktionen in den sozialen Netzwerken
- Website Besuche
Nehmen wir einmal an, jemand interessiert sich für eine Case Study Deines Unternehmens und lädt sie herunter. Das Herunterladen signalisiert Interesse am Unternehmen. Diese Aktivität wird im Lead Scoring als implizite Handlung verstanden. Demnach solltest Du hierfür eine bestimmte Anzahl an Punkten vergeben.
Wenn die Case Study sorgfältig recherchiert und aufbereitet ist und dem potenziellen Kunden einen großen Mehrwert bietet, dann bietet es sich an für diesen Inhalt mehr Punkte zu vergeben. Abhängig von Deiner Gesamtpunktezahl und von deinen übergeordneten Marketingzielen kannst Du hier einen prozentualen Anteil vergeben. Eine besonders hohe Punktzahl lässt auf eine besonders hohe Aktivität oder Interesse des Kunden schließen.
Solltest Du im Laufe der Kampagne merken, dass Du zu viele oder zu wenige Punkte vergeben hast, kannst Du das Scoring im Nachgang jederzeit anpassen. Diesen Prozess wiederholst Du für sämtliche Aktivitäten, die Dein Lead durchführen kann und weist ihnen einen Score zu. Ist die grundlegende Informationsbeschaffung einmal automatisiert, kannst Du Dich an das Lead Nurturing wagen und auch hier mit Automation punkten.
Explizite Scoringfaktoren
Bei expliziten Scoringfaktoren handelt es sich um Faktoren wie zum Beispiel demografische oder unternehmensspezifische Merkmale. Sie unterliegen einer gewissen Objektivität.
Explizite Faktoren können zum Beispiel sein:
- Anzahl der Mitarbeiter im Unternehmen
- Industrie
- Position im Unternehmen
- Unternehmensumsatz
- Geografische Lage
- Technologieeinsatz
- Internationale Ausrichtung
- Entscheidungslevel
Mit Hilfe dieser eindeutigen Faktoren kannst du Deine Leads bewerten. Ist Dein Wunschkunde zum Beispiel ein mittelständisches Softwarenunternehmen, dann ergibt es Sinn, Dein Targeting und dein Scoring entsprechend auszurichten. In dem Fall könntest du die Anzahl der Mitarbeiter, die Unternehmensgröße, den Jahresumsatz und das Entscheidungslevel in Dein Scoring miteinbeziehen. All das sind explizite Faktoren.
Oftmals stellt der Lead freiwillig Informationen zur Verfügung, die für das Lead Scoring relevant sein können, in dem er zum Beispiel ein Formular für Gated Content ausfüllt. Diese dienen dann auch als explizite Faktoren für das Scoring. Manchmal hilft aber auch eine einfache Google Recherche und das Durchforsten der Unternehmens-Website, um an die gewünschten Informationen zu gelangen. Wichtig bei Deinem Score ist die richtige Priorisierung der Aktivitäten.
Verhaltensbasiert vs. Profilbasiert
In manchen Fällen ist es auch ratsam, zwei Lead Scoring Modelle gleichzeitig zu entwickeln. Einmal eines, das sich auf das Verhalten des Kontaktes bezieht (Verhaltensbasiertes Lead-Scoring) und einmal eines, welches sich auf das Profil der Personen bezieht. Denn nicht jeder Kontakt Deines Wunschunternehmens ist auch ein Kontakt, der sich als nützlich für Dein Verkaufsziel erweist. In der Regel hast du bei der Erstellung der Personas bereits das Idealprofil Deines Kunden entwickelt und weißt, welche Eigenschaften der Kontakt haben sollte.
Dazu ein kurzes Beispiel: Stell Dir vor, Du hast zwei Leads aus derselben Branche. Einer davon ist Abteilungsleiter und Dein Wunschkontakt. Er hat auf der Website bislang eine Case Study heruntergeladen, aber sonst bisher keine weiteren Besuche auf Deiner Website getätigt.
Der zweite Kontakt ist ein noch recht junger Mitarbeiter mit einer Junior-Position. Der zweite Kontakt verfügt noch über keine Entscheidungsbefugnis und klickt trotzdem interessiert auf der Website. Er hat mehrere Inhalte heruntergeladen, darunter eine Case Study, ein Whitepaper und öffnet jede Marketing-E-Mail. Dennoch ist er für den Verkaufsprozess nicht relevant. Daher bietet es sich an, in bestimmten Fällen zwei differenzierte Scoring Modelle zu verwenden.
Negatives Scoring
Es gibt auch Fälle, in denen ein negatives Scoring für Deinen Qualifizierungsprozess nützlich sein kann. Das bedeutet in diesem Fall, dem Kontakt Punkte abzuziehen, wenn er bestimmte Handlungen durchführt und somit signalisiert, dass die Kaufbereitschaft eher gering oder nicht vorhanden ist.
Angenommen der Kontakt ist bereits in Deiner Datenbank hinterlegt und somit bekannt. Weiter angenommen der Kontakt browst mehrfach auf Deiner Website, allerdings nicht wie gewünscht auf Deiner Produktseite oder auf der Seite mit dem Kontaktformular, sondern auf der Karriereseite des Unternehmens. Dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Person eher auf Jobsuche ist, als dass sie Interesse an Deinem Produkt hat. Sie signalisiert also keine Kaufabsicht. Demnach bietet es sich hier an, dem Kontakt einen negativen Punktewert zuzuweisen, da er für Deine Marketing- und Vertriebsaktivitäten nicht relevant zu sein scheint.
Ein weiteres Beispiel wäre die Abmeldung von Deinem Newsletter oder die Verwendung von Free-Mail Adressen. Wenn Du Dich dazu entscheidest, Free-Mail Adressen in Deinen Kontaktformularen zuzulassen und nicht automatisch systemseitig auszuschließen, kannst Du Dir überlegen, auch hierfür einen negativen Wert zu vergeben. Manche Marketer argumentieren, dass es Menschen gibt, die sich erstmal inkognito informieren wollen und daher bewusst auf die Verwendung der Unternehmens-E-Mail verzichten, andere wiederum erachten die privaten E-Mail-Adressen als Spam.
Downgrading – Wenn der Kontakt inaktiv ist
In dieselbe Richtung geht der Gedanke des Downgradings eines Kontaktes. Hat der Kontakt über mehrere Wochen oder Monate keine Deiner E-Mails geöffnet – aber vorher Content heruntergeladen – war aber sonst nie auf der Website aktiv, so kannst Du den Kontakt herunterstufen und in Deinem CRM entsprechend hinterlegen. Hier kannst Du dann Deine Kommunikationsstrategie anpassen oder Dir überlegen, den Kontakt aus Deiner Datenbank zu entfernen.
Entscheidest Du Dich dafür, Deine Kommunikationsstrategie anzupassen, eignet sich eine „Engagement Kampagne“ dafür besonders gut. Diese Kampagnen zeichnen sich durch einen Aufruf zu einer Handlung aus. Vielleicht möchtest Du den Kontakt ja zu einem Event oder einem Webinar einladen? Rührt der Kontakt sich auch nach diesem erneuten Versuch der Kontaktaufnahme noch immer nicht, bleibt nur noch das Löschen als letzter Ausweg.
Karteileichen helfen Dir nicht weiter und blähen Deine Datenbank nur unnötig auf.
Regelmäßiges Feintuning
Das Scoring Modell muss in regelmäßigen Abständen aktualisiert und an die Situation angepasst werden. Wenn beispielsweise viele Leads qualifiziert werden, aber nur wenige bei Sales konvertieren, dann ist das ein Indikator für einen zu niedrig angesetzten Schwellenwert.
Wichtig ist außerdem, dass das Lead Scoring nicht zu granular und somit zu restriktiv aufgesetzt wird, denn das kann dafür sorgen, dass interessante Kontakte den Schwellenwert nicht erreichen und somit übersehen werden.
Im Idealfall setzen sich Sales und Marketing monatlich für eine kurze Session zusammen und gehen die einlaufenden Leads und das Scoring Modell zusammen durch und optimieren anhand der Wunschkontakte und der Erfahrungswerte.
Checkliste – die wichtigsten Punkte nochmal zusammengefasst:
- Lege den richtigen Schwellenwert für Dein Scoringsystem fest
- Überlege Dir, welche expliziten Faktoren Du in Dein Scoring mit einbeziehen kannst – das ist je nach Branche unterschiedlich
- Berücksichtige die impliziten Bewertungskriterien
- Verhaltensbasiert vs. Profilbasiert – eine kritische Unterscheidung hilft Deinem Scoringsystem
- Lege auch ein negatives Scoring fest für irrelevante Aktivitäten
- Downgrading für inaktive Kontakte – vermeide Karteileichen
- Enge Abstimmung zwischen Marketing und Sales als A und O
- Regelmäßiges Feintuning und Plausibilitätskontrolle des Scoring Modells
Fazit
Ein Lead Scoring System kann für ein Unternehmen einen großen Hebel bedeuten. Es spart manuelle Arbeit und viel Zeit bei der Bewertung der einlaufenden Leads. Lead Scoring Systeme sind so individuell wie die Unternehmen selbst. Es gibt keine Schablone und auch nach der initialen Erstellung benötigt das Scoring immer wieder ein kritisches Auge, ein gesundes Bauchgefühl und regelmäßige Kontrolle.
Mit den Möglichkeiten der Verarbeitung von personenbezogenen Daten steht Marketingexperten die Möglichkeit offen, ein detailgetreues Kundenprofil zu erstellen und so gezielt auf die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden einzugehen. Das Scoring Modell ist so viel präziser als vergleichbare Bewertungssysteme.
Aber auch ein wenig Geduld ist gefragt: Denn ein gutes Scoring Modell lebt auch von der richtigen Datenmenge.
Wer sein Lead Scoring sorgfältig plant, kann seine Marketingaktivitäten damit bereichern, somit für hoch qualifizierte Leads sorgen und den Neukundengewinnungsprozess effizient und erfolgreich gestalten.
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