Warum Marketing Automation kein IT-Projekt sein sollte
Wenn Du als CMO vor der Entscheidung stehst, ein Marketing-Automation-Tool einzuführen, wirkt dieses Projekt zunächst wie ein riesiger grauer Elefant, der sich aus der IT-Systemlandschaft Deines Unternehmens erhebt.
In diesem Artikel erfährst Du, warum die Einführung einer Marketing Automation kein IT-Projekt sein sollte. Du bekommst konkrete Tipps für die Implementierung einer Marketing-Automation-Lösung. Und Du erhältst Hilfestellung dabei, die IT zu Deinem Verbündeten zu machen.
Eine Geschichte über Marketing, IT und der Elefant im Raum
Als ich vor vielen Jahren meine erste Marketing Automation in einem Unternehmen einführen wollte, hagelte es von allen Seiten Einwände. “Unser CRM lässt keine Daten raus”, “Das auf der Webseite zu integrieren, bedeutet Entwicklungsaufwand”, “Denkt denn hier keiner an den Datenschutz?”
Die IT hatte alle Hände voll damit, das Legacy CRM am Laufen zu halten, im Vertrieb war man an die Arbeit mit Excellisten gewöhnt und E-Mails waren ohnehin eine billige Alternative zur Postwurfsendung. Neue Marketing-Software bedeutete viel Arbeit für Unternehmensbereiche, die den direkten Mehrwert nicht sahen. Aus einer schnellen Implementierung wurde ein riesiger Elefant.
Trotzdem haben wir es geschafft. Wir haben unser Mindset verändert und den Elefant verspeist. Stück für Stück. Lass mich Dir erklären, wie das gelungen ist und welche Erkenntnisse ich daraus mitgenommen habe.
Marketing/IT: Fight!
Wer an Marketing Automation denkt, der denkt an Daten, an unbegrenzte Möglichkeiten, die letzte Information aus dem CRM herauszuholen, Webanalytics zu verbinden und ROAS perfekt zu optimieren.
Aber mit den Daten kommen die Datenbanken, unterschiedliche Systeme, Schnittstellen und Data Governance-Themen und im Handumdrehen wird aus der Idee, besser an die Customer Journey angepasste E-Mails zu versenden, ein gigantisches IT-Projekt.
Dazu kommt, dass man als CMO selten ein Top-IT-Experte oder eine Expertin ist. Klar, zu diesem Job gehört im 21. Jahrhundert auch Technikwissen, aber Marketingspezialist:innen sind keine Entwickler:innen oder Systemarchitekt:innen. Wen als Marketing-Entscheider:in ein umfangreiches IT-Projekt nicht verunsichert, der lügt.
Verunsicherung und Debatten mit diversen Stakeholdern im Unternehmen führen dann dazu, dass das Marketing-Automatisierungsprojekt immer umfangreicher und unüberwindbarer erscheint. Der Elefant wächst und wächst. Entscheidungen verzögern sich, Budgets eskalieren, Gründe, die dagegen sprechen, nehmen zu. Nicht selten bleibt man dann halt bei dem, was man hat und träumt von einer datengetriebenen Zukunft.
Marketing Automation ist SaaS
Zum besseren Verständnis, von welcher Art Software man in der Regel spricht, wenn man über Marketing Automation redet, hier ein paar Worte zum Thema SaaS: Software as a Service.
Marketing-Automation-Tools wie Hubspot oder Salesforce Marketing Cloud Account Engagement (formerly known as Pardot) sind cloudbasierte Anwendungen, für die man keine extra Programme auf eigenen Servern oder Clients installieren muss. Sobald man den Vertrag unterschrieben hat, stehen die Funktionalitäten zur Verfügung.
In der Regel besteht der Set-up-Aufwand für ein solches Tool aus wenigen Schritten. Einrichten von Accounts, anlegen einer Senderdomain und Angaben zum Impressum gehören beispielsweise dazu. Dieses Set-up ist schnell erledigt und bedarf nur wenig spezialisierten Wissens vonseiten der IT.
Das bedeutet auch, dass Marketing Automation-Features sehr schnell verfügbar sind und out-of-the-box eingesetzt werden könnten. Dazu gehören Funktionen wie Formulare zum Sammeln von Daten, automatisierte E-Mail-Versandprogramme oder E-Mail-Templates.
Das Problem: Schnittstellen
Die umfangreichen Projektteile bei der Einführung einer Marketing Automation entstehen beim Thema Schnittstellen. Naheliegende Schnittstellen zum eigenen CRM sind zum Beispiel Google Analytics oder Google Ads, aber darüber hinaus auch Schnittstellen, die zu weiteren Systemen wie einer Buchhaltungssoftware oder Helpdesk-Anwendungen führen.
Datenintegration kann schnell ein umfangreiches und komplexes Thema werden und muss gut überlegt und geplant sein. Hier ist es richtig, wenn die IT vor hohen Aufwänden mahnt.
Allerdings lässt sich eine Marketing Automation auch so einführen, dass man die SaaS-Features bereits in den Einsatz bringt und damit Ergebnisse erzielt, bevor man schrittweise weitere Datenbanken integriert. Das hat den Vorteil, dass bereits erste Marketingziele erreicht werden können, während man dann die umfangreichen Integrationsprojekte realisiert.
Marketingziele first
Das Wichtigste bei der Einführung jeder Software ist es, sich klar über die damit verfolgten Ziele zu sein.
“Führe nicht Software ein, weil sie viele tolle Funktionen beinhaltet, führe sie ein, weil sie Dir dabei hilft, Deine Ziele zu erreichen.”
Wenn Du Dir über Deine Ziele klar bist, schaue Dir an, welche Funktionen einer Marketing-Automation-Lösung Dir konkret dabei helfen werden, diese zu erreichen. Schau Dir dabei auch genau an, welche Daten, Schnittstellen und Implementierungen diese Funktionen benötigen.
Mit Sicherheit wirst Du dann eine Liste von Features haben, die Dich Deinen Zielen näher bringen, die aber keinen oder wenig Aufwand für Deine IT bedeuten. Ein Beispiel dafür ist das Sammeln von Leads über ein Webformular und danach die automatisierte Ansprache per E-Mail.
Lean Marketing Automation
Lean steht für schlanke Produktion, verschwendungsfrei, mit kurzen Entwicklungszeiten. Agil ist die Managementmethode, mit der umfangreiche IT-Projekte zum Erfolg geführt werden können. MVP ist das Minimum Viable Product, also ein Produkt, das zum Start Mindestanforderungen erfüllt, um am Markt bestehen zu können – und sich damit besonders schnell umsetzen lässt.
Du kannst diese Methoden auch auf Dein Marketing-Automation-Projekt anwenden. Definiere ein MVP und beginne damit, dieses agil umzusetzen. Schritt für Schritt, mit klar definierten Zielen.
Ein schöner Nebeneffekt aus der Beschäftigung mit agilem Projektmanagement: Sie wird Dir dabei helfen, mit den IT-Leuten besser zu kommunizieren.
5 Tipps, wie Du eine Marketing Automation leicht einführen kannst
1. Überlege Dir, mit welchem Use Case Du beginnen willst
Oft wird Software auf Basis möglichst vieler Features eingekauft. Das Gefühl, mehr für das Geld zu bekommen, gewinnt manchmal Kaufentscheidungen. Dabei zeigt sich, dass ein Unternehmen häufig gar nicht alle Features für die eigene Marketing-Strategie benötigt.
Ich habe daher bei meinen Entscheidungen immer zuerst geschaut, welchen Use Case ich als erstes automatisieren möchte und welche Funktionen dafür zur Verfügung stehen.
Beispiele für schnell umsetzbare Use Cases sind die Gewinnung neuer Leads über Formulare mit der automatischen Ausspielung von Content oder die Automatisierung von Terminfindungsprozessen.
Wenn man sich dann zu Beginn auf diese konzentriert und sie systematisch umsetzt, lernt man viel über die Funktionsweise des neuen Marketing Automation Tools, ohne von der Vielfalt an Möglichkeiten überwältigt zu werden. Außerdem kommt man so sehr schnell zu ersten Ergebnissen.
2. Suche Dir einen guten Implementierungspartner
Eine weitere Komponente für den Erfolg ist die Wahl des richtigen Implementierungspartners. Die Erfahrung eines Profis reduziert die Zeit bis zur ersten Nutzung Deiner Marketing-Automation-Lösung.
Wichtig ist, dass Du Dir einen Partner aussuchst, der nicht nur die Technik implementieren kann, sondern auch als Berater:in fungiert. Ein:e Berater:in versteht Dein Geschäftsmodell und ist in der Lage, die Marketing-Automation-Technik darauf anzupassen und Dir Tipps zu geben, wie Du sie für Dein Business am besten nutzen kannst.
Ich habe mir in einem Projekt sogar die Mühe gemacht, mehrere Implementierungspartner von meiner Shortlist ins Unternehmen einzuladen, präsentieren zu lassen und damit besser kennenzulernen. So war ich in der Lage, das richtige Unternehmen für eine langfristige Partnerschaft zu finden.
Wenn alles passt und der Partner Erfahrung hat, kannst Du in der Regel schon nach 4 bis 8 Wochen voll einsatzbereit sein.
3. Lean Dataset
Daten sind das neue Öl. Je mehr, desto besser. Aber was nutzt Dir das ganze Öl, wenn es tief unter der Erde liegt? Das Gleiche gilt für die Daten in Deinem Unternehmen. Natürlich ist es die ultimative Vision, alle verfügbaren Daten über Deine Kunden zu nutzen, um sie perfekt ansprechen zu können. Das ist allerdings oft aufwendig und erfordert verhältnismäßig hohen Entwicklungsaufwand.
Bevor Du das große Integrationsrad mit Deinem CRM drehst, überlege Dir, ob diese im ersten Schritt notwendig ist, oder ob ein temporärer Workaround Dich erst einmal einen Schritt in die richtige Richtung bringt.
Ganz ohne Daten geht es natürlich auch nicht. Hier kommt das Lean Dataset ins Spiel. Identifiziere, welche Daten aus anderen Systemen Du auf jeden Fall benötigst und welche erst einmal zweitrangig sind, um erste Ziele zu erreichen. Überlege Dir für dieses Dataset dann, wie der Datenaustausch zwischen den Quellsystemen und der Marketing-Automation-Lösung vonstattengehen soll und fokussiere Dich bei der Integration erst einmal nur auf diese Daten.
Alle anderen Datenquellen kannst Du danach schrittweise einbeziehen und so Dein Marketing immer präziser machen, während Du schon von Anfang an viele nützliche neue Funktionen benutzen – und damit Umsatz generieren kannst!
4. Denke in Prozessen
Erfolgreiche Marketing-Automation erfordert das Umsetzen von Prozessen. Das bedeutet, dass Du in der Lage sein musst, Muster zu erkennen und Abläufe zu definieren. Diese Art zu denken und zu strukturieren fällt einem im kreativen Chaos des Marketing-Alltags oft schwer und ist, meiner Erfahrung nach, selten Teil des Skillsets von Fachleuten in diesem Bereich.
Wer darin allerdings meistens gut ist, sind die IT-Fachkräfte. Hier kannst Du Dir Hilfe holen und gemeinsam mit der IT überlegen, welche Marketingziele mit welchen Prozessen automatisiert erreicht werden können.
Auch ein:e Implementierungsberater:in kann Dir dabei helfen, Dein kreatives Chaos zu ordnen, in Prozesse zu überführen und so letztlich in der Marketing-Automation-Software umzusetzen.
Es geht hier zu weit, ausführlich über Prozessdesign zu sprechen, aber ein wesentlicher Punkt, der mir immer wieder unterkam und der immer wieder ein Umdenken erforderlich macht, sind Ausnahmen von der Regel. Immer dann also, wenn es Abweichungen von einem definierten Standard gibt, wird es kompliziert.
Ein einfaches Beispiel: Du sprichst alle Deine Kunden mit “Du” an, bis auf einen, der darauf Wert legt und bisher habt ihr einfach die Kommunikation für diesen manuell angepasst.
Eine Faustregel ist: versuche nicht, zu viele Ausnahmen in einen einzigen Prozess zu packen. Überlege dann lieber, ob es parallele Prozesse gibt und auf welcher Basis entschieden wird, wann welcher Prozess zum Tragen kommt.
In Prozessen zu denken, wird Dir dabei helfen, repetitive und datenbasierte Aufgaben zu identifizieren und zukünftig automatisiert zu erledigen. Außerdem ist es ein guter Moment für die Selbstreflektion.
5. Poweruser:innen gegen Unmut für Veränderungen
“Bei aller Automation: Am Ende stehen hinter so einem Projekt immer auch Menschen und Menschen reagieren unterschiedlich auf Veränderung.”
Vergiss nie den “human factor”. Mitarbeitende sind Veränderungen gegenüber unterschiedlich eingestellt. Bei der Einführung einer neuen Software reden wir immer auch über Change Management. Interne Widerstände können nicht unerheblich sein.
Die meisten Marketing-Automation-Lösungen sind so ausgelegt, dass ein gut trainiertes Marketing-Team damit alles umsetzen kann, ohne auf externe Hilfe zurückgreifen zu müssen. Je nach Wissensstand und Größe Deines Teams bedeutet das aber auch, dass dieses Know-how irgendwie ins Unternehmen muss.
Gerade dieser Trainings-Aspekt schreckt häufig ab. Mitarbeitende in Schulungen fehlen an anderer Stelle. Deine ganze Marketing-Crew wochenlang in Workshops zu stecken, wirst Du Dir vermutlich nicht leisten können.
Mein Rezept dagegen war das Identifizieren von Power User:innen: Mitarbeiter:innen, deren Affinität zur neuen Technologie hoch ist und denen Zeit eingeräumt werden kann, den Umgang mit dem neuen System zu lernen. Anstelle also alle zu schulen, habe ich begeisterte Mitstreiter:innen in die Workshops geschickt, um das Wissen für unser Unternehmen zu tanken.
Diese wurden so zu Power User:innen, die in den ersten Phasen der Einführung die Aufgaben der Umsetzung übernahmen und so beim Machen schrittweise zu Experten und Expertinnen wurden. Im Nachgang konnten diese mit ersten Praxiserfahrungen die anderen Teammitglieder ganz individuell abholen und in gewohnter Umgebung nebenbei onboarden.
So machst Du die IT zu Deinem Verbündeten
Bei aller Lean-Methodik und Fokussierung auf die Marketingziele solltest Du dennoch nicht vergessen, die IT mit an Bord zu holen. Verstehe mich nicht falsch: Marketing Automation ist Software und wenn ich sage, es sollte kein IT-Projekt sein, dann meine ich die Herangehensweise. Mache nicht den Fehler und ignoriere Deine IT-Abteilung.
- Nimm die IT von Anfang an mit in das Projekt. Informiere klar über die Ziele und mache Deinen Auswahlprozess transparent. Kläre Bedingungen und Konventionen zum Softwareeinkauf im Vorfeld ab. Frage um Rat und diskutiere mit den IT-Entscheidern.
- Skizziere den Projektablauf zusammen mit der IT. Arbeite genau aus, in welcher Projektphase die IT in welchem Bereich unterstützen muss. Vor allem dann, wenn Du Lean und ohne viel IT-Aufwand einsteigst, solltest Du nicht verschweigen, dass zukünftige Integrationen gewünscht sind, die dann mehr Entwicklungsaufwand bedeuten.
- Kläre Zuständigkeiten. Einer IT-Abteilung ist es häufig sehr wichtig zu definieren, wer für den Support zuständig ist. Wenn diesen Dein Team übernimmt, dann müssen entsprechende Prozesse auch im Help-Desk geschaffen werden. Je klarer hier die Meldewege und Service Levels abgestimmt sind, desto besser.
- Nimm Datensicherheit ernst. Du kannst Dir nicht vorstellen, über welche Vektoren Cyberkriminelle Zugänge zu Systemen bekommen und Deine IT hat von dieser Materie viel mehr Ahnung als Du. Falls es zu Risikoabwägungen kommt, ist Deine Geschäftsleitung dafür verantwortlich, eine Entscheidung zu treffen.
- Informiere die IT regelmäßig über Veränderungen. Am besten in einem Jour Fix mit einem vernünftigen Intervall. Auch kleine Dinge wie Änderungen an Feldnamen oder auf Daten basierende Automationen können große Rückkopplungen im Unternehmen haben. Der beste Weg, um diese unter Kontrolle zu halten, ist ein reger Informationsaustausch.
Meiner Erfahrung nach ist eine gut informierte und ernst genommene IT-Abteilung ein starker Verbündeter bei der Einführung einer Marketing-Automationslösung. Als Partner könnt ihr so gemeinsam zum Erreichen von Unternehmenszielen beitragen.
Fazit
Ein kleiner Perspektivwechsel im Mindset, eine gute Vorbereitung, klare Ziele und ein bisschen Verständnis für die IT sind eigentlich alles, was Du für die erfolgreiche und einfache Einführung einer Marketing-Automation-Lösung in Deinem Unternehmen benötigst. Viel Erfolg.
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