Wir haben nichts aus 2014 gelernt. Kannst Du Dich erinnern? Die Linkbuilding-Szene erlebte ihre Blütezeit: Linkmarktplätze, Excellisten, Linkbuilding-Agenturen. Jeder wollte Backlinks (ver-)kaufen und im Grunde gab es nur sehr wenige Agenturen, die sich das lukrative Geschäft entgehen lassen wollten.
Doch dann macht es Boom und Google griff durch: Diverse Linkmarktplätze wurden abgestraft und Agenturen zogen sich reihenweise aus dem Geschäft zurück. Vorsicht war geboten, denn zu groß war die Angst vor dem berüchtigten Penguin Update.
Fast ein Jahrzehnt später scheint nicht mehr viel von der Furcht gegenüber Google übrig zu sein. Backlinks werden offen in Facebook-Gruppen angeboten, Linklisten mit über 10.000 Publishern via E-Mail versendet und Linkmarktplätze erleben eine Renaissance. Die Nachfrage nach Backlinks ist so groß, dass es Marktplätze mit mehr als 100 Mitarbeitern gibt – Wahnsinn!
Es herrscht weiterhin Goldgräberstimmung. Solange die Links günstig sind und ein hohes Domain Rating aufweisen, werden sie gekauft. Verpufft sind die Erinnerungen an 2014. Ausgeblendet werden mögliche Abstrafungen. Es wirkt so, als würde Google als unsichtbarer Schiedsrichter über den Platz schlurfen und wir Feldspieler sind vollkommen unbeeindruckt von seiner Präsenz. Ein Spiel ohne rote Karten. Ein Spiel ohne Regeln. Ein Spiel ohne Verlierer.
Ich behaupte, dass Google die Show genießt und sich köstlich darüber amüsiert, wie finanzielle Ressourcen in den Aufbau von minderwertigen Backlinks fließen und in ihrer angedachten Wirkung einfach verpuffen.
199 Linkverkaufsseiten und eine Idee: Bringen die Links etwas?
Vor einigen Wochen schickte mir ein Kollege eine Excelliste mit 199 Domains aus einem Private Blog Network (PBN). Ich sollte die Seiten mit diversen Tools bewerten und meine persönliche Einschätzung abgeben. Wozu der ganze Aufwand? Er war auf der Suche nach einer Antwort zur folgenden Frage: Bringen Backlinks aus PBNs etwas? Bringen minderwertige Linkquellen etwas?
Ein Private Blog Network zeichnet sich durch zwei Dinge aus: Zum einen ist das Netzwerk als solches nicht erkennbar und zum anderen wird es zum Pushen eigener Projekte genutzt.
Beide Eigenschaften konnten dem PBN nicht zugeschrieben werden. Es ist alles andere als „private“, denn in der Szene waren alle Seiten aus dem Netzwerk mehr oder weniger bekannt. Public Blog Network wäre hier wohl die passendere Beschreibung. Weiterhin werden im mir vorliegenden PBN zwischen 75 und 150 Links pro Monat für einen schmalen Taler an Dritte verkauft. Perfekte Voraussetzungen, sich alles etwas genauer anzuschauen und der Frage nachzugehen, ob Backlinks heute noch etwas bringen.
Das Linknetzwerk bewerten – wie Du unter Berücksichtigung des DRs eine falsche Entscheidung triffst
In einem Workshop zum Thema Linkbuilding habe ich die Teilnehmer gefragt, wie sie Linkquellen bewerten. Die Antworten haben mich wenig überrascht. Es wurden Metriken wie der LRT Trust, das Domain Rating von Ahrefs, der Trustflow von Majestic und verschiedene Sichtbarkeitsmetriken genannt. Niemand, wirklich niemand hat den organischen Traffic als KPI angeführt.
Das ist leider gängige Praxis in der Linkbuildingszene. Verkäufer von Backlinks stützen sich bei der Preisfindung oftmals auf den DR und hübschen mithilfe dieser Metrik die Domain auf. Ein hohes Domain Rating attestiert den Linkquellen eine hohe Qualität und die potenziellen Käufer des Backlinks fallen darauf rein.
In Wahrheit wird das Domain Rating nur aus einem einzigen Grund herangezogen: Es lässt sich sehr leicht manipulieren. Unabhängig von den Besuchern, dem Design und der Aktualität der Website wird das DR durch viele eingehende Links mit hohem Domain Rating zugunsten der Linkverkäufer manipuliert.
Das von mir untersuchte PBN besteht aus Expired Domains, die mit einem lieblosen Design und weiteren lieblosen Inhalten wieder zum Leben erweckt wurden. Der Linkkäufer schaut auf den günstigen Preis und auf den hohen DR und kommt zwangsläufig zum Entschluss: Ich möchte einen Link kaufen.
Das Domain Rating kann zur Beurteilung des Linkprofils einer Seite herangezogen werden. Generell sollten in den Entscheidungsfindungsprozess für oder gegen einen Backlink verschiedene Metriken einfließen. Leider sind dafür zahlreiche Tool-Zugänge notwendig. Das belastet nicht nur den eigenen Geldbeutel, sondern setzt auch umfangreiches Wissen zu den Metriken voraus.
Wegen der Eindimensionalität der gängigen Metriken setze ich stattdessen auf das Rating von Linkalyse.com. Das Tool berücksichtigt pro Metrik mehr als zwanzig Faktoren mit unterschiedlicher Gewichtung. Entwickelt von Linkbuildern für Linkbuilder.
Die Linkalyse-Metriken kurz und prägnant erklärt:P[AI]R – Publisher Artificial Intelligence Rating:
Diverse Linkbuilder mit mehr als fünf Jahren Erfahrung haben über 10.000 Webseiten unabhängig voneinander händisch bewertet. Auf Grundlage dieser Einschätzungen wurde der Algorithmus hinter der Metrik angelernt. Die künstliche Intelligenz ist in der Lage, jede Linkquelle zuverlässig zu bewerten.
P[EX]R – Publisher Experience Rating:
Der Algorithmus versucht einen Inhouse Linkbuilder zu imitieren. Weshalb die Metrik zum Beispiel auf eine Bad Neighborhood besonders sensibel reagiert. Schließlich möchtest Du als Verantwortlicher im Bereich Offpage keine Risiken eingehen.
P[Q1]R – Publisher Quality Rating:
Traffic als Indikator für Qualität. Diesen Gedanken folgt die Metrik. Die Anzahl der organischen Besucher wird im Algorithmus besonders stark gewichtet.
P[Q2]R – Publisher Quantity Rating:
Die Metrik analysiert das Linkprofil der Website. Domains mit starken eingehenden Links erhalten ein hohes Rating. Insgesamt werden im Algorithmus über 20 Faktoren berücksichtigt.
P[TO]R – Publisher Total Rating:
Die Metrik bildet den Durchschnitt über die vier beschriebenen Metriken und vereint somit alle Vorteile. Das P[TO]R ist für einen schnellen Überblick geeignet.
Wie schlägt sich das PBN unter Hinzunahme weiterer Metriken. Das Bild wird für mich klarer und für den Käufer von Backlinks aus dem Netzwerk allmählich düster. Nur wenige Seiten schaffen den Sprung über die Marke von 20. [Siehe Abbildung 3]. Alarmierend.
Bereits bei der algorithmischen Bewertung des Private Blog Networks sind in Abhängigkeit von den eingesetzten Tools deutliche Unterschiede erkennbar. Ein Grund mehr, sich nicht nur auf eine Metrik zu verlassen.Wie gut sind publizierte Linkbuilding-Artikel?
10 Jahre im Geschäft und es hat sich einfach nichts geändert.
Metriken sind Zahlen und diese können sich nicht nur irren, sondern auch falsch interpretiert werden. Wie wirken sich Backlinks aus dem PBN auf die Rankings aus. Dafür wurden zwanzig Linkbuilding-Artikel aus dem Netzwerk identifiziert und etwas genauer unter die Lupe genommen.
Zunächst habe ich mir die Rankings und Trafficdaten der veröffentlichten Linkbuildingartikel im PBN angeschaut [Siehe Abbildung 4]. Die Ergebnisse haben mich nicht wirklich überrascht, denn Linkbuilding-Artikel generieren in der Regel keinen bis nur sehr wenig Traffic. Das liegt weniger am Medium, wo der Artikel veröffentlicht wird, sondern an der Qualität der Artikel.
Bis heute haben die Käufer von Links eine Sache nicht verstanden: Google ist in der Lage, den Content nach den eigenen Qualitätsmaßstäben zu bewerten. Ein Artikel mit 500 Wörtern, keinen Zwischenüberschriften und einem Bild wird weder Google noch dem potenziellen Leser gerecht.
Es werden Unsummen an Budget für den Kauf von Backlinks bereitgestellt. Beim Content wird allerdings gespart. Dabei sind die veröffentlichten Inhalte das entscheidende Kriterium. Alle reden immer von Mehrwert und Content ist King. Was das wirklich bedeutet, haben die wenigsten verstanden.
Die Qualität der Linkbuildingartikel war durch die Bank weg so schlecht, dass selbst unerfahrene Linkbuilder diese als gekaufte Inhalte identifizieren hätten können. Google wird das ebenfalls erkennen. Daran habe ich keinen Zweifel.
Haben sich die Rankings der Linkziele verbessert?
Wir nähern uns der finalen Frage: Wirken sich die Backlinks tatsächlich positiv auf das Ranking der Kunden aus und was für Unternehmen buchen solch minderwertige Backlinks?
Ich arbeite jetzt seit mehr als zehn Jahren im Linkbuilding. Die Analyse des PBNs macht mich nachdenklich. Backlinks werden unreflektiert gekauft. Eigentlich möchte ich nur noch meine Hände über den Kopf zusammenschlagen. Auch ohne teure SEO-Tools lässt sich durch eine Sichtprobe der einzelnen Seiten erkennen, dass die Qualität des Netzwerks nicht besonders hoch ist.
Dennoch buchen vorrangig Onlineshops und Nischenseiten die günstigen Backlinks. Geblendet vom Domain Rating. Geblendet von der eigenen Gier. Immer in der Hoffnung, durch bessere Rankings mehr Geld zu verdienen. In Teilen kann ich das sogar nachvollziehen. Die Herangehensweise bleibt dennoch falsch.
Im Durchschnitt hatten die verlinkten Domains 16,5 Backlinks, erzielten damit 112 Rankings in den Google SERPs und zogen darüber rund 64 Besucher im Monat [Siehe Abbildung 5].
Als Linkbuilder könnte ich an dieser Stelle Schluss machen und meinen Kunden erzählen, dass selbst Links aus PBNs etwas bringen und baue im Durchschnitt mehr als fünfzehn Links auf und verbessere damit Deine Rankings. Eine im ersten Moment in sich schlüssige Argumentation. Die Kunden glauben so etwas. Das macht mich persönlich traurig und ein Stück weit betroffen.
In der Einleitung zu diesem Artikel habe ich davon geschrieben, dass es manchmal so scheint, als gäbe es keinen Schiedsrichter. Es gibt aber vor allen Dingen keinen Trainer. Gemeint ist die Weiterbildung einer gesamten Branche. Im Linkbuilding schaut niemand so genau hin. Die Szene professionalisiert sich nur sehr langsam, was ihr einen schlechten Ruf einbringt. De facto handelt es sich bei den Ergebnissen aus der Untersuchung nämlich nur um die eine Hälfte der Wahrheit.
Ganz genau hinschauen!
Im letzten und wahrscheinlich wichtigsten Schritt habe ich mir alle Linkziele mit nur einem Backlink genauer angeschaut. Ich möchte prüfen, ob der aufgebaute Link aus dem PBN einen Einfluss auf den Kundenlink hat. Was glaubst Du? An dieser Stelle kann ich schonmal soviel verraten: Google hat mich nicht enttäuscht.
Die gesetzten Backlinks haben die Linkziele weder positiv noch negativ beeinflusst. In den zwei aufgeführten Beispielen [Siehe Abbildung 6 &7] waren bereits vor der Platzierung des Backlinks Keywordrankings vorhanden. Anschließend bewegen sich alle Charts seitwärts. Daraus lässt sich die Vorgehensweise der Linkbuilder gut ableiten.
Die Verantwortlichen haben mithilfe der eingesetzten SEO-Tools bemerkt, dass eine Unterseite die ersten Keywordrankings erhält. Damit sich die Rankings verbessern, wurden die ersten Backlinks eingekauft. Getan hat sich danach allerdings nichts. Die Besucherzahlen sind zum Teil sogar rückläufig.
Fazit – 0815 Links kannst Du Dir sparen
Auch wenn Backlinks zu den wichtigsten Rankingfaktoren zählen, gehört dazu schon mehr als ein schlechter Linkbuildingartikel aus einem mittelklassigen PBN. Google hat zwar keine der betrachteten Kundenseiten abgestraft, dennoch liegt eine Vermutung sehr nahe: Der Suchmaschinenriese wertet die Backlinks nicht.
Während die Mitbewerber fleißig minderwertige Backlinks aufbauen, solltest Du in wirklich gute Inhalte investieren. Eine Tatsache, die oftmals unter den Teppich gekehrt wird. Viele wissen nicht, ob sich eventuell der Aufbau von lesenswerten Content-Pieces mehr lohnt als ein Invest in Backlinks.
Es wäre auch nicht richtig, dem Linkaufbau seine Daseinsberechtigung abzusprechen. Dafür kenne ich persönlich zu viele Beispiele, wo es exzellent funktioniert. Wo sich die Rankings nach dem Erhalt von starken Backlinks deutlich verbessert haben. Hier wurde Linkbuilding aber nie als dominierende Disziplin verstanden, sondern immer als Teil einer ganzheitlichen Strategie eingesetzt.
Die Untersuchung hat sich für mich als Linkbuilder gelohnt. Auch ich sehe gewisse Dinge jetzt differenzierter. Wenn ich Dir zum Ende des Artikels noch einige Tipps mit auf den Weg geben darf, dann schaue beim Aufbau von Links etwas genauer hin. Metriken wie das DR oder der TF eignen sich nur bedingt zur Beurteilung von Linkquellen.
Erst durch den Einsatz verschiedener Metriken komplettiert sich das Bild und Du kannst eine valide Aussage zum Backlink abgeben. Verstehe jeden aufgebauten Link als Asset Deines Unternehmens. Investiere in den Content und tracke die Rankings des publizierten Artikels. Gegebenenfalls musst Du die Inhalte optimieren.
Lasse Dich nicht von günstigen Preisen täuschen. In Wahrheit sind günstige Preise auch ein Indiz für Linkschleudern. Selbst wenn der Link Dir kurzfristig etwas bringt, so wird er langfristig an Bedeutung verlieren. Dein Geld kannst Du mit Sicherheit besser investieren.
Google ist deutlich weiter, als sich einige Linkverkäufer eingestehen wollen. Linkaufbau funktioniert – allerdings nur, wenn er so natürlich wie möglich erfolgt.
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