Schon lange sind Buzzwords rund um Marketing Analytics und datengetriebenes Marketing in aller Munde. Managern ist die Bedeutung von Daten im Marketing bewusst, was sich auch darin ausdrückt, dass immer mehr Tools in diesem Bereich eingesetzt werden. Die meisten Unternehmen erfassen und sammeln heutzutage enorme Mengen an Daten – und das Wachstum an Datenvolumen bricht nicht ab. Um diese ansteigende Datenflut in ihrer Komplexität verstehen und beherrschen zu können, bedarf es einer umfassenden Datenkompetenz – die auch unter dem Begriff Data Literacy bekannt ist.
Was ist Data Literacy?
Data Literacy, die Datenkompetenz, ist als eine der Schlüsselkompetenzen für das 21. Jahrhundert nicht zu unterschätzen. Sie umfasst die Fähigkeit, Daten im Kontext zu lesen, zu schreiben und zu kommunizieren, einschließlich des Verständnisses der Datenquellen und -aufbereitungen, der angewandten Analysemethoden und -techniken, und die Fähigkeit, den konkreten Use Case (Anwendungsfall), die Anwendung und den resultierenden Mehrwert zu beschreiben.
Im Zuge der Herausforderung, aus Daten handlungsorientierte Insights zu generieren und fundierte Entscheidungen treffen zu können, spielen nicht nur spezialisierte Fachkräfte, also Data Scientists, eine Rolle, sondern das Grundwissen eines jeden Mitarbeiters. Data Literacy ist eine Fähigkeit, die jeden Mitarbeiter dazu in die Lage versetzt, die richtigen Fragen zu stellen, Wissen aufzubauen, Entscheidungen zu treffen und anderen die Bedeutung der Erkenntnisse aus den Daten weiter zu vermitteln.
Gibt es EINE Data Literacy?
Basiskenntnisse im Bereich Datenkompetenz sind:
1. Die Verortung von Informationen
Relevante Daten in einem verfügbaren System oder Bericht finden können
2. Das Datenverständnis
Begreifen, welche Aussage sich hinter den Daten verbirgt
3. Die Interpretation der Daten
Die Aussage im Kontext der eigenen Tätigkeit oder Fragestellung bewerten können
4. Fragestellungen ausformulieren
Fragen stellen, die in der Form noch nicht gestellt wurden, welche nützliche Informationen generieren
5. Die Verwertung der Daten
Anwendung der Erkenntnisse aus den Daten für die Entscheidungsfindung
Die beschriebenen Basiskenntnisse wurden zunächst pauschal ausformuliert, betreffen jedoch nicht alle sogenannte „Datenrollen.“
Unter Datenrollen verstehen wir die verschiedenen Datenpersönlichkeiten, die innerhalb eines Unternehmens existieren können und deren Aufgaben Berührungspunkte mit Daten und deren Anwendung haben.
Wenn von den einzelnen Abschnitten einer Datenwertschöpfungskette ausgegangen wird, kristallisieren sich verschiedene Schwerpunkte heraus, die es in Verbindung mit dem Thema Daten gibt.
Je nach Datenrolle variiert die Datenkompetenz sehr stark sowohl qualitativ (es werden unterschiedliche Skills eingesetzt) als auch quantitativ (die Ausprägung der jeweiligen Skills variiert ebenfalls).
Data Leaders
Im Bereich Datenstrategie spielen Data Leaders die Hauptrolle. Bei ihnen wird eine erhöhte Datenkompetenz erwartet. Hier geht es darum, die Möglichkeiten der Datenanalyse und deren Komplexität gut zu kennen sowie die Machbarkeit der unterschiedlichen angedachten Anwendungsfälle (Use Cases) einschätzen zu können. Sie können nicht zwangsläufig selbst Analysen durchführen. Es ist sehr wichtig für Data Leaders, je Analytics-Anwendungsfall, die notwendigen Rohdaten identifizieren zu können, sowie mögliche alternative Datenquellen auszuarbeiten, falls die nötigen Attribute nicht verfügbar sein sollten.
Data Practitioners
Bei der Generierung, Sammlung, Speicherung und Verarbeitung von Daten sind Data Practitioners gefragt: Zu ihnen gehören zum Beispiel Data Architects, Data Engineers und IT-Experten. Ihre Data Literacy Anforderungen unterscheiden sich stark von denen der anderen Datenrollen. Sie konzentrieren sich nämlich auf den operativen Aspekt (Data Operations): Die Gewährleistung der Datenqualität, die Bereitstellung der Werkzeuge, Prozesse und Organisationsstrukturen zur Sicherstellung der Verwertbarkeit der Daten und weniger auf die Nutzung der Daten an sich.
Data Scientists
Die Datenanalyse wird in der Regel von Data Scientists (Datenanalysten) durchgeführt. Data Scientists sind analytische Experten, die ihre statistischen, mathematischen und technologischen Fähigkeiten nutzen, um große Datenmengen zu analysieren, zu verarbeiten und zu modellieren und die Ergebnisse zu interpretieren, um komplexe Probleme zu lösen und umsetzbare Pläne für Unternehmen und andere Organisationen zu erstellen. Sie benötigen außerdem Branchenkenntnisse, kontextuelles Verständnis, kritisches Urteilsvermögen gegenüber bestehenden Annahmen, um Lösungen für geschäftliche Herausforderungen aufzudecken.
Data Entscheider
Data Entscheider aus den Fachbereichen nutzen die Erkenntnisse der Analyse für ihre datengetriebene Entscheidungsfindung und sind oft nicht nur sehr gute „Übersetzer“ zwischen dem Business und den Data Scientists weil sie beide Welten verstehen, sondern gehören in der Regel zu den aktivsten Anforderern von neuen Analysen. Gute Datenvisualisierungen entstehen häufig aus der Zusammenarbeit zwischen Data Scientists und Data Entscheidern.
Data Follower
Data Follower, ebenfalls aus den Fachbereichen, haben einfach gelernt, Key Performance Indicators und Berichte, die ihren konkreten Job betreffen, im Tagesgeschäft zu nutzen, um ihre operativen Entscheidungen zu treffen. Sie haben deutlich weniger analytisches Verständnis als die Data Entscheider, könnten sich aber durch Erfahrung und Weiterbildung dahin entwickeln. Die oben beschriebenen „Basiskenntnisse“ betreffen eher die Data Follower, die Gruppe mit der normalerweise höchsten Mitarbeiteranzahl.
Im Endeffekt schließen wir daraus, dass es keine „alleinige“ Data Literacy geben kann, sondern, dass verschiedene Rollen verschiedene Skills in Verbindung mit Daten benötigen.
Warum ist Data Literacy im Onlinemarketing von Relevanz?
Um in der heutigen datengesteuerten Marketingwelt konkurrenzfähig zu bleiben, musst Du eine Unternehmenskultur schaffen, die die Nutzung von Daten zur Unterstützung der Entscheidungsfindung fördert. Dabei geht es nicht nur um den Blick in die Vergangenheit, sondern auch um die Vorhersage der Zukunft. Das heißt, Marketer versuchen, auf Basis der vorhandenen Daten das Kundenverhalten vorherzusagen, zu begleiten und sogar zu beeinflussen. In einer datenkompetenten Kultur experimentieren Marketer permanent mit Daten, um neue Möglichkeiten zu entdecken.
Konkret sollen sowohl Werbemaßnahmen als auch das Nutzerverhalten sehr genau gemessen, ausgewertet und das Wissen genutzt werden, um alle Aktivitäten zu optimieren –quantitativ als auch qualitativ. Wichtige KPI bewerten die Relevanz der Webseite, Webseiteninhalte oder der Kommunikationsmaßnahmen (E-Mail-Newsletter, etc.) für die gewünschte Zielgruppe. Gemessen werden direkte Interaktionen mit dem Anbieter (z. B. Öffnungsraten, Klicks, Verweildauer, Besuche, Nachrichten, Anrufe, Käufe), oder die Nutzererfahrung der Besucher der Webseite. Viele Standardtools ermöglichen heute eine Messung und Auswertung von Nutzerdaten und -verhalten, wie Google Analytics, Google Tag Manager, Google Optimize oder Bitly. Alle gängigen E-Mail-Service-Provider (ESP) oder Kampagnentools bieten eine integrierte Tracking Software an.
Reporting und Erfolgsmessung sind natürlich der einfachste Anwendungsfall und die erste Stufe der Nutzung von Daten.
In den weiteren Phasen auf der Data Maturity Skala (siehe Abbildung 3) kommst Du mit komplexen, aber sehr erfolgreichen Use Cases in Berührung:
- Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Kunde diesen Artikel, den er jetzt im Warenkorb hat, retournieren wird?
- Welche ist die Next-Best-Campaign je Kunde? Und welches Incentive? In welcher Höhe?
- Welche Kunden könnten in den nächsten 12-Monaten Zahlungsschwierigkeiten haben?
- Welche meiner Kunden reagieren positiv auf Nachhaltigkeitsthemen, welche davon ändern sogar ihr Verhalten, um das Klima zu schützen?
Daten helfen, um konkrete Problemstellungen zu lösen wie Budgetallokation, Content Strategie, Kampagnenauswahl und -aussteuerung und natürlich die Erfolgsmessung.
Heute ist Data Literacy für das Onlinemarketing eine Kernkompetenz im Anforderungsprofil geworden.
Wie schaffe ich es, Data Literacy in meinem Unternehmen zu etablieren?
1. Data Democratization
Eine der Grundvoraussetzungen für Data Literacy ist die Datendemokratisierung, bei der die Zugänglichkeit der Daten im Vordergrund steht. Das bedeutet in erster Linie, dass jeder Mitarbeiter Deines Unternehmens die Möglichkeit erhält, die für ihn relevanten Daten zu nutzen, um Entscheidungen zu treffen. Barrieren im Hinblick auf den Zugang oder das Verständnis müssen abgeschafft werden, sodass Geschäftsbereiche wie das Marketing nicht mehr wie zuvor üblich den Umweg über die IT-Abteilung oder Database Marketing gehen müssen, um Zugang zu geschäftsrelevanten Daten zu erhalten.
Je mehr Mitarbeiter mit unterschiedlichem Fachwissen die Möglichkeit haben, einfach und schnell auf speziell aufbereitete Erkenntnisse aus den Daten zuzugreifen, desto eher kann Dein Unternehmen geschäftskritische Insights aufdecken und entsprechende Maßnahmen ergreifen.
Analysetools für Nicht-Analysten sind eine großartige Möglichkeit, Dein Team datengetriebener zu machen, da kein technisches Fachwissen erforderlich ist. Mitarbeiter können per Drag und Drop Dashboards erstellen, Informationen zusammenstellen, visualisieren und sogar einfache Analysen durchführen. Die Unternehmensführung soll den Mitarbeitern in der Data Literacy Ausprägung „Data Entscheider“ und „Data Follower“ Werkzeuge an die Hand geben, deren intuitive Bedienung sie für alle nutzbar macht, mit den entsprechenden Rollen- und Rechtekonzepten: Der Zugriff der Data Follower ist begrenzter auf deren Wirkungsbereich und stärker begleitet (vorgefertigte Reports, Interpretationshilfen) als bei den Data Entscheidern.
An dieser Stelle ist es wichtig, dass die Anwender wissen, dass die Daten, zu denen sie nun Zugang haben, vertrauenswürdig sind. Andererseits müssen Datenverantwortliche sich sicher sein, dass die gewünschte Nutzung der Daten mit externen Vorschriften und internen Richtlinien übereinstimmt. Hier kommt Data Governance ins Spiel, also das ganzheitliche Management von Daten, die in einem Unternehmen verwendet werden. Die Einführung eines effektiven Data Governance-Programms stellt sicher, dass die Daten konsistent und vertrauenswürdig sind und nicht missbraucht werden. Dies wird immer wichtiger, denn Richtlinien und Vorgehensweisen zur Einhaltung rechtlicher Vorgaben und zur Gewährleistung von Datensicherheit werden immer weiter an Bedeutung gewinnen.
Schlussendlich gilt: Nur wenn Deine Mitarbeiter Zugang zu den Daten haben, kann Data Literacy etabliert werden.
2. Antrieb von oben
Um Data Literacy zu erreichen, ist das richtige Mindset Deiner Mitarbeiter ein entscheidender Faktor. Die Etablierung einer datengetriebenen Kultur sollte als strategisches Ziel verstanden werden. Für ein erfolgreiches Umdenken im gesamten Unternehmen sollte eine Change-Management-Begleitung im Auftrag des Top-Managements sichergestellt werden. Die Führung muss der Überzeugung sein, dass Investitionen in Data Literacy und das daraus resultierende bessere Datenverständnis zu besseren Geschäftsentscheidungen und damit zum Unternehmenserfolg beitragen und daher lohnenswert sind. Die Vision des datengetriebenen Unternehmens muss klar kommuniziert werden.
Sorge für eine datengetriebene Denkweise im gesamten Unternehmen. Schaffe ein Bewusstsein für Datenpotentiale.
3. Faktor Mensch
Wenn wir von “datengesteuerter Kultur” sprechen, meinen wir eine “entscheidungs-orientierte Kultur”, die auf Daten basiert. Daten machen entscheidungsfreudiger, hier geht es um eine große Chance für das Unternehmen UND die Mitarbeiter.
Stelle die Interessen und Fähigkeiten Deiner Mitarbeiter in den Mittelpunkt. Nicht jeder kann und muss sich komplexe technische Fertigkeiten aneignen. Gib Deinen Mitarbeitern Spielräume und Möglichkeiten, die Angst vor Kennzahlen, Auswertungen und Analysen abzulegen und sich gezielt zum Thema Daten weiterzuentwickeln. Gerade traditionelle Marketer sind weniger zahlenaffin als die neue Generation, die bereits im Studium eine gewisse Einleitung zu Datenthemen erhalten hat. Fördere auf der anderen Seite gezielt datenaffine Mitarbeiter: Sie möchten anspruchsvolle Fragestellungen in Angriff nehmen und sich methodisch und technisch weiterentwickeln.
Wie sieht eine erfolgsversprechende Vorgehensweise aus?
Auch bei Data Literacy Initiativen lohnt es sich, einen strukturierten Prozess zu verfolgen oder sich zumindest darüber bewusst zu sein, was wirklich hilft, um besser das Ziel einer umfassenderen Datenkompetenz und Nutzung der Erkenntnisse aus der Datenanalyse, z.B. um erfolgreicheres Marketing zu betreiben, zu erreichen.
1. Review der Data Journey des Unternehmens
Der erste Schritt, den ich empfehle, ist eine Aufnahme der Datenwertschöpfungskette, idealerweise „rückwärts.“ Hierfür werden Gespräche mit den Entscheidern und Experten in verschiedenen Schlüsselpositionen geführt. Einer davon ist der Marketingmanager, der die kommunikative Begleitung der Customer Journey verantwortet. Eine weitere Schlüsselposition ist durch den Menschen verkörpert, der das Akquisitionsbudget auf die verschiedenen Kanäle und Kampagnen allokiert.
- Welche Daten, KPIs, Reports nutzt Du bei der Erfüllung Deiner Aufgabe?
- Sind diese aktuell, korrekt, verständlich, leicht zugänglich und welche Prozesse müssen hierfür eingehalten werden?
- Welche Informationen fehlen? Wann und wie werden die fehlenden Informationen geliefert?
Dieser Review berücksichtigt Benchmarks, nämlich wie es datentechnisch in der jeweiligen Rolle optimalerweise aussehen sollte, denn es gibt bereits Unternehmen, die komplett datengetrieben aufgestellt sind und die sogar als solche entstanden sind.
Die Durchsicht der Datenwertschöpfungskette hilft zu ermitteln, wie hoch der Reifegrad des gesamten Datenumfeldes ist und festzulegen, wie die Datenfertigkeit in jeder Rolle sein soll. Es macht eben keinen Sinn, high-flyer unter den Data Scientists zu haben, wenn diese wiederum den ganzen Tag lediglich stumpfe SQL-Datenabfragen zur Beantwortung von Ad-hoc Anfragen erledigen können oder fortgeschrittene Data Entscheider zu verlieren, weil die Dateninfrastruktur des Unternehmens so obsolet ist, dass keine Insights daraus generiert werden und die Fachbereiche ihre Expertise nicht einbringen können. Andersherum kann eine Organisation sehr fortschrittliche Analysen durchführen, die dann leider liegen bleiben, weil die entsprechenden Entscheider nicht genügend involviert oder unpassend informiert wurden.
2. Data Literacy Assessment
Sobald der Review der Datenwertschöpfungskette durchgeführt und die SOLL Kompetenzen für die verschiedenen Datenrollen festgelegt sind, kannst Du das Data Literacy Assessment starten. Hierbei erfolgt die Bewertung des Wissenstands und des Akzeptanzniveaus der Mitarbeiter in den fünf Datenrollen.
Ein erfahrener Data Leader und ein gleichermaßen erfahrener Data Scientist führen gemeinsam das Assessment durch. Ich habe bereits online Begutachtungstools für Data Literacy im Einsatz gesehen – war jedoch nicht von diesem Ansatz überzeugt. Die Aufgabe des Assessments der Datenkompetenz der Mitarbeiter dient gleichwohl dazu, deren Wissensstand in Erfahrung zu bringen und sie inhaltlich mitzunehmen und ihre Akzeptanz der Initiative sicherzustellen. Hierbei empfiehlt sich der direkte Kontakt und eine Kommunikation auf Augenhöhe. Auch die Methode eines Fragebogens mit darauffolgendem persönlichem Gespräch hat leider zu Irritationen sowohl auf Seiten des Mitarbeiters (große Sorgen um Begrifflichkeiten oder Angst um Wissenslücken) als auch des Interviewpartners, der oft mit aus dem Internet heruntergeladenen statistischen Abhandlungen konfrontiert wurde, geführt. Im Endeffekt ist ein kurzes und persönliches Interviewgespräch der beste Weg.
Solche Gespräche zeigen, wie groß das Delta in der Datenkompetenz zwischen den Rollen, in den verschiedenen Rollen und sogar teilweise (je nach Durchführung) zwischen den Mitarbeitern innerhalb einer Rolle ist.
3. Entwicklung und Durchführung von Data Fresh-Ups
Auf der Basis der Ergebnisse des Data Literacy Assessments kannst Du je Rolle sogenannte „Data Fresh Ups“ entwickeln und durchführen. Diese sind eine Art Training-on-the-Job, die nur das notwendige Methodenwissen mit praktischen Anwendungsfällen des Tagesgeschäfts vereinen. Sie können innerhalb einer Datenrolle stattfinden oder als Workshops mit der Teilnahme von Vertretern mehrerer Datenrollen, wobei der Fokus stets auf der Lösung einer konkreten Fragestellung des Unternehmens gelegt wird. Das Erfolgserlebnis und die darauffolgende Implementierung oder Anwendung im Unternehmen sind genau so wichtig wie das Erlernen neuer Methoden oder die aktive Nutzung eines Tools.
Die Einladung zu einem Data Fresh Up kündigt bereits an, welche Fragestellung durchgearbeitet wird, welche Rolle der Teilnehmer dabei einnimmt und wie er sich im Vorfeld vorbereiten kann. Die Fresh Ups finden idealerweise jeweils unter der Schirmherrschaft und Anwesenheit eines Top-Managers, der das Fachthema verantwortet, statt.
4. Die Motivation der Mitarbeiter
Die aktive Mitarbeit der betroffenen Zielgruppen ist für alle Data Literacy Initiativen von zentraler Bedeutung.
Zur Motivation der Mitarbeiter tragen verschiedene Elemente – idealerweise in Kombination – bei:
Der Chef macht es vor
Von ganz oben wird Datenkompetenz gelebt und aktiv demonstriert. Ein Beispiel ist, dass, wenn ein Vorstand oder Geschäftsführer nach Auswertungen fragt, er positiv und ermunternd bleibt auch wenn diese nicht verfügbar sind und sich dann die Zeit nimmt, um die Ergebnisse mit den involvierten Mitarbeitern zu besprechen und ihre Meinung dazu einzuholen. Wenn ein Tool für die einfache Datenabfrage vorhanden ist, demonstriert der Chef in Meetings ganz nebenbei, dass er das Tool nutzt und bindet dies aktiv an geeigneter Stelle in den Besprechungen ein.
Data Literacy Assessments
Data Literacy Assessments haben nicht das Ziel, über die Eignung von Mitarbeitern zu urteilen. Deren Anwendung verfolgt stets eine Aufwertung der Mitarbeiter und damit des Unternehmens an sich. Diese Haltung des Top-Managements und der direkten Führungskräfte der teilnehmenden Mitarbeiter ist Voraussetzung für den Erfolg der Initiative.
Data Literacy Initiativen
Alle Data Literacy Initiativen müssen hands-on sein: Ohne die Beweisführung der Verbesserung eines KPIs oder der Lösung eines Problems, wird das neue Wissen nicht nachhaltig eingesetzt.
Zielvereinbarung
Eine konkrete, jedoch inoffizielle, Zielvereinbarung unter den Teilnehmern des Data Fresh Ups kann helfen, das Feuer zu entflammen: „Jetzt, da das Problem X gelöst ist, knöpfen wir uns Fragestellung Y vor. Diese knacken wir bis spätestens Termin Z.“
Interne Kommunikation der Erfolge
Die interne Kommunikation der Erfolge, mit gutem Storytelling, zeigt der Belegschaft, wie wichtig das Datenthema ist. Die Berichterstattung, wenn spannend gemacht, trägt dazu bei, das richtige Mindset im Unternehmen zu verbreiten.
Datenwertschöpfungskette erlebbar machen
Durch den gezielten Austausch zwischen den Datenrollen werden die Mitarbeiter gezielt für die Herausforderungen in jedem Schritt sensibilisiert und ein ganzheitliches Verständnis des Themenumfeldes „Daten“ wird geschaffen.
Austausch mit anderen Unternehmen
Der Austausch mit anderen Unternehmen, die in ihrer Reise zur datengetriebenen Organisation weiter sind als Ihr. Lass Deine Mitarbeiter sich von den Kollegen der anderen Firma erzählen, wie der bisherige Transformationsprozess verlaufen ist, welche Hürden sie überwunden haben und wie sich ihr Arbeitsalltag verändert hat.
Gibt es ein prominentes Praxisbeispiel eines Unternehmens, das sich zum Thema Daten bekannt hat und die Datenkompetenz zum Erfolgsfaktor gemacht hat?
Es gibt mehrere solcher Organisationen. Im deutschsprachigen Raum spielen die Marktteilnehmer in der Regel sehr bedeckt und achten darauf, dass ihre Management-Methoden nicht nach außen transportiert werden.
In den USA oder Skandinavien sieht es anders aus. Unternehmen wie Stitch Fix, Spotify, Walmart oder Netflix sind ganz klar nicht nur datengetrieben, sondern auch entscheidungsgetrieben, denn sie treffen alle ihre Geschäftsentscheidungen datenbasiert.
Airbnb, der weltberühmte Online-Marktplatz für Unterkünfte, ist eines der datengesteuertesten Unternehmen der Welt, was vor allem daran liegt, wie gut es datenbasierte Entscheidungen skaliert. Dies wurde erreicht durch den Aufbau einer ausgeklügelten Dateninfrastruktur, die jedem im Unternehmen Zugang zu Informationen ermöglicht.
Airbnb holte sich Inspirationen bei Google und übernahm das Konzept, dass die am besten geeigneten Trainer für die eigene Organisation bereits im Unternehmen zu finden sind. Unter den vorhandenen Data Scientists wurden Freiwillige rekrutiert, die bereit waren, Zeit zu investieren, um ihr Wissen an die Kollegen weiterzugeben.
Airbnb startete eine eigene „Datenuniversität“, die zum Ziel hatte, die Daten für jeden zugänglich, leicht verständlich und für die Entscheidungsfindung nutzbar zu machen, unabhängig von seiner Rolle im Unternehmen.
„Wir verwendeten eine Metrik der wöchentlich aktiven Nutzer (WAUs) unserer Datenplattform als Proxy dafür, wie 'dateninformiert' wir als Organisation waren. 2016 waren nur etwa 30 % der Airbnb-Mitarbeiter ein WAU unserer Datenplattform, was deutlich niedriger war als bei anderen wachstumsstarken Internetunternehmen, mit denen wir uns verglichen, wie Facebook und Dropbox.”
Das Ergebnis, nach über drei Jahren, war nicht nur das Bekenntnis zur Data University und deren Weiterentwicklung, sondern die Schaffung einer Unternehmenskultur der datengetriebenen Entscheidungsfindung.
Bis 2019 wurden über 400 Data University Intensivkurse von 55 Dozenten an über 5.000 Airbnb-Mitarbeiter vermittelt. Der ROI ist beeindruckend, denn die Anzahl der täglichen Nutzer der Datenplattform steigt nach den Data University Schulungen nachhaltig um das Vierfache.
Lt. Airbnb war ein kritischer Erfolgsfaktor seines Wachstums, die Dezentralisierung der Entscheidungsfindung. So viel Vertrauen der Unternehmensführung wird erst möglich, wenn sichergestellt ist, dass Daten eine tragende Rolle bei den Entscheidungen spielen.
Zum Schluss sollten folgende Kernaussagen festgehalten werden:
- Data Literacy, die Datenkompetenz, ist der Schlüssel für die Entwicklung von Fähigkeiten und einer Unternehmenskultur, welche datenbasierte Entscheidungen fördern.
- Data Literacy befähigt gleichwohl die Mitarbeiter, selbständig zu entscheiden.
- Die Datenwertschöpfungskette wird durch fünf Datenrollen realisiert. Die fünf Rollen unterscheiden sich stark in Bezug auf ihre Anforderungen zum Thema Datenkompetenz sowohl qualitativ als auch quantitativ.
- Das Marketing profitiert enorm von der Datenkompetenz seiner Experten, im Onlinemarketing ist Data Literacy mindestens auf dem Niveau der Rolle des Data Entscheiders unabdingbar.
- Initiativen zur Steigerung der Data Literacy sind von Erfolg gekrönt, wenn verschiedene Voraussetzungen eingehalten werden, wie die Verfügbarkeit der Daten, der Antrieb von oben (Management buy-in), der Faktor Mensch und letztlich einem begleiteten und strukturierten Prozess. Dieser Prozess ist gleichzeitig messbar, sehr konkret (hands-on) an die unterschiedlichen Datenrollen ausgerichtet, und kulturprägend, daher absolut lohnenswert.
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