Der erste Eindruck dominiert oft alle darauffolgenden Eindrücke. Der berühmte Satz „Du bekommst niemals eine zweite Chance, um einen ersten Eindruck zu hinterlassen“ ist also durchaus wörtlich zu nehmen.
Du hast das sicherlich schon mal erlebt: Du bist auf einer Party bei Freunden. Plötzlich betritt eine unglaublich attraktive Person die Szenerie. Du denkst Dir „wow!“ und beginnst ein Gespräch. Nicht einmal zwei Minuten später urteilst Du verblüfft: „Boooahh Alteeeeeeer, dieser Mensch ist ja strunzdumm und unangenehm, das hatte ich so nicht erwartet“.
Was ist da passiert?
Du hast den Haloeffekt erlebt! Wenn das hervorstechende Merkmal einer Person – in diesem Fall ihre Schönheit – wie ein Heiligenschein (Halo) strahlt, wirkt dies stark auf die Erwartungshaltung: Ganz verzaubert vom Äußeren, schließen wir automatisch unbewusst auf weitere Eigenschaften und unterstellen der Beauty auch Intelligenz, Freundlichkeit, Erfolg oder andere Qualitäten, obwohl es für deren Vorhandensein gar keine Indikatoren gibt.
Stattdessen nehmen wir die Person durch eine positiv gefärbte Brille wahr. Wir lassen uns von der äußeren Schönheit blenden und projizieren diese Begeisterung auf alle anderen Teile ihrer bislang unbekannten Persönlichkeit, da wir uns vom ersten Eindruck beeinflussen lassen.
Völlig klar: Diese Art von Wahrnehmung kann täuschen und uns dazu verleiten, falsche Schlüsse zu ziehen. Doch das Hirn will eben, was es will – nämlich abkürzen und es sich möglichst einfach machen.
Die Folge ist: Wir können nicht anders, als uns von der Anziehungskraft einer solch bezaubernden Person einnehmen zu lassen. Die Attraktivität der Person ist wie ein wunderschöner Schmetterling, der seine Flügel ausbreitet und uns dazu verleitet, ihm in seiner unbeschreiblichen Schönheit zu folgen.
Wir alle unterliegen solch kognitiven Verzerrungen, die uns von bekannten Eigenschaften wie hier der äußeren Attraktivität auf andere uns unbekannte und ad hoc auch nicht zugängliche Eigenschaften schließen lassen. Genau dies nennt man Haloeffekt.
Was heißt Halo eigentlich?
Halo ist griechisch und bezeichnet den Lichtkreis um eine Lampe. Wie der Lichtkegel einer Lampe ein bestimmtes Umfeld mit Licht bestrahlt und so ein definiertes Feld „ins Licht rückt“, überstrahlen bestimmte Merkmale einer Sache oder Person die Gesamtwahrnehmung.
Was passiert beim Haloeffekt konkret?
Der Haloeffekt ist ein Phänomen in der Wahrnehmungspsychologie – eine unbewusste Störung unserer Urteilskraft, genauer ein Wahrnehmungsfehler, bei dem eine einzelne, positiv bewertete Eigenschaft (Ästhetik, Symmetrie, Außergewöhnliches) einer Person oder eines Objekts auf andere, nicht direkt bewertete Eigenschaften übertragen wird. Die einzelnen Qualitäten wirken so dominant auf uns, dass ein verzerrter Gesamteindruck entsteht.
Solch ein Haloeffekt kann natürlich nicht nur im privaten Kontext auftreten. Auch in Beruf und Politik, bei Produkten und Marken vermag er einen signifikanten Einfluss auf Entscheidungen und Überzeugungen auszuüben.
Gleiches gilt im Online Marketing für Websites. Bei ihnen wirkt der Haloeffekt wie ein magischer Bann, der im Betrachter bzw. der Betrachterin eine bestimmte Erwartungshaltung auslöst:
Analog zu der attraktiven Person wirkt eine ordentliche, sauber strukturierte und benutzerfreundliche Website mit ansprechenden, scharfen Bildern positiv. Hier erzeugt der Haloeffekt beim Betrachter bzw. der Betrachterin automatisch durch den erfreulichen Website-Eindruck eine unbewusste Assoziation von Eigenschaften wie „Zuverlässigkeit“, „Präzision“ etc. mit der Marke oder sogar dem ganzen Unternehmen.
Eine ansprechende, einladende Website trägt also nicht nur dazu bei, dass Besucher:innen sich wohlfühlen, länger auf der Seite verweilen und gerne wiederkehren.
Eine gut gestaltete Website kann auch auf subtile Art und Weise Vertrauen und Kompetenz vermitteln, sodass die Besucher:innen eher bereit sind, ihre Produkte oder Dienstleistungen in Betracht zu ziehen, als die der anderer Anbieter. Entsprechend wichtig ist es für Unternehmen, den Haloeffekt bei der Websitegestaltung für ihre Marken gezielt zu nutzen.
So erzeugst Du schnell wirksame, positive Haloeffekte auf Websites:
- bei Bildern und Produktansichten neuste Darstellungstechnologie nutzen
- Designs, Farben und Typo bewusst gewählt für optimale Assoziationen
- professionelle, fehlerfreie Texte, Lesbarkeitsindex entsprechend der Zielgruppe
- Aufbau, Navigation und Übersichtlichkeit der Website nutzergerecht
Der Haloeffekt verzerrt die Wirklichkeit!
Werden dann noch ein paar kleine Gadgets wie AR-Animationen oder zumindest 3D-Varianten von Produkten oder 360-Grad-Ansichten eingebaut, erzeugt man nicht nur einen guten Eindruck, sondern vermittelt auch, seiner Zeit ein wenig voraus zu sein.
Hier ist der positive Haloeffekt am Werk, weil solche Darstellungsformen den hohen Technologisierungsgrad des Unternehmens visuell abbilden und die Modernität der verwendeten Programmierungsmöglichkeiten auf die Website, die Marke, die Produkte und das gesamte Unternehmen abstrahlt.
Doch Achtung! Der Haloeffekt kann natürlich auch negative Auswirkungen haben: Wenn eine Website unprofessionell oder schlecht gestaltet ist, kann dies bei Besuchern und Besucherinnen eine negative Meinung über das Unternehmen oder die Marke erzeugen. Es ist wie in einem Garten, in dem bereits wenige verwelkte Blumen den Gesamteindruck beeinträchtigen.
So kann ein negativer Haloeffekt entstehen:
Ist eine auf der Website verwendete Darstellungstechnik überholt und die Produkte auf Websites von Mitbewerbern werden bereits mit trendigeren Techniken präsentiert, ist es egal, wie gut und modern die Produkte tatsächlich sind – der bzw. die User:in wird sie eher für altmodisch halten. Beim Haloeffekt ist also auch der Zeitgeist relevant.
Die Ästhetik spielt natürlich ebenfalls eine große Rolle: Sind Bilder in einem Webshop unregelmäßig angeordnet, sodass ein chaotischer Eindruck entsteht, sind sie dunkel oder unscharf oder enthalten die Texte Rechtschreib- oder Grammatikfehler, wirkt sich das negativ auf die Erwartungshaltung gegenüber den Websiteinhalten und -angeboten aus.
Beispielsweise könnte ein Kundenhirn denken:
„Dieser Webshop versendet bestimmt schlecht verpackt und trödelig.“
„Was ich hier kaufe, kann nicht makellos sein.“
Hier als Beispiel eine von mir modifizierten Veranstaltungsseite. In Wirklichkeit ist diese Seite top, würde sie aber so aussehen wie von mir hier gestaltet, würdest Du dem Anbieter nicht sonderlich vertrauen, oder?
Gleiches gilt übrigens auch für Websites von Hotels oder Ferienunterkünften. Sind dort Fotos unscharf, leicht gelblich oder verwackelt, assoziiert der bzw. die Betrachter:in vielleicht:
„In diesem Hotel wird nicht ordentlich geputzt.“
“Die beim Frühstück angebotenen Brötchen sind bestimmt vom Vortag“.
Würdest Du in solch ein Hotel fahren wollen? Wohl kaum. Dabei muss nichts davon stimmen – es können auch makellose Unterkünfte sein, finanzielle Einbußen sind für die Betreiber:innen vorprogrammiert, weil die Übertragung von schnuddeligen Fotos auf die Unterkunft selbst ja unbewusst abläuft.
Günstig oder hochpreisig, vertrauenswürdig oder unglaubwürdig, modern oder veraltet. Optische Elemente wie Bilder, Design und Typografie werden über den Haloeffekt die Wirkung eines ganzen Webauftritts beeinflussen.
Auch lange Ladezeiten oder eine komplizierte Navigation können einen negativen Haloeffekt auslösen. Schließlich verursacht beides beim User bzw. der Userin Frustration und Ärger – Gefühle, die automatisch auf das Produkt übertragen werden.
Ist dagegen alles Wichtige gehirngerecht und visuell ansprechend aufbereitet, kommen im Kundenhirn positive Emotionen auf und es kauft gerne.
Ebenso strahlt der Name einer Domain durch den Haloeffekt über die ganze Website. Schließlich lösen auch Namen bestimmte Assoziationen und Erwartungen aus. Was kommt Dir in den Sinn, wenn Du diese Domain-Namen liest?
Samenquelle.de und Fleischlust.com
Ich nehme an, es hat wenig mit Saatgut und Wurst zu tun?
Hier werden auch schön aufschaukelnde Synergieeffekte sichtbar.
Übrigens ist Samenquelle.de eine Website für Pflanzensamen und Fleischlust.com eine Metzgereiseite. Das war bestimmt nicht Deine erste Idee, oder?
Du kannst Dir also merken: Manchmal strahlt etwas auf etwas anderes aus … Manchmal? Immer!
Übrigens:
Auch im Personalmanagement und in der Personalauswahl spielt der Haloeffekt eine große Rolle, zum Beispiel bei Vorstellungsgesprächen oder der Auswahl von Führungspersonen.
Wie funktioniert der Haloeffekt konkret im Hirn?
Menschen haben in ihren Hirnen neuronale Netzwerke. Innerhalb dieser neuronalen Netzwerke sind immer bestimmte Attribute miteinander verknüpft, die in der realen Welt oft miteinander auftreten. So ist zum Beispiel der Begriff Grashalm mit den Begriffen „grün“, „Natur“, „Wiese“ und im weiteren Verlauf möglicherweise mit „Kuhweide“, „Kuh“ und „Landwirtschaft“ verknüpft.
Wir lernen diese Netzwerke durch Informationen, die wir von irgendwoher mal bekommen haben – auch insbesondere durch eigene Erfahrungen. Diese Netzwerke mit ihren verknüpften Attributionen sind im Langzeitgedächtnis gespeichert. Wird nun eines dieser Attribute aktiviert, kommt es oft zu einer unbewussten Mitaktivierung von anderen Knotenpunkten im Netzwerk.
Weil schon „Bahnen“ bzw. Nervenverbindungen zu diesen Knoten existieren, haben Hirne eine bessere Zugriffsmöglichkeit auf diese Knoten. Und weil unser Hirn inhärent faul ist, wird es diese bereits bestehenden Bahnen wahrscheinlicher nutzen, um Gedanken und Assoziationsketten auszuführen, als sich komplett neue Bahnen auszudenken.
Sprich: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Knoten aktiviert wird, der mit einer schon existierenden Bahn verknüpft ist, ist sehr hoch.
Da der Knotenpunkt von „Grashalm“ im Hirn (symbolisch gesprochen) weit entfernt von „Rakete“ abgebildet wird, ist eine rasche Assoziation sehr unwahrscheinlich. Aber verwandte Themen, die Knotenpunkte in benachbarten Netzwerken haben, werden sehr leicht aktiviert. Wie eben „Grashalm“ und „Wiese“.
Wird also auf einer Hotel Webseite ein unscharfes Foto gezeigt, kommt die Assoziation zum Knotenpunkt „nicht optimal“ sehr schnell. Das Gefühl von „nicht optimal“ ist wiederum an bestimmte Ideen gekettet und im Attributionssystem Hotel kann so sehr leicht die Idee herauskommen „oh die putzen ihre Zimmer nicht ordentlich“.
Vorsicht: Diese Übertragungen laufen in hohem Maße unterbewusst ab!
Der Haloeffekt außerhalb des Online Marketings:
Auch so lässt sich der Haloeffekt nutzen: Hier weiß jeder, welcher Art die Kostümparty ist, weil das Muster eine die Einladungskarte überstrahlende Assoziation weckt. Dass es eine 70er-Jahre-Mottoparty ist, braucht nicht extra geschrieben zu werden.
Der Haloeffekt kann uns im täglichen Leben auf vielfältige Weise begegnen:
- Bewerbungsgespräche: Wir neigen dazu, positive Eindrücke, die wir über eine:n Bewerber:in gewinnen (z. B. attraktives Aussehen, charmantes Lächeln, gute Kleidung), auf andere Bereiche wie seine bzw. ihre Fähigkeiten, Arbeitsmoral und sein bzw. ihr Potenzial zu übertragen.
- Politische Kandidaten bzw. Kandidatinnen: Wir können dazu neigen, positive Eindrücke, die wir über eine:n politische:n Kandidaten bzw. Kandidatin gewinnen (z. B. überzeugendes Auftreten, klare Kommunikation), auf seine bzw. Fähigkeiten und Integrität zu übertragen.
- Produktbewertungen: Wir können dazu neigen, positive Eindrücke, die wir über ein Produkt gewinnen (z. B. ansprechendes Design, renommierte Marke), auf seine Funktionalität und seine Qualität zu übertragen.
- Lehrer-Schüler-Beziehungen: Wir können dazu neigen, positive Eindrücke, die wir über eine:n Lehrer:in gewinnen (z. B. inspirierende Persönlichkeit, klare Kommunikation), auf seine bzw. ihre Fähigkeiten als Lehrer:in und seine bzw. ihre Fähigkeit, Wissen zu vermitteln, zu übertragen.
- Dating: Wir können dazu neigen, positive Eindrücke, die wir über eine Person gewinnen (z. B. attraktives Aussehen, humorvoll), auf ihre Persönlichkeit und ihr Potenzial als Partner:in zu übertragen.
Bisher haben wir den Haloeffekt, der visuelle Eindrücke auslöst, betrachtet. Doch dieser unbewusste Wahrnehmungsverzerrer kann noch mehr: Wenn Dir z. B. jemand total sympathisch ist und Du zugleich generell Menschen magst, die ehrlich sind, wirst Du möglicherweise annehmen, dass die besagte sympathische Person ebenfalls ehrlich ist.
Diese Kausalitätsannahme hinkt zwar. Doch selbst, wenn Du den Denkfehler rational erkennst, kann diese erste unterschwellige Annahme Dein Verhalten gegenüber dieser Person beeinflussen.
Denk‘ also immer daran: Der Haloeffekt ist ein subjektiver Eindruck! Du solltest Dir ein objektives Bild von einer Person, einem Produkt, einer Situation und eben einer Website machen, bevor Du Urteile fällst. Es ist nur Dein Hirn, das diese Ideen produziert, es ist nicht die Realität.
Für Websitebetreiber:innen gilt es zu verinnerlichen, dass es den Haloeffekt überhaupt gibt und er auf allen Ebenen berücksichtigt werden sollte. Und wie wendest Du das an? Ganz einfach:
Alle negativen Haloeffekte raus.
Alle positiven Haloeffekte rein.
Dies hilft dabei, eine positive emotionale Verbindung zum Kunden oder zur Kundin aufzubauen und das Konversionspotential zu steigern.
Der Haloeffekt gehört zu einer der wichtigsten Wahrnehmungsverzerrungen, die unser Hirn uns vorspielt. Ihn richtig zu nutzen, ist einer der Grundbausteine einer wirklich guten Webseite!
PSYKETING Takeaways
- Sei Dir bewusst: Immer strahlt Äußerliches auf anderes aus. Beim Haloeffekt fällt also jeder auf die eigenen Grundannahmen herein. Diese allgemeine Verzerrungstendenz bewirkt, dass sich ein bestimmter Eindruck, der im Vorfeld gewonnen wurde, auf zukünftige Erwartungen auswirkt.
- Der Haloeffekt kann nicht nur positive, sondern auch negative Assoziationen bewirken.
- Wecke bereits die richtigen Erwartungshaltungen in Deinen Bildern, Produkten oder Paketangeboten.
- Vermeide alle negativen Haloeffekte auf Deiner Website.
- Der Überstrahlungseffekt, der durch Bilder, Farben, Formen und Texte ausgelöst wird, wirkt sich darauf aus, wie Kunden und Kundinnen das Unternehmen und das zu verkaufende Produkt wahrnehmen.
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