Zum Keyword-Advertising
Die Nutzung fremder Marken im Rahmen des Keyword-Advertisings auf Google oder der Verkaufsplattform Amazon über die Amazon Marketing Service ist seit langem bekannt und beliebt. Zu den rechtlichen Fragen gerade im Bereich der GoogleAds hat sich die Rechtsprechung in den letzten Jahren etabliert und grundsätzlich sowohl die Nutzung fremder Marken als auch Firmen für eigene Google-Adword-Kampagnen als zulässig bewertet.
So liegt nach ständiger Rechtsprechung bei der Nutzung einer fremden Marke oder einer fremden Firma für eine eigene Google-Adword-Kampagne weder eine Markenverletzung noch eine Wettbewerbsverletzung vor, wenn das fremde Zeichen als Keyword gebucht und sich im sichtbaren Bereich der Anzeige nicht wieder findet und die entsprechende Anzeige eindeutig von der Trefferliste räumlich abgegrenzt und als Anzeige gekennzeichnet ist.
Diese Rechtsprechung zum Keyword-Advertising wurde insbesondere für die Suchmaschine Google entwickelt. Hierbei haben die Gerichte in den vergangenen Jahren stets betont, dass der durchschnittlich informierte Internetnutzer zwischen den Angeboten in der Trefferliste einer Suchmaschine und den hier von räumlich getrennten und klar gekennzeichneten Anzeigen differenziere. Die Trennung der Werbung von der eigentlichen nachgefragten Leistung im Rahmen der Suchmaschine sei dem Internetnutzer aus dem presserechtlichen Trennungsgebot zwischen redaktionellen Inhalten und Werbung bekannt. Außerdem wisse er, dass regelmäßig Dritte bezahlte Anzeigen bei Google schalten, sodass bei einer mangelnden Nennung des gebuchten Keywords im Rahmen der Anzeige und einer räumlichen Trennung mit der Kennzeichnung als „Anzeige“ kein Grund für eine Annahme spreche, dass die Werbeanzeige von dem Markeninhaber oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stamme.
Diese Rechtsprechung zum Keyword-Advertising wurde in den vergangenen Jahren ausschließlich zu Anzeigen angewendet, welche räumlich von den Trefferlisten getrennt und als Werbungen gekennzeichnet waren. Keine Anwendung fand die Rechtsprechung zu Anzeigen in den Trefferlisten selbst. Grund darin war die Feststellung der Gerichte, dass bei einer mangelnden räumlichen Trennung zwischen Werbeanzeigen und der Trefferliste aufgrund der Erfahrungswerte und der Erwartungshaltung des Internetnutzers dieser bei Eingabe einer Marke oder Firma als Suchwort in der Regel davon ausgehe, dass die angezeigten Angebote in der Trefferliste Produkte vom Markeninhaber seien oder diese zumindest im Rahmen einer Zweitmarkenstrategie mit seiner Zustimmung angeboten werden. Diese Ansicht hat der Bundesgerichtshof zu Google in den Entscheidungen „ADIOL“ und „BEST-Visys“ vertreten. Hier heißt es in den Urteilen wörtlich:
„„Der Nutzer von Suchmaschinen werde auch bei einer gesteigerten Trefferanzahl nach Angabe des Begriffs „ADIOL“ vernünftigerweise nur erwarten können, dort jeweils Angebote von „ADIOL –Waren aus dem Betrieb der Klägerin zu bekommen ”
„„In den meisten Fällen will der Internetnutzer jedoch, wenn er die Bezeichnung eines Produkts eines Unternehmens oder dessen Namen als Suchbegriff eingibt, Informationen oder Angebote zu diesem spezifischem Produkt oder zu diesem Unternehmen und seiner Produktpaletten finden ”
Zur älteren Rechtsprechung
Im Nachgang folgten dann die Obergerichte ab 2016 und wendeten auf die Benutzung von Marken oder Firmen auf Verkaufsplattformen wie Amazon oder in Online-Shops die Rechtsprechung zum Keyword-Advertising nicht an. So betonte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in seiner „Fatboy“-Entscheidung aus dem Februar 2016, dass bei Eingabe einer Marke im Rahmen eines Online-Shops oder der Verkaufsplattform Amazon der Internetnutzer auch in der Trefferliste selbst ausschließlich die Anzeige der Markenprodukte erwarte. Im Gegensatz zum Keyword-Advertising argumentiert das Oberlandesgericht damit, dass der Internetnutzer im Rahmen der Trefferliste einer seiteninternen Suchmaschine auf einer Verkaufsplattform oder in einem Online-Shop gerade nicht darauf hingewiesen werde, dass nicht zu seiner Suchanfrage passende Wettbewerbsprodukte eingeblendet werden können. Diese erscheinen ihm als „echte Treffer“, sodass eine komplett andere Situation vorliege als im Bereich des Keyword-Advertisings bei GoogleAds, bei dem die Werbeanzeigen Dritter klar räumlich abgegrenzt und als Anzeige gekennzeichnet erscheinen würden. Dieser Rechtsansicht schließt sich auch das Oberlandesgericht München in einer Entscheidung zur Nutzung der Marke „Ortlieb“ durch Anzeige von Wettbewerbsprodukten in der Trefferliste auf Amazon an.
Ergebnis der Entscheidungen bis 2018 war, dass der Internetnutzer zwar eine räumlich getrennte und als Anzeige gekennzeichnete Werbung bei Benutzung von Markennamen auf einer Suchmaschine gewohnt sei, allerdings dies gerade nicht für die reine Trefferliste gelte. Dementsprechend war die Anzeige von nicht vom Markeninhaber stammenden Wettbewerbsprodukten in der Trefferliste selbst im Rahmen eines Online-Shops oder auf der Verkaufsplattform Amazon grundsätzlich unzulässig. Dabei differenzierten die Obergerichte im Bereich der Begründung lediglich, dass zum Teil der Anzeigentext in der Trefferliste des Wettbewerbsprodukts überhaupt keine Bedeutung für die Markenverletzung habe oder aber der Anzeigentext dahin berücksichtigt wurde, ob aus dem Anzeigentext in der Trefferliste des Wettbewerbsprodukts ein klarer und eindeutiger Herkunftshinweis zu sehen sei, dass die Werbeanzeige nicht vom Markeninhaber oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stamme.
Zur jüngeren Rechtsprechung nach BGH „Ortlieb“
Der Bundesgerichtshof hat in 2018 im Rahmen der Revision gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts München zur Nutzung der Marke „Ortlieb“ auf Amazon die bisherige obergerichtliche Rechtsprechung abgeändert. Er geht im Rahmen der Entscheidung dazu über, die Rechtsprechung zum Keyword-Advertising entgegen der Ansichten der Obergerichte auch auf die portalinterne Suchmaschinen bei Amazon sowie in Online-Shops zu übertragen. Die fehlende räumliche Trennung und Kennzeichnung als Anzeige ließ der Bundesgerichtshof nicht ausreichen, um die Beurteilungsgrundlage zu verändern. Insofern stellt er die entscheidende Frage, ob der Internetnutzer bei Eingabe einer Marke in die Suchmaschine von Amazon anhand der in der Trefferliste vorgenommenen Werbeanzeigen unschwer erkennen könne, ob die Produkte vom Markeninhaber oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass seiner Meinung nach der Internetnutzer in einem Online-Shop oder auf der Plattform Amazon grundsätzlich in der Trefferliste mit Alternativen zu dem gesuchten Markenprodukt rechne. In diesem Fall soll es angeblich für den Internetnutzer nicht mehr schwer sein, zwischen den Produkten des Markeninhabers und den Drittprodukten zu unterscheiden, insbesondere wenn aus der Darstellung der einzelnen in der Trefferliste angezeigten Produkte deutlich zu entnehmen sei, dass sie unter einer fremden Marke angeboten werden. Nähere Einzelheiten gab der Bundesgerichtshof dem Oberlandesgericht München nicht mit auf den Weg, da das Verfahren zur weiteren Entscheidung an das Oberlandesgericht München zurückverwiesen wurde.
Wir haben nun die Erfahrung gemacht, dass seit Veröffentlichung der vorstehenden Entscheidung die Obergerichte davon ausgehen, dass der Bundesgerichtshof das Verkehrsverständnis des Internetnutzers komplett abweichend zur früheren Rechtsprechung festgelegt hat. So wird zentral darauf abgestellt, dass angeblich der Internetnutzer bei der Eingabe einer Marke in die Suchmaschine von Amazon oder einem Online-Shop stets davon ausgehe, nicht ausschließlich Markenprodukte angezeigt zu bekommen, sondern auch Wettbewerbsprodukte. Allein diese Vorstellung widerspricht komplett der älteren Rechtsprechung und meines Erachtens auch dem Erfahrungsschatz im Umgang mit Suchmaschinen in Online-Shops und Verkaufsplattformen. Zu berücksichtigen ist in diesem Kontext, dass die Wettbewerbsprodukte nicht als Werbung gekennzeichnet und räumlich von der Trefferliste wie im Bereich des Keyword-Advertising abgegrenzt sind. Darüber hinaus werden die angezeigten Wettbewerbsprodukte häufig ausschließlich von Handelsunternehmen angeboten, welche entweder einen glatt beschreibenden Gattungsbegriff oder eine reine Handelsmarke im Rahmen ihrer Anzeige benutzen. In diesem Fall liegt aber nach bisheriger ständiger Rechtsprechung zur Vermeidung einer Herkunftstäuschung im Bereich des ergänzenden Leistungsschutzes nie ein geeigneter die Herkunftstäuschung vermeidender Hinweis vor, da es der Internetnutzer gewohnt ist, dass Markenprodukte auch von Handelsunternehmen unter einer Zweitmarke angeboten werden. Insofern ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH lediglich ein eindeutiger Herkunftshinweis auf den Hersteller geeignet, eine Herkunftstäuschung aus dem Hause des Markeninhabers zu vermeiden. Hierüber finden sich leider im Urteil des Bundesgerichtshofs keinerlei Passagen.
Das Oberlandesgericht Frankfurt hat gleichwohl in einer Entscheidung vom 21. Februar 2019 gestützt auf die Rechtsprechung „Ortlieb“ seine vorgehende Ansicht aus dem Jahr 2016 zur Marke „Fatboy“ komplett geändert und die Anzeige von nachgeahmten Produkten zur Eingabe des Markensuchworts „Lamzac“ auf Amazon als zulässig angesehen. Im Bereich der Verkehrserwartung stützte sich das OLG auf die BGH-Entscheidung und behauptet, dass der angesprochene Internetnutzer nach der Entscheidung „Ortlieb“ inzwischen stets davon ausgehe, auch Wettbewerbsprodukte in der Trefferliste bei Amazon angezeigt zu bekommen. Im Hinblick auf die vorstehend angesprochene Zweitmarkenstrategie war der Senat der Ansicht, dass aufgrund der Vielzahl von angezeigten Wettbewerbsprodukten der Internetnutzer nicht davon ausgehe, dass sämtliche der Wettbewerbsprodukte unter einer Zweitmarke angeboten werden. Diese Entscheidung verdeutlicht die Kehrtwende in der Rechtsprechung, obwohl sie im Rahmen der Begründung alles andere als überzeugend ist.
Learning:
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt steht zu befürchten, dass die Instanzgerichte die Benutzung von Marken oder Firmen in internen Suchmaschinen auf Online-Shops sowie auf Amazon oder anderen Verkaufsplattformen mit der Anzeige von Wettbewerbsprodukten in der Trefferliste nicht mehr als Rechtsverletzung verbieten und sich lediglich pauschal auf die Entscheidung des BGH „Ortlieb“ zurückziehen. Diese ist gleichwohl nicht nur im Bereich der angeblich geänderten Verkehrsauffassung des Internetnutzers nicht überzeugend, sondern lässt auch im Hinblick auf die Vermeidung einer Herkunftstäuschung durch die bloße Nennung einer „Marke“ eine Vielzahl von Fragen offen. Dies gilt insbesondere für die Tatsache, dass nach eigener Ansicht des BGHs zur Vermeidung einer Herkunftstäuschung stets ein eindeutiger Herkunftshinweis auf den Hersteller notwendig ist und gerade durch unbekannte Marken oder Handelsmarken von Handelsunternehmen eine solche Herkunftstäuschung nicht beseitigt werden kann. Insofern bleibt zu hoffen, dass diesbezüglich mindestens einer Klarstellung durch den Bundesgerichtshof im Rahmen der zukünftigen Entscheidung kommen wird, wenn nicht gar zu einer Korrektur dieser Rechtsprechung. Im Ergebnis ist der momentane Stand für die Markeninhaber in jedem Fall extrem unbefriedigend, da sowohl auf Online-Shops als auch auf der extrem umsatzkräftigen Verkaufsplattform Amazon sie nicht nur im Bereich des Amazon Marketing Services sowie den Keyword-Advertising-Kampagnen ungeschützt sind, sondern nunmehr auch im Rahmen der direkten Anzeigen von Wettbewerbsprodukten in den Trefferlisten.
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