Ob wir wollen oder nicht, Arbeit ist eines der gesellschaftlichen Lieblingsthemen. Nicht selten ist die erste Frage bei einem Treffen mit Bekannten oder Familie: „Was macht die Arbeit?“ Ein Thema, das in aller Munde ist, also. Das birgt tatsächlich auch großes Potenzial. Immerhin zahlen Unternehmen Unsummen an Influencer:innen, um über ihre Produkte oder Services zu sprechen.
Mitarbeiter:innen machen das kostenlos. Mit einer Professionalisierung dieses natürlichen Vorgangs (und mit Einbeziehung von sozialen Netzwerken) kann so nicht nur über, sondern für Deine Organisation gesprochen werden. Das Stichwort lautet Employee Advocacy: Mit gezielten Programmen motivierst Du Deine Belegschaft dazu, als Markenbotschafter:innen mit Unternehmensinhalten zu werben.
Was sich genau hinter dem Konzept versteckt, warum es immer relevanter wird und welche Ziele es verfolgt, erfährst Du, wenn Du weiterliest. Das Beste? Wir geben Dir Informationen an die Hand, die Du selbst in der Praxis anwenden kannst, um Dein Team aus Corporate Influencer:innen zusammenzustellen.
Definition: Was versteht man unter Employee Advocacy?
Employee Advocacy setzt sich aus den beiden englischen Wörtern für Mitarbeiter:in und Befürwortung zusammen. Letztendlich geht es bei dem Konzept also darum, dass Mitarbeiter:innen sich öffentlich positiv über ihren Arbeitgeber äußern. Das kann sowohl das Unternehmen an sich betreffen, als auch die Produkte und Leistungen, die dieses anbietet.
Im weitesten Sinne ist es also auch Employee Advocacy, wenn ich wie eingangs beschrieben mit Bekannten darüber spreche, wie zufrieden ich an meinem Arbeitsplatz bin. Denn damit promote ich den Employer Brand und somit auch eine positive Arbeitgebermarke.
Diese Kommunikation kann gezielt und geschult erfolgen. Wenn Unternehmen das Potenzial erkennen, können sie entsprechende Employee Advocacy Programme aufbauen und das Ganze organisiert ablaufen lassen.
Warum ist Employee Advocacy wichtiger denn je?
Ein Blick in das Edelman Trust Barometer 2024
Im aktuellen Edelman Trust Barometer zeichnet sich ein klares Bild ab: Das Vertrauen in Regierungen, aber auch Unternehmen sinkt stetig. Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland vertrauen 2024 neun Prozentpunkte weniger (62 Prozent) als noch im Jahr 2014. Mehr als 60 Prozent schätzen Unternehmensführungen so ein, dass sie Menschen absichtlich in die Irre führen (Quelle: edelman.com).
Aber wem vertrauen wir dann überhaupt noch? Hier kommt der überraschende Teil der Studie zu tragen: 74 Prozent vertrauen Menschen, die wie sie selbst sind, am ehesten. Man beachte: Ebenso viele gaben an, Wissenschaftler:innen ihr Vertrauen zu schenken. Ähnlichkeit und wissenschaftliche Expertise rufen demnach gleich viel Überzeugung hervor. Kurzum: Wenn wir unsere Zielgruppe authentisch auf deren Level ansprechen, ist das also genauso wirkungsvoll wie echte Forschungsergebnisse. Nicht schlecht, oder?
Kommunikation à la „Ich bin eine:r von Euch“
Wir wissen also, wie wichtig es ist, in der Kommunikation nachvollziehbar und glaubhaft zu sein. So weit, so gut. Was hat das nun mit einem Employee Advocacy Programm zu tun? Ganz einfach: Ein eigener Mitarbeitender oder eine Mitarbeiterin bringt die nötige Glaubwürdigkeit mit, um zu erzählen, wie das Unternehmen wirklich ist. Keine Marketingmasche, keine Übertreibung, sondern echte Erfahrungen. Doch auch das will gelernt sein. Insbesondere, wenn Unternehmen Employee Advocacy Programme organisiert und professionalisiert betreiben wollen.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Social Media, Personal Branding und Unternehmensmarke: Wie geht das zusammen?
Der Elefant im Raum: Warum sollten Mitarbeiter:innen überhaupt Interesse daran haben, als Fürsprecher:in für das Unternehmen aufzutreten? Der Trend hin zu Personal Branding und einer ordentlichen (professionellen) Social Media Präsenz spielt uns hier in die Hände.
Immer mehr Arbeitnehmer:innen legen Wert darauf, berufliche Erfolge mit ihrem Netzwerk zu teilen. LinkedIn Top Voice zu sein scheint für viele ein großes Ziel. Likes auf Urlaubsfotos am Strand geraten in den Hintergrund und werden zum Teil durch die Zurschaustellung von professionellem Aufstieg und Thought Leadership ersetzt. Dabei ist es gar nicht so wichtig, ob jemand aktiv auf Jobsuche ist. Viel eher geht es darum, sich in der Corporate-Welt Gehör zu verschaffen und sich (bis zu einem gewissen Grad) auch einfach zu präsentieren. Warum auch nicht?
Eine Win-win-Situation also: Mitarbeiter:innen verstärken ihren Personal-Brand, Unternehmen ihre Bekanntheit.
Vom normalen Teammitglied zum/ zur Corporate Influencer:in: So geht’s
Wer wirklich daran interessiert ist, Mitarbeiter:innen zu Markenbotschafter:innen zu machen, muss Zeit und Ressourcen frei machen. Ohne geht es nicht. Erst dann kann in die allgemeine Planung und schließlich auch Umsetzung gegangen werden. Also: Kläre am besten schon vor dem Start ab, ob auch die Führungsebene mit an Board ist. Die zum Employee Advocacy Programm nötigen Schritte könnten dann wie folgt aussehen:
1. Definiere die Botschaft
Zuallererst musst Du Dich fragen, was Du überhaupt übermitteln möchtest. Möchtest Du die Unternehmenskultur nach außen tragen und eine positive Arbeitgebermarke präsentieren? Geht es Dir um Personalbeschaffung? Oder willst Du Dein Produkt oder einen Service in Social-Media-Kanälen von Mitarbeiter:innen vermarkten? Überlege Dir als erstes, was Employee Advocacy für Euch bedeutet und was genau Ihr damit erreichen wollt.
2. Mach’s messbar
Nachdem Du definiert hast, was das Ziel Deiner Corporate Influencer Aktion sein soll, musst Du Dir überlegen, wie Du dieses Ziel messbar machen kannst. Geht es Dir hauptsächlich um Awareness für Dein Unternehmen und Markenbekanntheit? Dann kannst Du Social Media Kennzahlen (etwa die Reichweite bzw. Impressions) von den Postings Deiner Markenvertreter:innen zurate ziehen, neue Follower betrachten oder Wachstum beim Organic Traffic ausmachen.
Geht es Dir um Employer Branding? Dann zeigt Dir die Zahl an eingehenden Bewerbungen den Erfolg auf. Bei vielen Recruiting Software Tools können Bewerber:innen auch angeben, wo sie zum ersten Mal vom Unternehmen gehört haben. Das kann ganz direkt Aufschluss darüber geben, ob Deine Employee Advocacy Strategie Früchte trägt.
3. Choose Excellence
Nun ist es an der Zeit, einen Blick in die eigenen Reihen zu werfen. Wer eignet sich besonders dafür, als Interessenvertretung für Unternehmen und Mitarbeiter:innen der Öffentlichkeit zu stehen? Sticht jemand heraus, der seine Social-Media-Kanäle vielleicht jetzt schon mit besonderen Inhalten pflegt und über Eure Marke spricht? Wähle am besten in Entwicklungsgesprächen gezielt Personen aus, die schon zuvor viel vom Unternehmensaccount teilen und Empfehlungen aussprechen. Das wirkt authentischer und leistet einen größeren Beitrag zum Erfolg der Strategie. Einen Leitfaden, wie Du gute Entwicklungsgespräche führst findest Du übrigens hier.
Besonders wichtig: Mitarbeiter:innen müssen sich wohl dabei fühlen, ihre privaten Accounts für Social-Media-Marketing zur Verfügung zu stellen. Das ist nicht jedermanns Sache und das ist auch in Ordnung so. Besser einmal zu viel abklären!
4. Dos and Don’ts
Gratuliere, das Team steht! Weiter geht es jetzt mit einer praktischen Anleitung für Eure Markenvertreter:innen, die ihnen punktgenau an die Hand gibt, was zu tun bzw. nicht zu tun ist. Hier geht es allen voran um Wordings und Abläufe. Gerne können hier auch absolute No-Gos festgehalten werden. Welche Themen sollen vermieden werden, wie geht man mit negativen Kommentaren um, wer kümmert sich um Leads und Bewerbungen, welche Unternehmens-Hashtags gibt es? All das sollte schriftlich festgehalten werden, um das Team zu unterstützen.
Allerdings lebt Employee Advocacy von der Authentizität und somit auch Freiwilligkeit: Guidelines sind hilfreich. Sie sollten aber den Mitarbeiter:innen nicht den Mund verbieten und ihnen die Möglichkeit geben, sich in ihrer Sprache auszudrücken.
5. Wen wollen wir wo erreichen? Social Media vs. Brieftaube
Nun ist der Grundstein gelegt, aber eine wichtige Frage muss noch beantwortet werden: Wer ist eigentlich die Zielgruppe und wo kann diese angesprochen werden? Diese Frage hängt eng mit der Zieldefinition zusammen. Denn darauf aufbauend entscheiden sich auch die entsprechenden Kanäle für eben diese Zielgruppen.
Oft finden Employee Advocacy Programme auf LinkedIn statt. Klar, die Plattform eignet sich gut zum beruflichen Netzwerken. Aber es darf ruhig auch weiter gedacht werden. Gerade ein jüngeres Publikum kann auch auf TikTok oder Instagram erreicht werden. Und natürlich können auch die eigenen Channels wie etwa die Unternehmensseite genutzt und darüber Mitarbeiter:innen eine Stimme gegeben werden. Tatsächlich ist manchmal der traditionellste Weg auch nicht zu vernachlässigen: das persönliche Gespräch.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
6. Hör zu!
Das Programm startet und Dein Team hat bestimmt laufend Fragen. Auch dafür solltest Du gewappnet sein. Hör Deinen Employee Advocates genau zu und sei bei Unklarheiten mit einem offenen Ohr die erste Ansprechperson. Bestimmt gibt es am Anfang einige Verbesserungsmöglichkeiten und wenn Ihr kleine Stellschrauben laufend anpasst, führt Euer Employee Advocacy Programm erfolgreich zu mehr Bekanntheit.
Employee Advocacy Programme: Beispiele aus der Praxis
Genug zur Theorie. Werfen wir jetzt einen Blick in die Praxis. Welche Unternehmen haben bereits erfolgreiche Employee Advocacy Programme umgesetzt?
OTTO und seine Markenbotschafter:innen
Der Modekonzern OTTO motiviert seine Mitarbeiter:innen dazu, auf Social Media Einblicke in die Unternehmenskultur zu geben und andere mit ihrer Begeisterung anzustecken (Quelle: otto.de). Und das ist noch nicht alles: Der Konzern bildet seine Mitarbeiter:innen einem offiziellen Programm sogar zu Markenbotschafter:innen aus!
IKEA und seine „IKEA Tipps & Tricks“
Auch das schwedische Möbelhaus setzt auf Employee Advocacy. In dem „IKEA Tipps und Tricks“ Format wird Mitarbeitenden eine Bühne geboten, um Einrichtungstipps zu geben (Quelle: youtube.com).
Media Markt und sein hauseigenes Casting
Media Markt rekrutierte seine Markenbotschafter:innen im firmeninternen Casting. Die Auserwählten sollen nun alle verschiedene Themen abdecken. Von Produkttests über Behind-the-Scenes-Content bis hin zur Berichterstattung von Messen und Events soll alles dabei sein (Quelle: wuv.de).
Deutsche Bank und ihr #irgendwasmitbank
Mit Jürgen Schmitt und seinem #irgendwasmitbank Hashtag hat die Deutsche Bank einen echten Glücksgriff gemacht. Der Mitarbeiter mit 30 Jahren im Konzern am Buckel teilt Inhalte rund ums Thema Finanzen und hat mit dem Format ExpeditionFinance jetzt auch sein eigenes Format bekommen (Quelle: deutsche-bank.de).
Mitarbeiter:innen als Influencer:innen: Wie man’s nicht machen soll
Zu guter Letzt zeigt die Erfahrung auch, welche Fehler man auf dem Weg machen kann. Und Ihr müsst diese Fehler zum Glück nicht mehr wiederholen.
1. Die Führungsebene ist nicht eingebunden
Hier haben C-Level-Leute eine Vorbildwirkung. Nutzen sie ihre Social-Media-Kanäle für Employee Advocacy, so werden ihnen auch andere Mitarbeiter:innen leichter folgen und sie können den Weg für andere ebnen. Außerdem sollte die Führungsebene unbedingt auch in die Strategie eingebunden werden. Immerhin müssen sie darüber im Bilde sein, was über ihre Organisation nach außen getragen wird und damit d’accord gehen.
2. Mit der Zeit kommt … die Vernachlässigung
Erste Erfolge werden verzeichnet, andere Projekte sind wichtiger und das Employee Advocacy Programm gerät in Vergessenheit. Passiert. Kann aber auch vermieden werden. Bereite gleich von Anfang an einen Plan vor, der auf Langfristigkeit ausgelegt ist. Denn nur so können auch echte Erfolgsgeschichten geschrieben werden.
3. Einbahnstraße statt ehrlicher Austausch
Ihr gebt dem Team klare Richtlinien, Eure Aufgabe ist getan und Ihr lasst das Thema hinter Euch? Nicht ganz! Feedback vom Team ist das Allerwichtigste, um das Programm zum Erfolg zu bringen. Seid offen für Kritik und nehmt diese ernst und vor allem in Eure überarbeiteten Guidelines auf!
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
4. Stopp-Schilder statt freie Bahn
Wie bereits beschrieben, sind Anleitungen nötig, um eine Linie vorzugeben. Haltet Euch aber damit zurück, jedes Wort vorzuschreiben. Besser kreativer Content mit Ecken und Kanten als Corporate-Kauderwelsch. Keiner will lesen, was klingt, als ob es der CEO höchstpersönlich vorgeschrieben hätte.
Fazit: Employee Advocacy als Balanceakt zwischen Guidance und kreativer Freiheit
Am Ende des Tages müssen Unternehmen so also eine Balance zwischen nötigen Richtlinien und vorgekauten Marketing-Gerede als Rahmen finden. Nur so können Employee Advocacy Programme letztendlich Anklang bei Mitarbeiter:innen und einem breiten Zielpublikum finden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr Informationen