Vom fehlenden Standard einer wichtigen KPI im Handelsmarketing
Jede:r Marketer:in strebt danach, den Erfolg von Marketingkampagnen optimal zu messen und Antworten auf die wesentlichen Fragen zu erhalten. Welcher Kanal performt am besten? Wie ist das Budget optimal verteilt und welche Anzeige konvertiert gut bzw. schlecht?
Besonders im Handel, wo Werbung häufig auf Aktionen und Angebote abzielt, gewinnt die Beurteilung ihrer Auswirkungen auf Ladenbesuche und Kaufkraft stark an Bedeutung. Bedingt durch den Online-to-Offline Medienbruch ist diese Attribution in der Handelswelt jedoch seit jeher herausfordernd.
Der Werbeerfolg auf digitalen Channels kann nicht eins zu eins mit der Werbewirkung in der realen Welt verglichen werden. Die Online-Werbewirkung reflektiert also nicht direkt, wie sich die Marketingkampagnen offline auf das Kaufverhalten auswirken.
So stehen Werbetreibende und Händler:innen aufgrund dieses Medienbruchs vor der Herausforderung, den Erfolg ihrer Online-Maßnahmen für den stationären Handel richtig zu bewerten.
Daher wird oft eine Messgröße zum Einsatz genommen, die sich – zumindest dem Wording nach – plattformübergreifend etabliert hat und die Onlinewelt mit Offline-Effekten verbindet: die Store Visit Rate (SVR).
Diese Metrik gibt Aufschluss über die Anzahl der Konsument:innen, die ein Geschäft besucht haben, nachdem sie online mit Werbeanzeigen in Berührung gekommen sind.
Berechnung des ROI mithilfe der Store Visit Rate
Die Store Visit Rate ist also eine Hilfsgröße, die dem:der Einzelhändler:in zugutekommt, wenn er:sie den ROI (Return on Investment) einer Kampagne ermitteln möchte.
Mithilfe weiterer Erfahrungswerte des Händlers bzw. der Händlerin – wie zum Beispiel der durchschnittlichen Bon-Höhe je Filiale und der Kaufquote – gelingt es so in der Theorie, den ROI einer Kampagne zu berechnen.
Der ROI (zu Deutsch „Rendite der Investition“) sagt also aus, wie lohnenswert das Investment in die Marketingkampagne war. Er misst den finanziellen Erfolg der Kampagne im Verhältnis zu den dafür getätigten Ausgaben und zeigt, wie viel Gewinn oder Verlust erzielt wurde.
Im Folgenden werden die zwei Messwerte der Store Visit Rate und des Return on Investment mit einer kurzen Beispielrechnung veranschaulicht.
Beispielrechnung Store-Visit:
Das eingesetzte Media-Budget beträgt 50.000 €
Die Kampagne erzielt 2.000.000 Impressionen
Die Kampagne erzielt 500.000 Klicks
Die vom System kalkulierte Store Visit Rate ist 10 %
Beispielrechnung ROI (Return on Investment) basierend auf SVR (Store Visit Rate):
Das eingesetzte Media-Budget beträgt 50.000 €
Die Kampagne erzielt 2.000.000 Impressionen
Die Kampagne erzielt 500.000 Klicks
Die vom System kalkulierte Store Visit Rate ist 10 %
Die Kaufquote ist 25 % (exemplarische Erfahrungswerte)
Die durchschnittliche Bon-Höhe ist 40 € (beispielhafte Erfahrungswerte)
Basierend auf den Informationen, die wir zur Marketingmaßnahme haben, ergibt sich folgendes Rechenbeispiel:
Das Unternehmen investiert 50.000 Euro in Online-Marketing, um Kunden in den Store zu locken. Durch diese Maßnahme erwirtschaftet das Unternehmen einen zusätzlichen Umsatz von 500.000 Euro.
Den Umsatz berechnet man mithilfe der Ladenbesuche, der Kaufquote und der durchschnittlichen Bon-Höhe. Der Gewinn ergibt sich dann durch den generierten Umsatz von 500.000 Euro minus den Kosten, also dem eingesetzten Kapital von 50.000 Euro für die Marketingmaßnahmen.
Somit liegt der Gewinn bei 450.000 Euro. Wir können nun all diese Werte in die oben genannte Formel für den ROI einsetzen.
Der ROI beträgt somit 900 %. Dies entspricht einem Gewinn von 9 € je investiertem Euro.
Fassen wir zusammen: Mittels des Instruments der Store Visit Rate können Händler:innen also den ROI einer Marketingkampagne berechnen und somit verschiedene Kampagnen, Creatives und Targetings innerhalb einer Plattform miteinander vergleichen.
Was aber, wenn man verschiedene Kanäle vergleichsweise beurteilen möchte?
Es gibt derzeit diverse Messkriterien auf dem Markt, die Verwendung finden, wie die nachfolgende Auflistung verschiedener Drive-to-Store-Anbieter:innen zeigt:
Auch wenn Werbetreibende im Marketing verschiedene Daten, Kennzahlen und Konversionen nutzen, ist das Kampagnenziel hier eins: Möglichst viele Ladenbesuche und Interaktionen der Besucher:innen mit den Produkten der Einzelhändler:innen generieren und eine positive Kundenerfahrung auslösen.
Doch was bedeuten diese unterschiedlichen Messstandards im Marketing jetzt für die Bewertung der Kampagne?
Bleiben wir bei unserer Beispielrechnung von oben und schauen uns das Ganze mit einem Beispiel an. Berechnen wir den ROI mit den Post-Click Events (Klicks) laut den Messkriterien von Company 1 (Beispiel A) sowie den ROI mit den Post-View Events (Impressionen) laut den Messkriterien von Company 3 (Beispiel B), so ergibt sich:
Company 1:
Das eingesetzte Budget beträgt 50.000 €
Die Kampagne erzielt 2.000.000 Impressionen
Die Kampagne erzielt 500.000 Klicks
Die vom System kalkulierte Store Visit Rate ist 10 %
Errechnete Store-Visits im Attributionszeitraum:
500.000 x 10 % = 50.000
Company 3:
Das eingesetzte Budget beträgt 50.000 €
Die Kampagne erzielt 2.000.000 Impressionen
Die Kampagne erzielt 500.000 Klicks
Die vom System kalkulierte Store Visit Rate ist 10 %
Errechnete Store-Visits im Attributionszeitraum:
2.000.000 x 10 % = 200.000
Auf den ersten Blick wirkt die Kampagne von Company 3 viel erfolgreicher. Ob sie das aber wirklich ist, kommt ganz darauf an, welche Messgrundlage, Daten und Kennzahlen der:die jeweilige Marketing-Anbietende benutzt.
Worin unterscheiden sich die Messmethoden?
Den jeweiligen Messmethoden liegen nicht nur unterschiedliche Attribute (Post-Click vs. Post-View) zugrunde. Es variiert zudem auch, wie die Conversion gemessen wird, von welchen Zeiträumen ausgegangen wird, und schließlich welche Technologie bei der jeweiligen Messmethode zur Anwendung kommt.
Hier eine Erklärung der in der Tabelle ersichtlichen Messkriterien:
1. Post-view vs. Post-click Tracking
Die verschiedenen Plattformen nutzen unterschiedliche Grundlagen für die Messung der Store-Visit-Metrik. So beziehen sich einige auf die Ad-Impressions (Post-View) als Berechnungsgrundlage, andere lassen lediglich die Interaktionen (z.B. Klicks = Post-Click) in die Berechnung einfließen.
2. Visits vs. Visitor
Zudem gibt es keine einheitliche Tracking-Methode der Ladenbesuche per se. Während einige Marketing-Anbietende alle Besuche eines Users bzw. einer Userin (=Visits, d.h. auch mehrmalige Ladenbesuche jenes Konsumenten) zählen, werten andere den:die uniquen User:in einmalig (=Visitor).
3. Unterschiede im Attributionszeitraum
Auch in Hinblick auf den Attributionszeitraum gibt es nicht den einen Standard, der für jede Kampagne optimal ist. Der Attributionszeitraum bezieht sich auf den Zeitraum, über den die Auswirkungen einer Marketingaktivität auf den Erfolg oder die Conversions gemessen werden.
Innerhalb des festgelegten Zeitraums wird den verschiedenen Marketingkanälen oder -aktionen also der Beitrag zu einer Conversion zugeschrieben. Pro Branche erweisen sich jeweils unterschiedliche Zeiträume als sinnvoll.
Wo für den Lebensmitteleinzelhandel sieben Tage eine relevante Größe darstellen, verhält sich die Kennzahl in anderen Branchen anders. In der Möbelbranche kann gar ein 30-tägiger Attributionszeitraum bereits als knapp bemessen gelten, da hier häufig eine längere Kaufvorbereitungsphase nötig ist.
Die Daten unterscheiden sich also.
4. Unterschiede Trackingtechnologie
Zu guter Letzt hängt das Messergebnis der Store-Visits auch von der zugrunde liegenden Trackingtechnologie ab, die für die Messung des Kampagnenerfolgs jeweils zur Anwendung kommt.
Ob Geofencing Modelle, die auf unterschiedliche Daten-Quellen wie z.B. von Google Maps zurückgreifen, oder IP-Localisation & Proximity Data, es gibt eine Vielzahl an Technologien, mit denen die Ladenbesuche getrackt werden.
Die Varietät der Messtechnologien bedeutet aber auch, dass auf diese Weise keine vergleichbaren Ergebnisse resultieren, da sie nicht einheitlich sind.
Bei Geofencing wird mithilfe von GPS, WLAN oder Mobilfunkdaten ein virtueller Zaun um einen geografischen Bereich (z.B. Standort eines Ladengeschäftes) gezogen.
So können Unternehmen bestimmte Zielgruppen geografisch segmentieren und dadurch dank dieser Daten gezielte Marketingaktionen basierend auf dem Standort der User:innen durchführen oder eben Store-Visits tracken.
Eine weitere Methode ist die IP-Localisation. Hier kann mithilfe von IP-Geolokalisierungstechnologien die IP-Adresse eines Users bzw. einer Userin verwendet werden, um den geografischen Standort des Users bzw. der Userin zu bestimmen.
Das ermöglicht es, personalisierte Marketingaktionen durchzuführen oder Ladenbesuche zu tracken.
Wie sähe nun die zuverlässige Messmethode aus?
Wie erwähnt mangelt es der Store Visit Rate an Einheitlichkeit der Parameter, aus denen sie sich zusammensetzt.
Dazu zählen die Berechnungsgrundlage, also Post-View vs. Post-Click Tracking, die Frage nach Store-Visits oder Store-Visitor, die unterschiedlichen Zeiträume, die betrachtet werden, sowie die schiere Varietät an Trackingtechnologien. Sie machen die Store Visit Rate zu keiner zuverlässigen Größe zur Berechnung der Werbewirksamkeit von Cross-Channel-Kampagnen.
Doch welcher KPI (Key Performance Indicator) kommt dann infrage, um den plattformübergreifenden Werbeerfolg einer Marketingkampagne tatsächlich trotz Medienbruch bewerten zu können?
Werbewirksamkeit reloaded
Um valide Aussagen hinsichtlich der Werbewirkung treffen zu können, bedarf es genauerer Messmethoden auf Basis von Data Science in Verbindung mit den Kassendaten des jeweiligen Handelsunternehmens.
Ein geeigneter Weg stellt hierfür die KI (Künstliche Intelligenz)-basierte Analyse des Werbeerfolgs dar. Bei dieser wird mittels der Bildung strukturgleicher Test- und Kontrollgruppen ein Testszenario erstellt, welches Einflussfaktoren – wie sozio-ökonomische, regionale, filialspezifische, saisonale und weitere Unterschiede – aus der Berechnungsgrundlage eliminiert.
In der anschließenden Analyse der Test- und Kontrollgruppen ist es dann möglich, Sondereffekte von den tatsächlichen Effekten der digitalen Marketingmaßnahmen zu trennen und so letztlich wirklich valide Aussagen über die Werbewirkung zu treffen und damit einhergehend den ROI zuverlässig zu berechnen.
Moderne Algorithmen in Kombination mit experimentellen Ansätzen und Kassendaten ermöglichen es also, die Wirkung einzelner Media-Kanäle trennscharf zu ermitteln und bis zum Umsatz an der Kasse durchzumessen. So kann der Uplift-Effekt einer jeden Kampagne bewertet und kontinuierlich optimiert werden.
Um die hinter dem Umsatz-Uplift stehenden Treiber zu verstehen, sind zusätzlich implizite und explizite Messmethoden wie zum Beispiel Eye-Tracking in Kombination mit POS (Point-of-Sale) Befragungen sinnvoll. Anhand der gewonnenen Daten können Werbetreibende die Kampagnenziele in Zukunft erfolgreicher umsetzen.
Best Practice Beispiel
Optimierung mittels Kassendaten: NATRUE misst Werbewirkung von Digitalkampagne am Point of Sale
Closing the Loop – Wie lässt sich der Offline-Erfolg von digitalen Marketingkampagnen nun am besten messen? Wir zeigen am Beispiel der Marke NATRUE die Werbewirkungsmessung durch echten Umsatz am Point of Sale und wie Marketingkampagnen anhand echter Kassendaten der Besucher:innen optimiert werden können.
Der spanische pflanzliche Getränkehersteller Liquat Vegetals suchte nach einer effektiven Einführung seines neuen Produkts NATRUE auf dem deutschen Markt. Eine digitale Cross-Channel-Kampagne sollte potenzielle Kunden ansprechen und zum Kauf von NATRUE aktivieren.
In der ersten Woche sollte online Markenawareness geschaffen werden. In der zweiten Woche lag der Fokus auf dem Ausspielen von Preisaktionen, um User:innen zum Kauf von NATRUE Produkten zu animieren. Die Digitalkampagnen wurden innerhalb dieses Zeitraums auf diversen Plattformen, zum Beispiel Social Media Kanälen, ausgespielt.
Die Werbewirksamkeit wurde zeitgleich in 18 Testmärkten über eine zwölfwöchige Testphase gemessen. So konnten die laufenden Digitalkampagnen mittels echter Kassendaten ausgesteuert und optimiert werden, da deren direkte Auswirkungen auf den Umsatz messbar war.
Die Messung des Uplift-Effekts pro Kanal und die kontinuierliche Anpassung des Mediamix erfolgte also auf Basis realer Umsatz- und Verkaufsdaten. Der multimethodische Forschungs- und Beratungsansatz erlaubte so die Messung der Werbewirkung direkt am Point of Sale.
Dadurch wechselte der Fokus von der oft nicht verlässlichen Store-Visit-Metrik auf echte Umsatzdaten. So war letztlich eine detaillierte Analyse und ein Reporting auf Produkt-/Produktgruppen- und Gesamtumsatzebene möglich.
Durch Data-Science konnten zusätzlich, durch qualitative Befragungen direkt am POS, interessante Insights zur Kundenerfahrung und Werbewirkung gewonnen werden.
Das Ergebnis?
NATRUE konnte mit digitaler Shopper Aktivierung neue Märkte erschließen und die Cross-Channel-Kampagnen messbar machen. Die Ergebnisse zeigten eine hohe Awareness für die Marke und starkes Engagement.
Durch Retargeting und die Optimierung der Kampagne konnte ein reeller Umsatzlift von +237 % verzeichnet werden.
Die Kombination aus gezielten digitalen Maßnahmen und der Nutzung von Data Analytics trug maßgeblich zum Erfolg der Kampagne bei und ermöglichte eine fundierte Bewertung des Markenpotenzials von NATRUE auf dem deutschen Markt.
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