Die brandneue App BeReal wurde bereits millionenfach heruntergeladen, hielt die Nr. 1 Position im App Store und stieß auf das Interesse von mehreren Investor:innen. Im September 2022 erreichte BeReal seit dem Start der App im Jahr 2020 in Frankreich bereits mehr als 53 Millionen Downloads.
Damit gelang Gründern Kévin Perreau und dem ehemaligen GoPro-Mitarbeiter Alexis Barreyat in nur zwei Jahren der Durchbruch.
Die Downloadzahlen sind jeden Monat rapide angestiegen, insbesondere seit Januar 2022, von insgesamt 756 Tausend Downloads im Januar auf nun 53 Millionen Downloads. BeReal hat 21,6 Millionen monatlich aktive Nutzer:innen weltweit, ein Anstieg von unglaublichen 2.248 % im Vergleich zum Vorjahr.
Aber immer mehr Menschen fragen sich auch, ob man mit BeReal Marketing betreiben kann und wie das eigentlich funktionieren soll.
BeReal ist nämlich das komplette Gegenteil von vielen bzw. allen anderen Social Media Apps. Die Nutzer:innen haben sich mehr Authentizität gewünscht, BeReal erfüllt diese Forderung.
Jeden Tag zu einer zufälligen Zeit, die je nach Land variiert, benachrichtigt die App die Nutzer:innen – ⚠️ Time to BeReal. ⚠️ – und weist darauf hin, dass sie zwei Minuten Zeit haben, ein Foto zu machen und zu teilen. Die Kamera nimmt gleichzeitig ein Selfie und ein nach hinten gerichtetes Foto auf.
Die Nutzer:innen können die Beiträge ihrer Freunde und Freundinnen nicht sehen, ohne vorher selbst zu posten. Deswegen eignet sich BeReal für Marketing auf den ersten Blick eigentlich weniger, doch dazu später noch etwas mehr.
Laut The Verge hat BeReal “eine ziemlich unscheinbare Reihe von Funktionen, die aber gut ankommen”, wobei das gelbe Vorsicht-Emoji die Brand kennzeichnet. Die App “verbindet die Nostalgie für soziale Apps, die es früher gab, mit der Sorge um die Welt, die diese Apps geschaffen haben.
Es ist zwar unmöglich zu sagen, wie groß sie werden könnte – oder wie lange sie Bestand haben wird –, aber im Moment löst BeReal bei TikToker:innen, Twitter-Nutzer:innen und Studierenden berechtigte Begeisterung aus.”
Dank der hohen Popularität ist zumindest eine erste wichtige Anforderung für effizientes BeReal Marketing erfüllt.
BeReal macht Dich nicht berühmt oder süchtig
Die begrenzte Dauer von zwei Minuten verhindert die Möglichkeit, mehrere Aufnahmen zu machen und Fotos zu bearbeiten, was in Kombination mit der Zufälligkeit eine hohe Authentizität erzeugen soll.
Die Nutzer:innen sind auf einen Beitrag pro Tag beschränkt, was die App von Natur aus nicht süchtig machen kann. Es geht vielmehr darum, einfach nur etwas Greifbares aus dem eigenen Alltag zu teilen.
Das Unternehmen warnt auch davor: BeReal macht nicht berühmt. Sie scheinen damit sogar aktiv vom BeReal Influencer Marketing abzuraten.
Ist dies ein aufrichtiges Statement über ihre Erwartungen oder lediglich eine Herausforderung, die die Nutzer:innen zum Trotz motivieren soll? Sind typische Influencer Promotions oder BeReal Werbung somit überhaupt möglich und erwünscht?
Das alles sind Fragen, mit denen sich Social Media Expert:innen derzeit noch herumschlagen müssen.
Menschen dazu bringen, sich selbst gut zu fühlen
Der Content wurde als “banal” beschrieben, wobei die Realität im Mittelpunkt der App steht. Dies steht in krassem Gegensatz zu den toxischen Schönheitsstandards, die in den sozialen Medien so weit verbreitet sind.
Kingfluencers hat über die Notwendigkeit geschrieben, den Schaden dieser Schönheitsstandards zu mildern, und BeReal teilt diese altruistischen Ziele. TechCrunch behauptet, “BeReal vermarktet sich als Anti-Instagram”.
Das Unternehmen beschreibt die App als “einen offenen und unterhaltsamen Ort, an dem Menschen ihr Leben mit Freunden und Freundinnen teilen können… Wir möchten, dass sich die Menschen mit sich selbst und ihrem Leben wohlfühlen. Wir wollen eine Alternative zu süchtig machenden sozialen Netzwerken, die den sozialen Vergleich fördern und das Leben mit dem Ziel darstellen, Einfluss zu gewinnen.”
Aber werden Fortschritte auf dem Weg zu diesem Ziel gemacht, wenn sich die Nutzer:innen nur mit engen Freunden und Freundinnen verbinden und keine Nutzer:innen mit Millionen von Follower:innen “berühmt” werden? Und können es sich die Gründer überhaupt leisten, bei BeReal auf Marketing und Werbung komplett zu verzichten?
Genau das muss die App nämlich noch langfristig beweisen. Andere Apps wie Instagram, TikTok und Facebook erzielen schließlich den Großteil ihrer Umsätze aus Werbung und Vermarktung, um die hohen Kosten für Entwicklung und Infrastrukturen decken zu können. Diese wichtigen Einnahmen würden BeReal komplett fehlen.
Der Wert von Beschränkungen und Exklusivität
Es mag seltsam klingen zu sagen, Einschränkungen würden die Kreativität fördern, aber genau das passiert auf vielen Social Media Plattformen, wie z. B. bei der Zeichenbegrenzung von Twitter. Beliebte TikTok Trends dienen kreativen Influencer:innen oft als Inspiration, um ihre eigenen, einzigartigen Ideen zu entwickeln.
Nach diesem Prinzip könnte auch das BeReal Marketing profitieren, weil die App Einschränkungen praktisch vorlebt und auf diese Weise eine neue Form von Content zu Tage fördern könnte.
Außerdem ist man stolz darauf, ein Early Adopter auf einer Plattform zu sein, die nur von den engsten Freunden und Freundinnen genutzt wird. Dieser Vorteil wird natürlich verschwinden, wenn die Nutzerbasis wächst.
Mit mehr Nutzer:innen wird die Plattform naturgemäss für Unternehmen attraktiver, um auf BeReal Werbung zu schalten und Influencer:innen anzuheuern, sofern sich dafür eine Möglichkeit anbietet.
Im Moment ist jedoch nicht ganz klar, ob und wie sich dieser wichtige Bereich bei BeReal weiterentwickeln wird.
Attraktivität beruht auf Differenzierung
Neue Apps entwickeln sich manchmal als Gegenpol zu bestehenden Apps und nicht aufgrund ihres eigenen, innovativen Werts. BeReal kann beispielsweise dazu beitragen, die Frustration über die jüngsten Updates von Instagram zu beseitigen, die hier kurz und mit einer großen Portion Sarkasmus beschrieben werden.
Auf der Suche nach weiteren Einnahmequellen und permanenter Gewinnmaximierung, fördert Instagram zunehmend irrelevante Inhalte gepaart mit immer mehr Werbeanzeigen. BeReal möchte sich genau davon deutlich abgrenzen.
Social Media Plattformen haben sich schon lange gegenseitig kopiert. Social Media Today nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es ausdrücklich feststellt, dass Instagram “wie üblich versucht, Konkurrent:innen zu schwächen, indem das einzigartige Wertversprechen ihrer Apps verwässert wird.”
In dem Artikel heißt es auch, Instagram lässt sich schon heute von BeReal “inspirieren”, “lauere an seinen Flanken und suche nach Wegen, seine Schlüsselelemente zu nutzen.” Mit Hinblick auf dieses Argument, wäre es eigentlich vorteilhaft, wenn BeReal weiterhin auf Marketing und Influencer:innen verzichten würde, um sich noch besser zu differenzieren.
So hat Instagram konkret einen neuen “Dual”-Kameramodus eingeführt, der es den Nutzer:innen ermöglicht, das, was sie sehen, festzuhalten und gleichzeitig ein Bild ihrer eigenen Reaktion über die Frontkamera einzublenden.
TechCrunch behauptet, die neue Funktion würde “BeReal kopieren, verfehlt aber den Punkt… Bei BeReal geht es nicht so sehr um die Fotos, sondern um das tägliche Ritual, etwas mit seinen Freunden und Freundinnen zu teilen.”
Wie nützlich diese Funktion letztlich für Instagram-Nutzer:innen ist, bleibt also durchaus fraglich.
Aber auch der zweite große Konkurrent bedient sich augenscheinlich am rasanten Erfolg und Wachstum von BeReal.
Am 15. September 2022 kündigte TikTok an, sie würden ihr Angebot an Creation Tools mit TikTok Now erweitern, “ein tägliches Foto- und Videoerlebnis, um deine authentischsten Momente mit den Menschen zu teilen, die dir am wichtigsten sind.”
TikTok Now hat mehrere Ähnlichkeiten mit BeReal, darunter:
- Eine tägliche Aufforderung
- Das Aufnehmen eines 10-Sekunden Videos oder eines statischen Fotos
- Die Funktion zum Teilen, was gerade getan wird
- Die Verwendung der vorderen und hinteren Kamera Deines Gerätes
- Die Creator:innen haben die Kontrolle darüber, wer ihren Content sehen oder mit ihnen interagieren kann
Die Rolle für Brands? Kann BeReal auf Marketing und Werbung verzichten?
Einem Bericht der Financial Times zufolge prüft BeReal die Einführung optionaler, kostenpflichtiger Extras, um Werbung im Stil von Instagram zu vermeiden. Das wäre also eine Möglichkeit, zusätzliche Einnahmen auch ohne BeReal Influencer:innen und Marketing zu generieren.
Ohne sichere Einnahmequelle kann die App schließlich langfristig nicht überleben, zumal es aufgrund weltweit steigender Zinssätze nicht mehr so einfach ist, an günstiges Kapital zu kommen, bis ein ordentliches Geschäftsmodell ausgearbeitet ist.
Im Moment engagieren sich einige Brands kreativ auf der Plattform. Chipotle ist seit April auf BeReal vertreten und teilt Promo-Codes mit den Nutzer:innen. Im Oktober 2022 hatten die Nutzer:innen zum Beispiel die Chance, 52 kostenlose Burritos für ein Jahr zu gewinnen.
Um am “BooReal-Gewinnspiel” teilzunehmen, mussten die Kunden am Halloween-Tag ein BeReal-Foto in einem Chipotle-Restaurant in einem Kostüm machen. Sie mussten dann jedoch die BeReal-App verlassen, indem sie entweder eine E-Mail an Chipotle schickten oder das Foto in ihren Instagram Stories teilten.
TechCrunch erkennt den inhärenten Konflikt in dieser Werbeaktion an und erklärt: “BeReal ist als “Anti-Instagram” bekannt. Wenn eine Brand Fotos postet, um mit Kunden in Kontakt zu treten, kann dies unserer Meinung nach als unauthentisch und aufdringlich angesehen werden.”
Es könnte aber durchaus andere Möglichkeiten für BeReal Marketing durch Influencer:innen geben, die vielleicht erst später besser sichtbar werden.Kingfluencers stimmt dieser Einschätzung zu. Die Plattform ist definitiv nicht für klassische Instagram-Werbung geeignet und Brands sollten dies gar nicht erst in Erwägung ziehen, BeReal wie Instagram zu nutzen.
Brands können BeReal hingegen nutzen, um ihrem Unternehmen ein Gesicht zu geben und durch das einfache Zeigen von Echtzeit-Momenten noch nahbarer für die Community zu werden. In diesem Fall funktioniert BeReal Werbung also schon heute ausgesprochen gut. PR und Imageaufbau sind für Unternehmen die Stärken dieser App, und nicht das klassische Push-Marketing von Instagram & Co.
In Anlehnung an den Fokus der App auf das “ungefilterte”, echte Leben können sich Brands auch selbst ungefiltert zeigen, indem sie “Behind the Scenes” Momente teilen, die nicht perfekt sind, um für noch mehr Authentizität zu sorgen. Außerdem können sie die App zum Beispiel für das Bewerben von eigenen Events, Informationen oder dem Verschenken von exklusiven Gutscheinen nutzen.
Schließlich können Brands nutzergenerierten Content (User Generated Content, UGC) einsetzen, wobei sie in jedem Fall nahbar bleiben und ihre Community in den Mittelpunkt stellen sollten. Dann sollte es auch mit effizientem BeReal Marketing besser klappen, weil die Brand dabei möglichst authentisch wirkt.
Ein weiterer One-Hit-Wonder?
Natürlich ist es wahrscheinlich, dass Instagram nach den unpopulären Änderungen der letzten Zeit eine Kurskorrektur vornimmt, die eine Abkehr von einem TikTok-CopyCat bedeuten könnte.
Wenn ein Großteil der Nachfrage nach BeReal ausschließlich auf der Frustration über die jüngsten Änderungen von Instagram beruht, wird dann die Attraktivität von BeReal sinken, wenn Instagram wieder zurückschwenkt?
Kehren die unzufriedenen Nutzer:innen dann wieder zurück, oder bleiben sie dennoch auf BeReal, was derzeit eher einem Experiment gleicht?
Eine App wie BeReal, welche nur deshalb so beliebt ist, weil ihr die negativen Merkmale anderer Apps fehlen, hat allein dadurch kein nachhaltiges Geschäftsmodell. Außerdem ist diese Idee nicht ganz neu.
Mit Frontback, das 2013 auf den Markt kam, konnten Fotos mit der vorderen und hinteren Handykamera gleichzeitig aufgenommen werden. Die App wurde schließlich aufgrund ihres mäßigen Erfolgs kurze Zeit später im Jahr 2015 eingestellt.
Ohne zusätzliche Einnahmen durch BeReal Marketing und Werbung könnte BeReal in naher Zukunft vielleicht ein ähnliches Schicksal drohen.
Ob es nun von Dauer ist oder nicht, viele Menschen scheinen die App im Moment zu genießen. Der Start von TikTok Now scheint auf jeden Fall darauf hinzudeuten, dass die Funktionalität geschätzt wird und nicht nur ein flüchtiger Trend ist.
Angesichts des Mangels an Influencer:innen auf BeReal scheint das Unternehmen sein erklärtes Ziel zu erreichen, “eine Alternative zu süchtig machenden sozialen Netzwerken zu sein, die soziale Vergleiche fördert und das Leben mit dem Ziel darstellt, Einfluss zu gewinnen.”
Natürlich wird die Plattform mit zunehmender Beliebtheit der App und der Erweiterung des Publikums ein attraktiver Kanal für Brands sein, so dass das Aufkommen von BeReal Influencer Marketing Kampagnen eine klare Möglichkeit für beide Seiten darstellt. BeReal kann dadurch womöglich attraktive Einnahmen erzielen, um die langfristige Finanzierung der App zu gewährleisten.
Brands und Influencer:innen erhalten hingegen einen authentischen Kanal für Marketing, Imageaufbau und PR. Viel wichtiger wird wahrscheinlich die Frage sein, für welche Balance sich die Gründer entscheiden werden, um nicht in die gleiche Falle wie Instagram & Co. zu tappen. Wir blicken gespannt auf die zukünftige Entwicklung dieser neuen aufregenden App.
Wenn Du eine authentische Verbindung zu Deinem Publikum herstellen möchtest, wende Dich an eine Influencer Marketing Agentur, um Hilfe bei der Planung von Kampagnen mit Influencer:innen zu erhalten, die als vertrauenswürdige Meinungsführer:innen angesehen werden – unabhängig von der Plattform.
P.S.: Wenn Du ebenfalls ein Disco-Fan bist, fällt Dir vielleicht auch Got To Be Real von Cheryl Lynn ein. Ein fantastischer Klassiker!
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