Discovery Commerce – ins Deutsche übersetzt: „Entdeckungs-Handel“.
Was ist aber damit genau gemeint und inwiefern ist es für mich als Online Marketer oder Unternehmer von Relevanz? Dazu später mehr!
Zuallererst müssen wir eines klarstellen: Wir leben in rasanten Zeiten, in einer Welt, in der sich, vor allem in Zeiten der Pandemie, ein Großteil unseres sonst so normal scheinenden Lebens ins Digitale verschoben hat und sich mittlerweile eine „neue Normalität“ in allen Bevölkerungsschichten eingependelt hat.
Gerade wegen diesem Shift bzw. der Verschiebung in die digitale Welt, hat der E-Commerce einen regelrechten Boom erlebt, was nicht zuletzt von der voranschreitenden Pandemie begünstigt wurde. Umdenken ist also die Devise, weshalb das neue Facebook-System Discovery Commerce, vielen Online-Anbietern oder jenen, die es werden wollen, gerade gelegen kommt, da die Interessen des Kunden nun in den Vordergrund rücken und nicht mehr die Produktfeatures.
Von der Dauerwerbesendung zur Dauer Shopping Experience
Wir schreiben das Jahr 1979 – Der Fernseher, eine technische Neuheit, wird nun zum ersten Mal für kommerzielle Zwecke mittels Werbung und Werbesendungen genutzt, Lego patentiert die dreiteilige Spielfigur und die Raumfahrtnationen liefern sich einen unfreiwilligen Wettkampf darüber, wer die meisten Weltraumpannen binnen kürzester Zeit erleiden kann. Wirklich ein prägendes Jahr, vor allem für den heutigen E-Commerce.
Der Einsatz vom Fernsehen als Werbekanal hat den Grundstein für das gelegt, was wir heute als selbstverständlich erachten: Die Verfügbarkeit von allem, was wir uns jemals hätten erträumen können und das rund um die Uhr.
Die Einführung des ersten iPhones 2006 war einer der Hauptgründe, warum der E-Commerce seit 2010 exponentiell wuchs und wir heute da sind, wo wir sind. Es machte das Internet und Online-Shops für jedermann zugänglich, was vor allem den Big Playern wie Amazon, eBay und Co. und nun Facebook in die Karten gespielt hat.
Mit Discovery Commerce geht Facebook nun in die Vollen und versucht das Shopping noch tiefer in das Netzwerk einzuflechten, welches laut Facebook, schon immer ein integraler Bestandteil des sozialen Mediums war. Facebook will die wichtigste Plattform für entdeckungs-basiertes Shopping werden.
Aber was ist “Discovery Commerce” eigentlich?
Wie schon angesprochen –
Auch könnte man Social-Media-Plattformen wie Instagram oder Facebook als Entdeckungs-Plattformen bezeichnen, da der User beim Scrollen jederzeit über ein Produkt stolpern könnte, welches er unbedingt haben möchte. Zufälliges Shopping könnte man es auch taufen.
Gerade diese Momente der Entdeckung stellen im Großteil der Fälle den ersten Touchpoint mit dem jeweiligen Produkt oder Unternehmen dar, weshalb der erste Eindruck hier, wie so häufig, besonders zählt und der gesamte Prozess so reibungslos wie möglich vonstattengehen muss. Discovery Commerce möchte die Kunden dort abholen, wo sie sich ohnehin schon aufhalten: Online, auf den sozialen Medien.
Das System – Simpel aber doch so effektiv
Das gesamte System funktioniert eigentlich genauso, wie man es sich vorstellt: Das System sammelt Kundendaten, greift auf bereits Vorhandenes zurück und baut auf diesem Fundament auf.
Ein ständiger Prozess aus Testen und Lernen: Das System analysiert die neu vorgeschlagenen Produkte und schaut, wie diese beim User ankommen.
- Wie lange verbringt er auf dem jeweiligen Post/ der jeweiligen Shop-Seite?
- Kauft er das Produkt anschließend auch?
Darauf basierend werden dann die Kategorien vorgeschlagen, welche offensichtlich am besten mit den Interessen und Werten des Users übereinstimmen.
Das System macht sich die Eigenschaften der jeweiligen Nutzer der verschiedenen Facebook-Plattformen zu nutzen und legt den Fokus entsprechend auf die Vorlieben und Interessen des Users. Beispielsweise ist der Einsatz von Influencern und Creators auf Instagram erfolgreicher und relevanter als auf Facebook oder WhatsApp.
All diese Dinge unterliegen einem umfassenden Datenkonstrukt und verschiedensten Facebook internen Tools, was im Umkehrschluss heißt, dass wir als „Otto Normalverbraucher“ nie genau wissen werden, warum genau der Algorithmus uns eigentlich so gut kennt.
Vorteile vom Discovery Commerce
Ein großer Vorteil des Discovery Commerce ist die hohe Conversion, welche laut Facebook bei um die 86 % liegt. Das bedeutet 86 % aller Entdeckungen, die auf einer Facebook-Plattform gemacht werden, münden letztlich in einem Kauf.
Online-Shopping wird immer mehr zum Erlebnis, statt nur als Mittel zum Zweck zu dienen. Es ersetzt für viele Menschen mittlerweile das konventionelle Bummeln in der Stadt, was nicht zuletzt aufgrund des hohen Grads an Personalisierbarkeit so ist.
Diese Personalisierbarkeit ist alleiniger Faktor dafür, ob Menschen sich bei der Flut an Angeboten überwältigt oder überglücklich fühlen. Dies sorgt mitunter für ein angenehmes Shopping-Erlebnis, welches sich für die meisten weniger gezwungen und eher simpel und angenehm anfühlt. Der Mensch tendiert dazu, Dinge und Personen zu bevorzugen, von denen er das Gefühl hat, dass diese ihn gut kennen und sich mit der Materie bzw. seinen Interessen befasst haben.
Ist Dir nicht auch bereits einmal aufgefallen, wie der Algorithmus dazu lernt und sich Deinen eigenen Interessen innerhalb von wenigen Domainwechseln anpasst?
Lass es mich Dir anhand eines Beispiels verdeutlichen:
Das genaue Gegenteil vom Discovery Commerce ist das Suchen nach Produkten mit der Intention, genau dieses Produkt auch über eine gezielte Suchanfrage zu finden. Nun hast Du also nach Klamotten für den Sommer gesucht und Dir werden vom einem auf den anderen Moment Werbungen am Seitenrand der nächsten Website angezeigt, die Dir verschiedenste Angebote und Trends rund um Sommermode vorschlagen. Ehe Du Dich versiehst, klickst Du Dich durch verschiedenste Online-Shops und hast auf einmal mehr im Warenkorb, als Dir lieb ist.
Retargeting nennt man diesen Vorgang, der das Ziel verfolgt, Deine Interessenten in Conversions umwandeln.
Dieser Algorithmus kommt Dir durch Discovery Commerce nun zuvor und lässt Dich Produkte basierend auf Interessen und vergangenen Suchanfragen finden und regt Dich letztendlich zum Kauf an oder hinterlässt im Idealfall einen bleibenden Eindruck, welcher Dich zu einem späteren Einkauf wieder dahin führt, wo Du Deinen Einkauf vorzeitig abgebrochen hast.
Discovery Commerce – Freund und Nemesis
Als hätte die Coronapandemie mein eigenes Online-Shopping-Verhalten nicht schon genug beeinflusst, werden mir nun ständig Produkte angezeigt, die mich vom stumpfen Scrollen durch Social Media abbringen und in mir die allzu bekannte Frage hervorrufen: „Brauche ich das jetzt wirklich oder erwerbe ich das Produkt lediglich um des besitzen Willens“.
Ob man dieses Kaufverhalten mit dem mageren Budget eines Studenten vereinbaren kann, sei dahingestellt, der Punkt ist jedoch ein anderer: Der User denkt darüber nach und das auch meist, nachdem das Produkt schon wieder aus den Augen verloren wurde. So einfach und schnell ist das Ziel dann auch schon erreicht: Der User erwägt den Kauf und kommt im Idealfall wieder zurück und kauft das 5te T-Shirt des Tages.
Du siehst: Die Produkte sind auf einer proaktiven Fahndung nach Deiner Geldbörse und scheinen auch ganz gut in dem zu sein, was sie tun. Du hast das Gefühl der Algorithmus kennt Dich besser als Du selbst, aber im Endeffekt findest Du es doch besser, als Produkte vorgeschlagen zu bekommen, die absolut nichts mit Deinen eigenen Interessen zu tun haben.
Datenschutz im Discovery Commerce
Wie vorhin schon angesprochen, zeichnet der Discovery Commerce sich durch einen hohen Grad an Personalisierbarkeit aus, was im Umkehrschluss aber auch einen hohen Grad an persönlichen Daten erfordert. Bei Facebook geht es beim Datenschutz prinzipiell erstmal um die Sichtbarkeit von Daten, welche im Bereich „Privatsphäre“ konfiguriert werden können. Das heißt nicht, dass die Daten vor Facebook geschützt sind, weshalb das System Discovery Commerce so gut funktioniert.
Die Akkumulation Deiner Daten ist der Grund dafür, weshalb das System Dich so gut zu kennen scheint. Dahinter steckt weder Magie noch Raketenwissenschaft, sondern lediglich alles, was Du Facebook bis dato an Daten übermittelt hast.
Facebooks Ziel und Vision
Shopping war schon immer ein fundamentaler Bestandteil von Facebook und so soll es auch weiterhin bleiben. In den USA läuft bereits ein erster Versuch, die Käufe komplett über die Plattformen abzuwickeln. Das Prozedere gereicht der Customer Journey zum Vorteil, da es zu weniger Komplikationen bzw. Friktion im Laufe des Kaufprozesses kommt.
OMT-Podcast mit Daniel Levitan, Mario Jung
Instagram Shopping – was geht, was kommt und welche Hacks muss ich kennen – OMT-Podcast Folge #075
Jeder Clickout kann bekanntlich Grund für weniger Conversion sein, was bis dato zu ca. 83 Mio. Euro Opportunitätskosten allein in Europa geführt hat. (Quelle: Kai Herzberger)
Facebook bietet Unternehmen und Anbietern mit den neuen Tools die Möglichkeit, neue Nachfrager zu erschließen und sich die Raffinesse der Technik zum Vorteil zu machen. Durch eine eigene Storefront in der Facebook App selbst, wird Kunden die Möglichkeit geboten, sich direkt einen Überblick über das Angebot zu verschaffen und ggf. Produkte bereits vor Kauf mittels AR (Augmented Reality = erweiterte Realität) anzuprobieren oder sich ein Bild von den Dimensionen/Beschaffenheiten zu machen.
Wie geht es nach der Pandemie weiter?
Ein Großteil der Leute, die sich erst seit der Pandemie mit Online-Shopping befassen, geben an, dass sie auch nach der Coronakrise weiterhin Online shoppen werden und Leute, die auch schon vor der Pandemie online geshoppt haben, werden dies auch weiterhin tun.
Demnach hat Facebook das angestrebte Ziel erreicht: Die Kunden dort abzuholen, wo sie sich bereits aufhalten, mehr Kunden generell auf die Plattform holen und die Shopping-Funktion stärken, um dem klassischen E-Commerce einen Schritt voraus zu sein.
Natürlich werden E-Commerce und stationärer Handel weiterhin eine Daseinsberechtigung haben und parallel existieren. Social Media, dessen „Macht“ jahrelang enorm unterschätzt wurde und jetzt auf dem Aufschwung ist, wird allerdings eine größere Rolle spielen als je zuvor.
Discovery Commerce konkret umsetzen
1. Dynamische Werbeanzeigen schalten
Mit dynamischen Werbeanzeigen werden die richtigen Produkte automatisch den Personen angezeigt, die beim Besuch Deiner App oder Website bereits ein Interesse am jeweiligen Produkt signalisiert haben. Dynamische Werbeanzeigen sind also eine vielversprechende Möglichkeit, um das Interesse der Kunden letztendlich auch in Käufe umzuwandeln.
Wie genau man dynamische Werbeanzeigen schaltet, würde den Rahmen des Artikels und meiner Expertise sprengen.
2. Eine Lookalike Audience erstellen
Unter einer Lookalike Audience versteht man eine neue Zielgruppe von Kunden, die ähnliche Eigenschaften und Interessen wie die Core Audience eines Unternehmens hat. Dabei wäre es von Vorteil, loyale Kunden bzw. zahlreiche Kunden mit einem grundlegenden Interesse zu haben, die sozusagen die Ausgangsbasis für die Lookalike Audience bieten.
3. Retargeting
Retargeting bezeichnet ein Verfahren, bei welchem das Kundenverhalten von Facebook registriert wird und anhand dessen entschieden wird, welche Werbeanzeigen dem jeweiligen Kunden gezeigt werden. Die Auswahl der präsentierten Inhalte basiert dabei auf den Handlungen, die ein Kunde bis zu diesem Zeitpunkt mit einem Unternehmen vorgenommen hat.
Hinterlegt ein Kunde zum Beispiel einen Artikel im Warenkorb, schließt den Kauf aus welchem Grund auch immer vorerst aber nicht ab, wird er über das Retargeting daran erinnert, seinen Kauf abzuschließen.
Cookies sind wahrscheinlich ein Begriff, über welchen Du schon etliche Male beim Surfen gestoßen bist. Prinzipiell erfüllen diese den gleichen Zweck wie Facebook Pixel: Sie markieren User und tracken diese, um Ihnen relevante Werbung zu zeigen.
Fazit
Social Media und die integrierte Shopping-Funktion sind aus der digitalen Landschaft nicht mehr wegzudenken. Kein Wunder also, dass immer mehr Unternehmen und Anbieter, einen Social Media-Kanal auf einer der Facebook Plattformen pflegen und Ihr Geschäft manchmal sogar vollständig dorthin verlagern.
Die Möglichkeiten sind fast grenzenlos und die Erstellung eines Shops bzw. einer Seite sind wesentlich simpler als die Erstellung einer eigenen Website, weshalb die Einstiegshürde hier besonders niedrig ist, was folglich auch Grund für den massiven Anstieg neuer Anbieter in den sozialen Medien ist.
Demnach wird es auch immer schwieriger, seine eigene Idee dort zu platzieren und tatsächlich aus der Masse hervorzustechen. Gerade deshalb kommt das System des Discovery Commerce vielen neuen Anbietern gerade gelegen, da auch ihnen dadurch die Chance geboten wird, die Kunden anzusprechen, die sich auch wirklich für das jeweilige Produkt oder die jeweilige Dienstleitung interessieren.
Facebook möchte das Online-Shopping revolutionieren und effektiver denn je machen und mithilfe des Discovery Commerce den Usern eine bedeutsame Shopping-Erfahrung bieten.
Wir konstatieren: Discovery Commerce hat etwas für jeden zu bieten. Den Anbietern wird damit eine Hilfestellung geboten, die richtige Zielgruppe besser anzusprechen und der jeweiligen Zielgruppe wird relevanter Content angezeigt, der auf ihre Bedürfnisse und Interessen zugeschnitten ist – also gewissermaßen eine win-win Situation.
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Wenn ich den Artikel richtig verstehe, sprechen wir hier von Retargeting 2.0?