Spätestens seit Corona ist TikTok keine App mehr, auf der Menschen nur tanzen. Hier beginnen die neusten Trends, blamiert sich der ein oder andere Influencer oder Influencer und entstehen auch Hypes rund um Bücher, Kosmetik und Co. Und genau um die TikTok Nische BookTok soll es gehen. BookTok ist schon seit einiger Zeit in aller Munde, hat verschiedenste Formen angenommen und die Verlagswelt nachhaltig geprägt.
Was ist BookTok?
Ich möchte direkt am Anfang einmal beginnen und die Frage beantworten, was BookTok eigentlich ist. BookTok setzt sich ganz klar aus den zwei Begriffen: TikTok und Book zusammen = BookTok. So wie eigentlich fast alle Nischen bei TikTok benannt werden. Als TikTok sich langsam zu einer App entwickelt hat, auf der es nicht nur ums Tanzen und Lipsyncen geht, hat sich hier ganz schnell diese Nische gebildet.
Auf BookTok wird alles rund ums Buch behandelt: Lesemonate, Lesechallenges, Rezensionen zu aktuellen Büchern und vor allem Themen, die die Menschen umtreiben. Sei es eine Diskussion um Farbschnitte, Autoren und Autorinnen oder sogar um das Lesealter zu bestimmten Genres. Außerdem findet man auf BookTok Live Videos, in denen gelesen wird, Vlogs die das Lesen begleiten oder Events und Messen, die gezeigt werden. Also ein sehr bunt gemischtes Programm, was du auf BookTok finden kannst.
Wie unterscheidet sich BookTok von Bookstagram?
Der Unterschied zwischen BookTok und Bookstagram mag auf den ersten Blick vielleicht nicht ganz einfach zu erkennen sein, außer dass es eben auf zwei verschiedenen Plattformen stattfindet. Bookstagram fokussiert sich dazu unter anderem eher noch immer auf Fotos und BookTok, da es auf TikTok zu Hause ist, auf kurze Videos. Das ermöglicht eine viel dynamischere und interaktivere Präsentation von den Büchern und Themen rund um diese. Außerdem merkt man, wenn man mal etwas länger auf BookTok unterwegs ist, wie viel Mühe sich die Menschen auf der Plattform geben. Es gibt Buchtrailer, die teilweise selbst gedreht und eingesprochen werden, das Nachstellen von Szenen in Büchern, visuelle Effekte und die Kombination aus Musik und Text um seine Lieblingsszene darzustellen und so vieles mehr.
BookTok Übersicht
Zudem ist es auch viel einfacher, wenn man vom klassischen Blog oder Bookstagram auf BookTok wechselt, seine Formate mitzunehmen und sie videotechnisch umzusetzen. So werden Diskussionen rund um Bücher viel dynamischer, weil man die Stitch-Funktion nutzen kann. Aber auch Interviews mit Autoren und Autorinnen sind viel einfacher umzusetzen und bekommen über BookTok natürlich auch viel mehr Reichweite.
Was BookTok und Bookstagram zusätzlich unterscheidet ist, dass auf BookTok eine viel jüngere Zielgruppe erreicht und angesprochen wird. Natürlich finden sich auch immer mehr Millenials auf TikTok ein, doch die Plattform wird einfach von den Gen Zlern dominiert und dahin geht auch eindeutig das Buchmarketing und die Bücher, die gehypt werden (hierzu später noch etwas mehr).
Das bedeutet aber auch, dass durch den undurchsichtigen Algorithmus von BookTok ein Buch innerhalb einer Nacht viral gehen kann und die Büchertrends durch die schnellen und spannenden Videos sich schneller verbreiten. Apropos Hype-Bücher: BookTok hat eine viel größere Wahrscheinlichkeit für Selfpublisher:innen ihr Buch zu hypen. Es gibt sogar Selfpublisher:innen, die dadurch einen sehr großen Hype um sich aufgebaut haben, der so gar nicht mehr abebbt. Auf Bookstagram würden unbekanntere Bücher viel schneller untergehen.
Zudem sieht man schnell, dass die Community auf BookTok viel kommentierfreudiger ist als auf Bookstagram. Zum einen ist es für Neueinsteiger viel einfacher in die Community zu kommen und schnell Engagement auf den eigenen Postings zu bekommen, alleine weil man schon durch Stitches in Diskussionen einsteigen kann oder in den Kommentaren seinen Senf viel einfacher mal runter getippt hat.
Du merkst also: BookTok ist eine viel dynamischerer und offensichtlich auch einflussreichere Plattform rund um Buchmarketing als es Instagram ist. BookTok hat das Lesen und die Buchkultur durch ihre einzigartige Kombination von visuellen, auditiven und interaktiven Elementen auf eine neue Ebene gehoben und sich dadurch ganz klar von Bookstagram abgehoben.
Wie BookTok die Verlagswelt umgekrempelt hat
Wenn ich über BookTok spreche und schon hier und da ein paar Sachen angeteast habe, kann ich nicht darüber hinwegschauen, dass BookTok weltweit die Verlagswelt umgekrempelt hat und nun sowohl Blogger:innen als auch Autoren und Autorinnen und die Verlage auf diese neue Plattform reagieren mussten und sich komplett neu aufgestellt haben.
Deshalb beginne ich einmal mit den Blogger:innen, die auf BookTok einen riesigen Teil ausmachen. Menschen, die über Bücher auf TikTok sprechen, gehören nicht unbedingt direkt in die Nische BookTok, denn es gibt Menschen, die mal eben ein Buch erwähnen und dann eben diejenigen, die ihren ganzen Kanal auf Büchern aufgebaut haben. Und genau diese Menschen meine ich, wenn ich von BookToker:innen spreche. So oft diese Menschen belächelt werden, muss man jedoch zugestehen, dass diese Menschen dafür verantwortlich sind, dass ein Buch schon vor seinem Erscheinen zum Spiegel-Bestseller werden kann oder es auch auf internationale Bestsellerlisten schafft und das Buchmarketing wesentlich vorantreiben, in dem sie über die Bücher sprechen, Blogtouren zur Erscheinung organisieren oder einfach ganz ganz viel zu dem Buch sprechen und produzieren.
Das beste Beispiel hierfür ist das Fantsybuch Fourth Wings. Fourth Wings von Rebecca Yarros, die vorher eher eine unbekannte Autorin in Deutschland war. Die Amerikanerin hat vor allem Romance Bücher geschrieben und plötzlich bringt sie Fourth Wings auf den Markt. Ein Fantasybuch rund um Drachen und Drachenreiter:innen. Wie genau das Buch zum Hype geworden ist, kann man eigentlich kaum noch greifen, weil das Ganze super schnell eine eigene Dynamik entwickelt hat. Es gab einen Sound aus dem Hörbuch, der benutzt wurde, Menschen die sich als Drachenreiter:innen verkleidet haben und ihre liebsten Szenen dargestellt haben und im amerikanischen und englischen Verlag: Farbschnitte, die einfach wunderschön waren. Als der dtv-Verlag in Deutschland die Rechte gekauft hat, schwappte der Hype auch auf die deutschsprachige BookTok Community über. Doch wurde der dtv-Verlag hier ganz fix mit den Schattenseiten eines solchen Hypes konfrontiert. Auch der Verlag hat sich für einen wunderschön gestalteten Farbschnitt entschieden, der aber limitiert erscheinen sollte und zwar nur für die Bücher der ersten Ausgabe.
Als dann die Bücher ausgeliefert wurden, war der Shitstorm riesig, als viele Buchliebhaber:innen das Buch mit einem weißen, also normalen, Schnitt bekamen. Daraufhin beschwerten sich tausenden von BookToker:innen über TikTok, wie das passieren konnte, schrieben dem Verlag teilweise Drohmails und so kippte die Dynamik ganz schnell von Hypebuch zu Shitstorm. Auch das kann natürlich in der Dynamik von BookTok passieren.
Fourth Wings Farbschnitt
Für Band 2 der Reihe hat der dtv-Verlag dann übrigens eine extra Ausgabe herausgebracht mit Farbschnitt, die nicht limitiert war, aber teurer. Du kannst dir vorstellen, dass hier ein erneuter Shitstorm generiert wurde, der aber viel schneller wieder abflachte, als der erste. Doch das ist bei BookTok eben auch das Risiko: So super schnell Bücher eine Hype bekommen können, können sie auch einen Shitstorm bekommen, der am Ende sogar zum canceln diverser Autoren und Autorinnen und Verlage führen kann.
Dennoch ist es für Autoren und Autorinnen mittlerweile unerlässlich ebenfalls auf BookTok unterwegs zu sein. Wenn sie ein Buch verkaufen möchte, dann hilft es heute nicht mehr nur, dass man einen Verlagsvertrag hat. Denn so bekommt man schon lange keinen Bestseller mehr. Das Schlüsselwort ist: Buchmarketing über BookTok und zwar so, dass man eine Marke aus sich macht.
Das krasseste Beispiel, was passieren kann, wenn man eine richtige Marke aus sich macht, ist Jane Wonder und ihr Wondaversum. Diese Autorin hat es geschafft mit ihrer Very Bad Kings Reihe auf BookTok einen regelrechten Hype auszulösen, woraufhin dann die Leser und Leserinnen sich nicht nur ihre älteren Bücher gekauft haben, sondern auch einfach Fan geworden sind und sie nun bei allem unterstützen.
Jane Wonda hat sogar mittlerweile eigene Stände auf Buchmessen und das als Selfpublishing Autorin. Zudem ist sie als Selfpublishing Autorin zur Spiegelbestsellerin geworden, was in der Regel nicht so einfach ist, wenn man keinen Verlag hinter sich stehen hat.
Das ist aber eines der krassesten Beispiele. Am wichtigsten ist es eigentlich, dass Autoren und Autorinnen sich zeigen. Denn das Buchmarketing beginnt schon an dem Punkt, an dem sie beginnen zu schreiben. Es gibt so viele Möglichkeiten seinen Account zu befüllen, aber Leser:innen lieben die Einblicke in den Schreibprozess, in den Lektoratsprozess und einfach hinter die Kulissen zu schauen. Was macht die Person sonst so? Wie sieht das Schreibsetup aus? Wie läuft das nach der Abgabe? Außerdem teilen viele Autoren und Autorinnen. Charakterillustrationen, Textschnipsel und machen oft auch ganz große Coverreveals. Denn heutzuTage kann man leider bei der Masse an Menschen in den sozialen Medien schnell untergehen.
Das einzige Problem, was bei BookTok aufkommt:: der oder die Autor:in muss sich zeigen und sich aktiv überlegen, welchen Content sie zeigen möchte. Viele Autor:innen beginnen auch erst seit ein paar Jahren so richtig loszulegen, weil es für viele ungewohnt ist, in die Kamera zu sprechen oder sich zu zeigen. Doch das gehört mittlerweile genauso dazu, denn das eigene Buch muss spannend dargeboten werden, sei es mit einem eigenen Trailer oder einer Slideshow.
Große Coverreveals und ganz oft das Cover zeigen gehören hier zum normalen Ton, schließlich soll das Buch im besten Fall viral gehen. Und BookTok ist einfach super schnelllebig und hat seine ganz eigene Dynamik. Das bedeutet: Wenn ein Mensch auf dem Cover ist, ist das Buch meistens schon durchgefallen, denn BookTok ist sich einig: Menschen auf Covern gehen gar nicht. Das Cover muss ansprechend sein, auch hier müssen Autor:innen und Verlage vorher drüber nachdenken. Je unansprechender das Cover, umso mehr geht das Buch unter. Das machen die großen amerikanischen und englischsprachigen Verlage hingegen sehr gut. Sie wissen, worauf BookTok steht und liefern.
Was einen Autor oder einer Autorin auf BookTok auch noch viel nahbarer macht, sind Livestreams in denen sie arbeiten und sich dabei eigentlich nur filmen. In ihren Pausen Fragen beantworten und so mit ihrer Community interagieren. Zusätzlich ist der BookTok Kanal für Autoren und Autorinnen oft auch ein Platz für Vlogs von Lesereisen oder Messen und man kann natürlich auch ab und an mal Videos hochladen, die gerade zum Trend passen. Im Grunde all das, was TikTok auch ausmacht, müssen sie erfüllen, um auf BookTok Aufmerksamkeit zu generieren.
Doch neben den Autoren und Autorinnen und BookToker:innen gibt es natürlich noch die Verlage, die wohl ihre Marketingstrategie sehr stark umstellen mussten, um sich auf BookTok zu behaupten. Verlage fokussieren sich natürlich bei BookTok vor allem auf das Buchmarketing und versuchen ihre Neuerscheinungen zu pushen. Wenn ein Verlag es wirklich gut macht, dann sind es kleine Buchtrailer, Textschnipsel und Trendsounds die sie dafür nutzen und oft sehr gut performen.
Doch für einen Verlag ist BookTok natürlich auch eine totale Spielwiese fürs Buchmarketing. Denn neben dem eigene Kanal können noch die Hebel für die BookToker:innen benutzt werden. Sei es eine tolle Bloggerbox, die FOMO bei anderen Konsumenten hervorruft, die dazu führt, das Buch auch ohne Box zu kaufen, Events, die BookToker:innen zeigen oder Livestreams, die eine Buchveröffentlichung begleiten.
Allerdings gibt es hier und da auch schon BookToker:innen, die Verlagen mit Content zuarbeiten. Verlage betreiben sehr starkes Community Management und veröffentlichen teilweise auch Videos, die sie besonders gut finden, erneut.
BookTok und der Buchhandel
Wenn ich an BookTok denke, dann kommen mir nicht nur Verlage, Autoren und Autorinnen und BookToker:innen in den Kopf, sondern vor allem auch Buchhandlungen, die es geschafft haben, sich hier ebenfalls zu positionieren. Eine der berühmtesten Kanäle ist wohl der von Hugendubel. Dort hat das Marketingteam ganz schlau gehandelt und die Azubis an den Kanal gesetzt und voila: Er geht regelmäßig viral, die Zuschauerinnen und Zuschauer haben eine ganz eigene Bindung an den Kanal und die Buchhandlung. Zudem weiß man auch, wo gedreht wird, sodass es sogar Menschen gibt, die sowohl die Buchhandlung als auch die Buchhändler und Buchhändlerinnen besuchen kommen.
Auf diesem Kanal beantworten sie fragen, empfehlen ihre Lieblingsbücher und springen hier und da auch auf die passenden Trends auf. Was mir am Hugendubel Account besonders gut gefällt ist, dass sie nach und nach auch die älteren Mitarbeiter:innen mit einbezogen haben und sie vor allem von der Community geliebt werden!
BookTok Hugendubel Account
BookTok und der Konsum
Es gibt ein paar Dinge, die gehören zu BookTok und ich finde, die sind auch wichtig einmal zu erwähnen. Ich habe den Aspekt von Hypebüchern und Shitstorms bereits beleuchtet und möchte da auch gar nicht mehr drauf eingehen. Doch es gibt bezüglich der Hypebüchern eine Entwicklung in der BookTok Community, die etwas bedenklich ist.
Es ist ja schon lange bekannt, dass vor allem die Gen Zler sehr viel konsumieren und das hört bei Büchern nicht auf. Sobald ein Buch nur den kleinsten Hype bekommt, wird es gekauft und dieser Konsum wird extrem gefröhnt. Es gibt Videos mit „Meine Amazonbestellung“ und es werden jede zwei Wochen 10 bis 15 neue Bücher gezeigt, die sie gekauft haben und dann doch erst einmal nicht lesen. Ja ich weiß, Bücher kaufen und lesen sind zwei verschiedene Hobbies. Doch mit dem Hintergrundwissen, dass Gen Zler sehr anfällig für einen übermäßigen Konsum sind, stößt das schon bitter auf. Zumal es erst vor einiger Zeit einen sehr interessanten und spannenden Artikel der TIMES gab, warum BookTok das Lesen zu einer Art Fast Fashion macht in Bezug auf Farbschnitten, dem übermäßigen Konsum und vielem mehr.
Alles in allem möchte ich aber sagen, das BookTok schon lange kein Phänomen mehr ist, das belächelt werden kann. Diese TikTok Nische hat sich längst zu einem der wichtigsten Werbeinstrumente der Verlage gemacht und wird auch schon hier lange nicht mehr ignoriert. Wohin es noch gehen kann und was aus BookTok noch werden kann, vermag ich mir gar nicht auszumalen.
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