Twitch ist eine der bekanntesten Plattformen für Livestreaming. Seit der Gründung im Jahr 2011 findet die Plattform besonders im Gaming und im E-Sport Anklang, aber auch darüber hinaus werden viele Nischen quer durch alle Interessensgebiete abgedeckt. Streamer spielen ein Videospiel und übertragen (“streamen”) dieses häufig mit einer “Face Cam” auf der Plattform, so dass Zuschauer dem Spielverlauf und den Reaktionen des Streamers folgen können. Neben dem Spiel besteht die Möglichkeit durch die Chatfunktion auf Kommentare und Reaktionen der Zuschauer einzugehen und mit ihnen zu interagieren.
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Seit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 konnte Twitch stark an Zuschauern gewinnen. 2020 verdoppelten sich die Zuschauerzahlen nahezu, wie dieser Bericht zeigt.
Twitch Affiliate für Streamer
Eine Registrierung ist für die Zuschauer, die Analysen zufolge vor allem aus den USA, Großbritannien und Frankreich stammen, nicht erforderlich. Ab einer Followerzahl von 50 Abonnent bietet Twitch die Möglichkeit, dass Streamer Teil eines Affiliate Programms werden.
Die Plattform verfügt über ein Abonnement-Modell, mit dem Abonnenten die Streamer unterstützen können. Als Dank erhalten sie besondere Vorteile, u.a. weniger Werbeunterbrechungen oder das Verwenden von “Emotes” im Chat. “Emotes” sind Emojis, die von dem Creatorn individuell erstellt werden können.
Zudem können Zuschauer sogenannte “Bits” in den Chat posten, um die Streamer zu unterstützen und zu “hypen”. Auch sind Geldspenden mit Kurznachrichten möglich, welche die Streamer oft im Stream vorlesen und so dem Spender eine besondere Wertschätzung als Dankeschön zukommen lassen.
Insbesondere was Gaming betrifft, ermöglicht Twitch den Streamern Wege, Geld zu verdienen. Spielen die Gamer ein Spiel, welches bei Twitch zu erwerben ist, erhalten Sie bei einem Kauf über 4,99 US-Dollar eine Provision von 5%.
Die Abo-Modelle
Die günstigste Möglichkeit (“Stufe-1-Abo”), einen Streamer zu unterstützen, ist mit dem Abschließen eines Abonnements über 4,99 US-Dollar monatlich möglich. Die nächste Stufe ist “Stufe 2” und kostet 9,99 US-Dollar monatlich, “Stufe 3” kostet 24,99 US-Dollar monatlich.
Das Problem: Der Preis gilt pauschal für alle Nutzer weltweit. Aufgrund der Währungsumrechnung und der unterschiedlichen wirtschaftlichen Situation in verschiedenen Ländern wird dieser Pauschalpreis von manchen Nutzern als relativ günstig, von anderen als viel zu teuer wahrgenommen.
Auf dem brasilianischen Markt gab es daher zuletzt ein Pilotprojekt, worüber Twitch auf seinem Unternehmensblog berichtete. “Der Prozentsatz der aktiven Benutzer in Europa oder Asien, die Creator mit einem Abonnement unterstützen, ist im Vergleich zu Nordamerika etwa 50 Prozent niedriger. In Lateinamerika sind es sogar fast 80 Prozent”, so ein Statement der Plattform.
Die Notwendigkeit zeigt sich auch in aktuellen Zahlen, die kürzlich von der Daten-Plattform Statista veröffentlicht wurden. Ein Viertel aller Gamer in Indien, einem Land, das von starken Kontrasten in der Verteilung des Reichtums geprägt ist, nutzen die Streaming-Plattform.
Damit Twitch künftig auch für Nutzer aus wirtschaftlich schwächeren Ländern zugänglich ist, wird das Abo-Modell überarbeitet und besser an die regionalen Unterschiede adaptiert. Seit dem 20. Mai gibt es so ein angepasstes Preismodell für Mexiko und die Türkei, im dritten Quartal dieses Jahres folgen schrittweise weitere Zielmärkte. Das Pilotprojekt in Brasilien zeigte, dass die Creators trotz niedrigerer Kosten für ihre Unterstützer eine Umsatzsteigerung verzeichnen konnten.
Twitch – Eine Erfolgsgeschichte in Zusammenarbeit mit Amazon
Nur drei Jahre nach der Gründung wurden die Potenziale von dem E-Commerce-Giganten Amazon erkannt. So besuchten im Oktober 2013 Berichten zufolge 45 Millionen Nutzerdie Website. Amazon kaufte Twitch letztlich Mitte 2014 für fast 1 Billionen Dollar auf und baute das Geschäftsmodell weiter aus.
So müssen Amazon Prime Kunden kein separates Konto für Twitch anlegen, sondern können die Konten auf beiden Plattformen einfach verknüpfen. Eine Amazon-Prime-Mitgliedschaft bietet zudem den Zugriff auf weitere exklusive Emotes und ermöglicht den Zugriff auf ausgewählte Spielinhalte.
Zielgruppe(n) auf Twitch
Obgleich der Streaming-Dienst Potenziale über Gaming und Videospiele hinaus hat, zeigt die Nutzerdemografik deutlich, dass sich auf Twitch viele online-affine Gamer tummeln:
- 65 Prozent aller Nutzer sind männlich, nur 35 Prozent sind weiblich.
- 41 Prozent der Nutzer sind Digital Natives der Generation Z und zwischen 16 und 24 Jahre alt.
- Ein Drittel (32 Prozent) aller Nutzern sind zwischen 25 und 34 Jahre alt.
Neben den Gamern gibt es auch Streamer, deren Kanäle ganz andere Zielgruppen ansprechen. Um die Creators abseits des Gamings zu fördern, initiierte Twitch 2015 das Projekt „Twitch Creative“, welches dafür sorgt, dass die Kanäle kreativer Streamer besser aufzufinden sind.
Hierfür führte Twitch eine neue Landing Page ein und erarbeitete neue Kategorien wie Malen, Animation, Wasserfarben oder Roboter. Besonders kurios erscheinen die folgenden Streamer, deren Streams ganz deutlich Nischen abdecken und die Vielfalt der Plattform belegen:
1. „Wieder Kind sein“ auf Twitch – Herrlich authentische Märchenstunde und Gedichte mit der „MarmeladenOma“
Die vermutlich älteste Streamerin, die auf der Plattform zu finden ist, ist die fast 90-jährige Großmutter Helga Sofie Josefa. Auf ihrem Kanal liest die Dame den Zuschauern Märchen vor und wird bei technischen Fragen von ihrem technikaffinen Enkel Janik unterstützt. Was 2015 quasi als Experiment einem Artikel zufolge ganz nach dem Motto “Naja, man kann es ja mal probieren” startete, ging 2017 dank des berühmten Streamers Gronkh viral.
Der Streamer zeigte seinen eigenen Zuschauern einen der Streams, in dem ein Märchen vorgelesen wurde, und die „MarmeladenOma“ eroberte die Herzen durch ihre liebenswerte, authentische Art wie im Sturm. Es folgten Einladungen zu Branchenevents wie der “Gamescom”, dem ”Webvideopreis” und “Frag doch mal die Maus”. Die Dame ist schon lange kein Geheimtipp mehr: Bei dem Webvideopreis 2017 war sie sogar Gewinnerin der Kategorie “Livestream”.
Auch gut sechs Jahre später ist die Dame immer noch auf der Plattform aktiv und hat ihre Streams mit Unterstützung ihres Enkels weiter professionalisiert. Die Ausstattung ist qualitativ hochwertig, nachdem der Enkel im Abiturstress war, gab es für die Zuschauer ein Update-Video mit dem provokativen Titel “Ich LEBE noch”.
Die Twitch-Streams haben vierstellige Klickzahlen. Nachdem die Streams auf der Plattform Twitch automatisch gelöscht werden, werden sie auf dem erfolgreichen YouTube-Kanal veröffentlicht, der mittlerweile über 200.000 Abonnenten hat und damit reichweitenstärker ist als der Twitch-Kanal.
2. Kreative Minecraft-Streamer
Nicht nur die klassischen Gamer sind auf Twitch zu finden – auch eine ältere Dame in ihren 70ern konnte durch Charme und kreative Minecraft-Bauten für sich gewinnen. Sechs Jahre lang tobte sich die Dame kreativ in dem Videospiel aus und präsentierte das Ergebnis letztlich in einem Livestream auf Twitch. Hier findest du weitere Informationen zu der Streamerin. Ein anderer Streamer aus den USA startete ein kreatives Projekt zu Beginn der Corona-Pandemie im April 2020. Mithilfe von Crowdsourcing hat er sich zum Ziel gesetzt, die Erde im Projekt “BuildTheEarth” gemeinsam mit über 200.000 anderen Mitgliedern im 1:1 Maßstab nachzubauen. Das Projekt soll das größte Minecraft-Projekt aller Zeiten werden, so der Streamer.
Es zeigt sich klar, dass selbst Gaming keine Grenzen kennt und sich auf der Plattform auch im Videospiel-Streaming unkonventionelle Streamer mit sehr kreativen Ideen tummeln und die Massen begeistern können.
3. Entspannung auf Twitch – aber mit Grenzen
ASMR bedeutet “Autonomous Sensory Meridian Response” und hat sich in den letzten Jahren zu einem Internet Trend entwickelt, der auf Plattformen wie Twitch und YouTube zutage tritt. Im Grunde flüstern Menschen in hochwertige Mikrofone und machen andere Geräusche, die die Zuhörer auditiv stimulieren und entspannen
Auch auf Twitch gibt es Streamer, die ASMR produzieren. ASMR hat sich auf Twitch jedoch als kontrovers bewiesen. Zuletzt wurden Streamer von der Plattform gebannt, da ihr Content sexuelle und für jüngere Zuschauer möglicherweise verstörende Elemente zeigte.
Harmlosere Entspannung – garantiert ohne anzüglichen Content – gibt es beispielsweise bei dem Streamer Bernie „Piano Impro Man“, der auf Twitch sein Talent Klavier zu spielen zum Besten gibt. Der Senior nimmt Spenden seiner Zuschauer entgegen und spielt dafür ihre Songwünsche.
4. Kreative Kunst – digital als auch konventionell
Wie bereits erwähnt, fördert Twitch die Kunst- und Kreativszene auf der Plattform. Besonders populär ist Bob Ross, der sich nach seiner TV-Karriere in den 1980/1990ern durch seine Livestreams zu einem Internetphänomen entwickelt hat. Im Juni 2021 hatte er im Durchschnitt fast 4.000 Streamer pro Stream und schafft es somit regelmäßig seine 1,9 Millionen AbonnentI mit seiner ruhigen Stimme zu entspannen und für Kunst zu begeistern. Andere Streamer haben zwar geringere Klickzahlen, aber bringen Kunst jeglicher Art auf die Mainstream-Plattform Twitch. Von Mangaka hin zu digitaler 3D Kunst zeigt die Plattform ein Potenzial zum Treffpunkt für kunstinteressierte Nutzer – und das auch in der Pandemie, in der Kultur und Kunst massiv leiden.
Potenziale und Chancen im Influencer Marketing
Klar ist: Obwohl manche Streamer sehr spezifische Nischen abdecken, können sie aufgrund ihres Einflusses auf die Zuschauer als Influencer in kleinerem oder größerem Rahmen bezeichnet werden. Für Unternehmen und Marken bieten sich daher verschiedene Möglichkeiten, Twitch Marketing oder vielmehr Influencer Marketing auf Twitch zu betreiben.
Bis dato wurde Twitch Marketing vor allem im Gaming-Bereich angewendet. So statten Unternehmen die Streamer beispielsweise mit Equipment (Gaming-Stühlen, PCs und weitere Technik-Gadgets, …) ihrer Marken aus, welche dank der Face Cam immer in den Livestreams zu sehen sind.
Auf Twitch können die Creators in ihren Kanalbeschreibungen aufzählen, welche Ausrüstung sie verwenden – die ideale Produktplatzierung, um technik- und Gaming-affine Zuschauer abzuholen. Dadurch werden potenzielle Kunden in ihrer Customer Journey abgeholt und können die relevanten Informationen wie Produktname und Marke schnell finden. Zudem sehen sie das Produkt durch die visuelle Werbung direkt im Alltagsgebrauch.
Eine weitere Möglichkeit bei der Vermarktung von Videospielen ist natürlich auch „Sponsored Content“ durch klassische Produktplatzierungen. Unternehmen, die E-Games produzieren, können Streamer bereits vor Verkaufsstart Spiele schenken oder sie für das Anspielen eines Games finanziell vergüten.
Das Einbinden eines Influencers bei der Vermarktung des Spiels kann sich als effektiv erweisen und zu einem echten Hype führen. Weiterhin kann sich das Spiel so in der Szene rumsprechen und eine gelungene Influencer-Kooperation effektiven “Word of Mouth” für das Produkt oder gar die Marke zur Folge haben.
Der Nachteil der Plattform ist allerdings, dass Livestreams nach 30 Tagen gelöscht werden und der Content nicht für immer auf der Plattform zu finden ist, wie es beispielsweise bei Influencer-Kooperationen auf YouTube der Fall ist. Wichtig ist demnach, zu recherchieren, ob Streams im Anschluss auf anderen Video-Plattformen publiziert werden und dort länger verfügbar sind.
Der Vorteil an Nischen wie Kunst, Entspannung oder sogar Literatur wie bei der „MarmeladenOma“ ist allerdings ganz klar, dass sich die Zielgruppen Ihres Produktes dort aufhalten. Jemand, der gerne Videos über Kunst ansieht, ist sicherlich inspiriert von einer Kooperation, wenn er die Produkte sofort in der Anwendung sehen kann. Der Vorteil eines Livestreams liegt somit auch in der Customer Journey.
So kann sich ein potenzieller Kunde im Laufe eines mehrstündigen Streams von einem Produkt überzeugen lassen und tendiert mit Sicherheit eher zu einem Kauf, als wenn er eine Display Ad oder ein einfaches Bild auf anderen Social-Media-Kanälen sieht. Dadurch können die Zuschauer von Kanälen, die eine solche Nische abdecken, in Relation zur Followerschaft eine hohe Kaufkraft aufweisen.
Fazit: Eignet sich Twitch als Marketing-Plattform?
Mehr und mehr Unternehmen entdecken Twitch als Plattform mit Potenzial im Marketing. Die offensichtliche Zielgruppe sind nach wie vor junge, männliche Gamer, deren Mediennutzungsverhalten gut zum Konzept und den besonders Gaming-orientierten Streamern der Plattform passt.
Auch Nischen können Unternehmen mit den entsprechenden Produkten für sich nutzen, um durch Marketingmaßnahmen spezifische Zielgruppen auf authentische Art und Weise anzusprechen. Wenn dir klar ist, dass Du entweder Gamer oder eine andere auf Twitch vertretene Zielgruppe ansprechen willst, ist Twitch Marketing durchaus denkbar. Bewusst muss dir allerdings sein, dass die Plattform im Grunde von Spontanität lebt und der Content oft nur schwer zu „skripten“ ist. Experten beschreiben die Plattform im Vergleich zu anderen Plattformen daher als etwas schwierig und kompliziert.
Recherchiere am besten in den Twitch-Kategorien, die für Dein Produkt und Dein Unternehmen am passendsten sind und finde auf diesem Wege Streamer mit der richtigen “Followerschaft”. Die Budgetierung hängt ganz davon ab, wie viele Zuschauer der Streamer hat. Auch kleinere Geldbeträge können also die richtige Zielgruppe erreichen.
Dennoch sollten potenzielle Kooperationspartner und ihre Sprache genauestens geprüft werden, um Skandale oder von Twitch blockierte Streamer zu vermeiden. Wie auch bei anderen Plattformen bietet Influencer Marketing auf Twitch daher Chancen, aber auch ernst zu nehmende Risiken und Herausforderungen für Werbetreibende.
Bislang wird Twitch nur von relativ wenigen Unternehmen genutzt, allerdings bestehen durchaus Potenziale, dies in Zukunft zu ändern. Die steigenden Nutzerzahlen zeigen, dass mehr und mehr Menschen die Plattform und ihre Nischen entdecken – und Unternehmen können davon profitieren.
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