Das „Go-To-Market-Verhalten“ musste sich durch Covid-19 nachhaltig verändern: Nur 20% der Entscheidungsträger im B2B möchten zu persönlichen Treffen vor Ort zurückkehren. Zeitgleich wird geschätzt, dass es bereits 2021 schon mehr als 3,74 Mrd. indexierte Webseiten im World Wide Web gibt.
Die Top Positionen in den Suchmaschinen sind in einem begrenzten Marktplatz hart umkämpft. Die Digitale Präsenz und Customer Journey sind essenziell für den Erfolg eines zukunftsorientierten Unternehmens geworden.
Dieser Praxis Case gibt einen Überblick, worauf es im Datendschungel aus Webdaten ankommt. Er zeigt, wie die Heidelberg Gruppe das auf Einwilligung basierende Webtracking zur Optimierung ihres Online-Auftritts, der Customer Journey und der digitalen Reichweite einsetzt.
Hierzu werden einzelne Vorgehensweisen im Rahmen der Event Plattform „Innovation Week 2021“ vorgestellt und ausgewählte Web Analytics Beispiele unter Nennung der eingesetzten Tools gegeben:
- Ablauf der Kommunikation
- Welche Schlüsse ziehen wir aus den Daten
- Holistische Customer Journey
Exkurs: Relevanz der Google Analytics Daten in Zeiten des Cookie Consent Banners?
Da wir zur Messung der Web Daten Google Analytics einsetzen vorab ein kurzer Diskurs: Sind diese Daten wegen dem Wegfall von Traffic durch die Einholung einer Einwilligung bei den Website-Besuchern überhaupt noch aussagekräftig? Ist die Webanalyse mit Google Analytics weiterhin sinnvoll?
Diese Diskussion wurde auch bei uns geführt: Wir möchten nur Website Traffic tracken, welcher auf Einwilligung beruht. Unsere seiten- und toolübergreifende Opt-Out Ratio liegt mit knapp 30% deutlich unter dem Branchen-Schnitt, wodurch unsere Webdaten weit mehr als einen Trend abbilden können.
In Bezug auf die Abweichungen der Account KPIs von bezahlten Online-Werbungen und den bei Google Analytics ankommenden Sessions und Usern auf unserer Seite, führen wir die Diskrepanz größtenteils auf die unterschiedlichen Messmethoden der Tools (einzelne Metriken lassen sich nicht bis nur schwer miteinander vergleichen) und auf mögliche Streuverluste – die sich bei dem Kampagnen Targeting teilweise kaum vermeiden lassen – zurück.
Ist das Ziel einer Webanalyse eine höhere Datenaussagekraft zu ermöglichen, ist es zudem sinnvoll, nur das Webverhalten von Nutzern zu betrachten, die wirklich auch mit der Seite interagieren und von denen also angenommen werden kann, dass diese der Zielgruppe entsprechen.
Folglich muss es für diese Besucher höchstwahrscheinlich eine Interaktion (Opt-In oder Opt-Out) mit dem Banner geben, wodurch bei gänzlich nicht erfasstem Traffic der Schluss nahe liegt, dass diese den Streuverlust der Kampagnen abbilden, der zwar vor den Cookie Consent Zeiten gemessen werden konnte, aber für die Optimierung der Seite im Hinblick auf die Bedürfnisse der Zielgruppe wenig relevant ist.
Jede Seite sollte so optimiert sein, dass es für den Besucher, der darauf aktiv ist, ein möglichst schönes Erlebnis ist. Vor allem für diesen Zweck verwenden wir unsere Webdaten, um die digitale Customer Journey so einfach und ansprechend wie möglich zu machen.
Warum sollte ich in Web Analytics investieren?
Gerade wenn die Ressourcen oder das Budget begrenzt sind, muss stärker priorisiert werden, wie und in was sinnvollerweise investiert wird, um damit einen möglichst großen Impact zu erzielen.
Falls Du noch keine Web Analytics einsetzt, sind unten ein paar generelle Beispiele, welche Fragen Dir solche Daten beantworten können:
- Wird das Website-Ziel (z.B. monatlich sollen 1.000 Leads über ein Kontaktformular auf Deiner Seite generiert werden) erreicht? Und, welche Gewichtung können einzelne Kanäle für diese Zielerreichung bekommen (Trend)?
- Wie ist Deine Zielgruppe beschaffen? Wie kannst Du Audiences besser anlegen?
- Welche Seite ist besonders Conversionstark und wie sichtbar ist diese in den Suchmaschinen?
- Welche Inhalte werden am besten von Deiner Zielgruppe angenommen und in welchen Content investierst Du lieber nicht mehr?
- A-B Testing: Welche Formate eigenen sich? Gilt z.B. auch für Deine Website-Besucher: Video is King?
- Wie präsent bist Du im World Wide Web und worüber kommen Nutzer auf Deine Seite?
- Gibt es Partner, die auf Deiner Seite mitbeworben werden und welcher Traffic kommt bei diesen über Deine Seite an (Trend)?
- Wie sieht Dein Funnel aus und wie verhalten sich Website-User auf Deiner Seite? Gibt es Dinge, die für die Customer Journey zu optimieren sind?
Welche Anwendungsfelder gibt es für ein internationales Unternehmen?
Bevor der Praxis Case startet, ein paar Informationen zur Heidelberger Druckmaschinen AG, damit Du die unteren Informationen besser einordnen kannst. Das mehr als 170 Jahre alte Traditionsunternehmen hat sich vom Druckmaschinen-Hersteller mit eigener Gießerei zu einem Anbieter, der die gesamte Wertschöpfungskette der Kunden bedienen kann, entwickelt.
Die Heidelberger Druckmaschinen AG in Bullet Points:
- 1,9 Mio. Euro Umsatz (FY20/21) und ~10.200 Mitarbeiter
- Weltweit größter Hersteller von Bogenoffsetdruckmaschinen, der aber auch neue Geschäftsfelder wie das der e-Mobilität erschließt
- Zuverlässiger Partner für die globale Verpackungsindustrie
- Unser Alleinstellungsmerkmal dank der Heidelberg Digital Unit (ausgezeichnet als eines der besten Digitallabore Deutschlands): Integrierte Systemlösungen zur durchgängigen Leistungssteigerung in Druckereien und höherer Kundennutzen durch Digitalisierung
- Weltweit einzigartiges Vertriebs- und Service Netzwerk
Da in Zeiten von Corona die Teilnahme an Veranstaltungen vor Ort auf ein Minimum reduziert wurde, haben wir bereits 2020 mit der ersten Event-Seite Live-Streams und digitale Interaktionsmöglichkeiten stärker forciert. Dabei ist klar, dass digitale Treffen in zahlreichen Fällen keinen persönlichen Kontakt vor Ort ersetzen können oder sollen.
Praxis Case: Innovation Week 2021
Das letzte digitale Event war die “Innovation Week 2021” mit den Event-Tagen vom 13. Bis 15. Oktober, welches hybrid (teils vor Ort und teils digital) stattgefunden hat.
- 260 internationale Kunden vor Ort (unter Einhaltung der 3G-Regelung)
- Eine Plattform mit angeschlossener Mediathek in acht Sprachen für digitale Interaktionen und mit einem Live-Stream. Dieser wurde ebenso über LinkedIn Live und YouTube (als Back-up Stream) übertragen
- 300+ Kunden remote
Hauptziel der Plattform war hierbei vor allem, unsere Kunden über unsere Produkte zu informieren und im Idealfall Leads zu generieren.
Das Event haben wir wie folgt beworben:
- 730 erstellte Media Assets
- Media-Kooperationen mit 20 verschiedenen Websites
- Über 100 Social Media Posts auf fünf Kanälen
- Und viele, viele Mails, die verschickt wurden
Bewertung und Optimierung der Customer Journey
Zunächst wurde intern geklärt, über welche Wege potenzielle Kunden auf die neue Plattform gelangen können. Da die Plattform sehr neu – und die Lebensdauer in den ersten Monaten noch unklar war – wurde der Fokus zunächst auf ein Investment in Google-Anzeigen, anstatt einer (technischen) Optimierung der Seite für die Suchmaschinen, gesetzt. Diese haben den Vorteil, dass eine Top-Position innerhalb kürzester Zeit für relevante Keywords gewonnen werden kann, wohingegen SEO tendenziell nur bei einer langfristigen Nutzung der Seite das volle Potenzial entfalten kann.
Ein weiterer Aspekt, der für die Ausspielung von Google Ads gesprochen hat, war die starke Konkurrenz für das (organische) Keyword „Innovation Week“ und weiteren dazu etablierten Event-Seiten von anderen Betreibern. Um dennoch ein gutes Linkbuilding zu ermöglichen, sind wir über 20 Media Kooperationen mit anderen Webseiten eingegangen, die unser Event mitbeworben haben und haben diese auch über die Unternehmensseite prominent verlinkt.
Die mit Google Analytics nachgewiesenen Hauptkanäle, über die wir die Kunden erreicht haben, waren der Link über den Haupt Teaser im oberen Bereich unserer eigenen Webseite und das E-Mail-Marketing als zweitwichtigste Quelle. Da in Bezug auf Google Ads der Fokus auf Awareness gesetzt und sich primär für ein Banner-Format entschieden wurde, haben wir dort höhere Streuverluste, die für Banner-Werbung – durch von Google automatisch generierte Placements – typischerweise höher als bei Text-Anzeigen ist und einen mit Google Analytics weniger stark messbaren Effekt erzielt. (Es bedarf einer Tracking-Einwilligung und gemessen wird mit dem Standard Attributionsmodell von Google Analytics nur die letzte Quelle direkt vor dem Webseiten-Besuch, welcher nicht direkt auf die Seite erfolgte.)
In welchen Sprachen soll die Webseite bereitgestellt werden?
Die Heidelberger Druckmaschinen AG ist in über 170 Ländern vertreten und die Corporate Webseite wird aktuell in 26 Sprachen bereitgestellt (der Online-Shop sogar in 35 Sprachen). Lohnt es sich für eine extra Event-Plattform auch, diese in zahlreiche Sprachen übersetzen zu lassen bzw. extra Seiten für diese anzulegen? Hier haben wir uns für die Bereitstellung in acht Sprachen entschieden.
Eine vorausgehende Auswertung der Relevanz der Sprachversionen kann durch Web Analytics leicht umgesetzt werden, wenn man in der URL-Struktur beispielsweise folgende Convention einhält:
Domain/Länderkürzel/Sprachversion/Seite (also z.B. heidelberg.com/ch/it/products) und den Pfad auf dem Level der Sprachversion nach den Seitenaufrufen rankt. Dabei muss auch berücksichtigt werden, wie viele Seiten überhaupt in der jeweiligen Sprache dem Webseiten-Besucher angeboten werden. Sollte Deine Seite keine Sprachversionen in der URL berücksichtigen, kann der Google Analytics Report zu den Zugriffen nach Land ein wichtiger Anhaltspunkt sein.
Der Chart unten zeigt eine Auswertung des Traffics nach Sprachversion der Event-Seiten zur Innovation Week 2020 und 2021. Im Trend bleiben die Top vier Sprachen für beide Events identisch. Englisch ist mit Abstand die wichtigste Sprache mit einem seitenübergreifenden Anteil von über 50% über die gesamte Zeit. Spanisch, Deutsch und Japanisch machen zusammen mehr als 30% der Seitenaufrufe aus.
Ausgeschlossen wurden dabei die Login Seiten, der persönliche Bereich zum Profil sowie die Registrierungsseiten. Die Traffic Peaks zeigen hier den Besucher Trend zu den Zeiten, an denen ein Live-Stream auf der Seite angeboten wurde.
Wie kommt der Livestream an?
An den Event-Tagen vom 13. bis 15. Oktober 2021 wurde jeweils ein Live-Stream à 15 Minuten auf der Plattform gesendet. In Abb. 3 sehen wir den Anstieg der durchschnittlichen Sitzungsdauer für diese Tage auch im Vergleich zur vorhergehenden Periode. Dieser Trend zusammen mit dem Anstieg an Besuchern auf der Seite für diese Periode zeigt das Interesse unserer Zielgruppe für die Inhalte und das Format.
Wie werden die Videos von der Zielgruppe angenommen?
Auf der Plattform-Seite wurden in einer Mediathek außerdem Produktvideos angeboten und Use Cases vorgestellt. Um die Performance und Relevanz zu bewerten, haben wir hierfür die Aufrufe gezählt und ebenso eine Completion Rate (= Vergleich der Anzahl von Video-Starts und der mindestens 90% gesehenen Anteile) errechnet. Ein Beispiel für das Videoranking nach Relevanz mit zugehöriger Completion Rate befindet sich in Abb. 4.
Welche Steuerungsmöglichkeiten bieten die Daten von Google Analytics?
Beispielhaft haben wir hier eine Map verwendet, um zu sehen in welchen Ländern die Plattform bereits bekannt ist. Blautöne zeigen Vertriebsgebiete, welche bereits auf der Webseite aktiv sind. Ein tieferes blau steht hier für höhere Interaktionen, wohingegen helle bis graue Gebiete kaum bis gar nicht erschlossen sind.
Diese Map haben wir insbesondere nach dem „Go-live“ der Seite in der Anfangsphase angewandt, um eine weltweite Sichtbarkeit zu erreichen und Marketing-Aktivitäten dort zu pushen, wo die Awareness für unser Event noch schwach oder nicht existent war (in Anhängigkeit von der vertrieblichen Relevanz dieser Gebiete für die Heidelberger Druckmaschinen AG).
Ein weiteres Steuerungselement bietet die Veröffentlichung von ausgewähltem Content. Für unsere vorhergehende Event-Plattform (Showtime.heidelberg.com) wurden die Informationen, welche zu den Event-Tagen auf der Seite bereitgestellt werden, erst kurz vorher bekannt gegeben. Für die Innovation Week 2021 war die Content-Strategie gleich ab dem „Go-Live“ der Seite erste Inhalte in Bezug auf die Agenda zu veröffentlichen.
Die in der unteren Grafik dargestellten Daten des Web Trackings zeigen: Content drives registrations! – und dass es bereits knapp einen Monat vor dem Event auch Registrierungen geben kann, sofern die Inhalte des Events klar kommuniziert werden.
Der nächste Anwendungsfall von Web Analytics ist die Möglichkeit, in unseren Paid Advertisement Kampagnen einen UTM-Referrer zu nutzen, um zu überprüfen, welchen messbaren Effekt diese wirklich bringen. Dabei ist insbesondere im Fall von Facebook darauf zu achten, die URL mit dem Referrer (im Prinzip ein Marker, welcher die Informationen bereitstellt, woher ein Nutzer gekommen ist) zu kürzen, damit kein Mobile Traffic verloren geht. Einzelne Netzwerke wie Twitter oder LinkedIn machen dies bereits automatisch.
Zur besseren Analyse verwenden wir ebenso eine Naming Convention; für den Kampagnennamen z.B. mit dem Gebiet, dem Land und dem Kampagnennamen (WE_HSP_Event_InnovationWeek_2021: für Western Europe (WE) Heidelberg Spain (HSP) und Event_InnovationWeek_2021 für die Kampagne). Mit so einer Convention lassen sich ebenso Quartalsweise Vergleiche auf Länder und Gebietsebene oder zwischen einzelnen Aktionen mit reduziertem Aufwand analysieren.
In Abhängigkeit von diesen Effekten und der vertrieblichen Relevanz der Gebiete lassen sich so Kampagnenbudgets besser optimieren und die Reichweite nach Land gezielter steuern und steigern.
Mittels des Trackings mit UTM Referrern lässt sich so auch nachvollziehen, welche Quellen und Medien (neben den oben genannten Hauptkanälen) jeweils – z.B. für die Kampagne mit dem Titel „HDM_InnovationWeek2021“ – welche Anteile haben: 40% der Nutzer kamen hier über LinkedIn sowie jeweils 20% über Facebook, Instagram und 10% über die Printweek und die Restlichen über andere Placements mit geringerer Reichweite. Zusammen mit anderen Kennzahlen bieten diese Daten eine wichtige Erfolgskontrolle.
Fazit
Web Analytics liefert nicht nur wichtige Hinweise, wie sichtbar unsere Seiten im World Wide Web und bei den Suchmaschinen sind, sondern ebenso Indikatoren der Channel Performance (Social Media, E-Mail-Marketing etc.). Somit ist sie ein zentrales Element zur Steuerung eines effektiven und effizienten digitalen Marketings.
Von hoher Bedeutung sind aus meiner Sicht vor allem die Hinweise zur Zielgruppe:
- Bei welchen Problemstellungen der Nutzer können wir mit der Bereitstellung von Informationen oder dem Anbieten von Interaktionsmöglichkeiten (wie Call to Actions – „Jetzt anrufen“) auf unseren Webseiten gezielt helfen?
- Was ist für die Website-Besucher interessant und relevant und über welche Medien können wir diese Informationen idealerweise promoten und über Aktualisierungen informieren?
- Wie verhalten sich die Besucher, welche über unterschiedliche Wege auf unsere Seite kommen und finden sie bei uns eine Antwort auf ihre Problemstellung?
Dieses Verständnis ist für die Zufriedenheit unserer Zielgruppe(n) mit unserer Online-Präsenz elementar und macht Google Analytics zu einem fundamentalen Bestandteil der digitalen Customer Journey.
Good to know
Für unsere Web Analytics verwenden wir primär folgende Tools:
- Steuerung des Trackings nach Einwilligung: Google Tag Manager
- Tracking Software: Google Analytics
- Consent Management Platfform: Usercentrics
- Datenvisualisierung (für die Charts z.B., die Du in diesem Beitrag gesehen hast): Data Studio
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